Frau Pawellek, Sie haben vor Kurzem Ihre Masterarbeit abgeschlossen, nun beginnen Sie mit der Promotion. Wie oder wann haben Sie gemerkt, dass Promovieren das Richtige für Sie wäre?
Sabine Pawellek: Ich hatte schon während des Schreibens einer Hausarbeit innerhalb des Studiums gemerkt, dass das Zusammenarbeiten mit den Betreuern, das Suchen von Themen, das wissenschaftliche Arbeiten überhaupt, mich sehr interessiert – und auch das Thema Adipositas. Wir hatten den Pre-Doc Award auf der Webseite gesehen und uns überlegt, dass wir aus meiner Hausarbeit den Grundstein für meine Masterarbeit entwickeln. Aufbauend auf den Ergebnissen über digitale Adipositasinterventionen im Kindes- und Jugendalter haben wir uns entschieden, das Themenfeld bezogen auf Therapiemöglichkeiten dann zur Promotion auszubauen. Das hat sich durch den Studienablauf so ergeben und dazu geführt, dass ich meine Masterarbeit im vergangenen Dezember abgeschlossen habe.
Dr. Hagen Wulff: Wir haben in unserem Masterstudiengang "Sportwissenschaft: Rehabilitation und Prävention" seit vier Jahren das Modul des Forschungspraktikums implementiert. Dabei wird ein Thema mit einem Betreuer oder externen Partner über einen bestimmten Zeitraum bearbeitet. Das Modul hat das Ziel, dass Studierende aktiv an Forschungsprojekten der Universität sowie von externen Partnern mitwirken und wichtige Erfahrungen in künftigen Berufs- und Forschungsfeldern sammeln. Unserem Institut ist es dabei wichtig, mit Menschen zu arbeiten, die motiviert, kreativ und effektiv sind.
- "Das Pre-Doc-Projekt zielt inhaltlich darauf ab, Fragen zu beantworten, die nötig sind, um Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas Angebote zu machen. Diese Angebote sollen bestehende Therapie unterstützen und erweitern, damit ein höheres Maß an gesundheitsförderlichem Verhalten gezeigt wird."
Sabine Pawellek
Frau Pawellek ist mir aufgefallen, weil sie den Blick für spannende Forschungsfragen hat, Zusammenhänge zwischen Themen versteht und zielstrebig ist. Wir haben schnell gemerkt, dass wir zudem gut zusammenarbeiten – und dass das Thema ihrer Hausarbeit auch für die Masterarbeit ausgebaut werden kann. Gemeinsam mit unserer Kollegin Alexandra Ziegeldorf haben wir auch gemeinsame Artikel veröffentlicht. Dies ist eine sehr förderliche Voraussetzung für den Pre-Doc Award. Mir war es sehr wichtig, Frau Pawellek direkt in unser Team zu integrieren, sie zu binden. Deshalb habe ich mich sehr darüber gefreut, dass sie nach dem Forschungspraktikum als wissenschaftliche Hilfskraft tätig werden konnte.
Pawellek: Das Pre-Doc-Projekt zielt inhaltlich darauf ab, Fragen zu beantworten, die nötig sind, um Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas Angebote zu machen. Diese Angebote sollen bestehende Therapie unterstützen und erweitern, damit ein höheres Maß an gesundheitsförderlichem Verhalten gezeigt wird. In der Grundlagenforschung gleichen wir zunächst ab, welche Art von Angeboten es gibt und welche Art von Angeboten die Zielgruppe tatsächlich benötigt. Wenn wir hier mehr wissen, können wir uns überlegen, wie wir die Kinder optimal erreichen, um die bestehenden Inhalte der Therapie auf digitale Weise zu erweitern oder auch eine Nachsorge der Therapie zu betreiben.
- "Ein Beispiel ist die Video-Plattform „TikTok“: Wenn diese im Zusammenhang mit Bewegung durch Musik und Tanz im Rahmen von Therapien richtig genutzt wird, können sich neue methodische Potentiale eröffnen."
Dr. Hagen Wulff
Wulff: Weiterhin befassen wir uns auch mit den fachlichen und medienbezogenen Kompetenzen der Therapieanbieter, die deutlich älter sind als ihre Zielgruppe. Dies führt dazu, dass unterschiedliche Medien, Software und Apps von beiden Gruppen genutzt werden. Ein Beispiel ist die Video-Plattform „TikTok“: Wenn diese im Zusammenhang mit Bewegung durch Musik und Tanz im Rahmen von Therapien richtig genutzt wird, können sich neue methodische Potentiale eröffnen: Therapieansätze können inhaltlich ganz anders vermittelt werden und die Motivation der Kinder und Jugendlichen steigt, weil sie TikTok ohnehin nutzen. Das Thema wird zudem auch für die Aus- und Fortbildung von Therapeuten und auch für die Nachsorge relevant. Im Rahmen bisheriger Forschung haben wir hierzu auch schon verschiedene Therapie-Einrichtungen befragt, um ein Bild über positive und negative Erfahrungen in der Corona-Pandemie zu erhalten.
Herr Dr. Wulff, Sie sind momentan Vertretungsprofessor für Gesundheitsbildung an der Universität Potsdam. Wie funktioniert zugleich die Betreuung der Promotion von Frau Pawellek hier in Leipzig?
Pawellek: Wir haben einen festen Tag und eine feste Uhrzeit in der Woche, zu der wir uns sehen. Dann können wir über alles reden und auch sonst haben wir auf digitalem Weg Kontakt. Es ist also für mich und meine Arbeit kein Nachteil, dass Herr Wulff nicht andauernd hier ist.
Wulff: Es macht mir einfach Spaß, junge Leute voranzubringen. Alle Kolleginnen und Kollegen in unserem Team und auch meine Studierenden wissen, dass ich donnerstags hier und ansprechbar bin, die Projektarbeiten laufen ebenfalls weiter. Ein großes Dankeschön gilt deshalb auch dem Dekanat und meiner Institutsleitung, weil ich meine Forschungsarbeit in Leipzig neben meiner Vertretungsprofessur fortsetzen kann.
Der Award ist verknüpft mit einer zwölfmonatigen halben Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft …
Pawellek: 19 Stunden in der Woche bin ich hier im Team und fühle mich gut aufgehoben.
Wulff: Es war übrigens nie das Ziel, Sabine im wörtlichen Sinn als Hilfskraft zu beschäftigen, die nur zuarbeitet, sondern dass sie sich so schnell wie möglich entwickelt, um eine kompetente Kollegin zu sein.
Welche Angebote gibt es noch innerhalb des Pre-Doc-Programms?
Pawellek: Zum Beispiel Workshops, momentan digital. Einer zum Beispiel zum Thema Stipendien. Man hat Ansprechpartner und den Austausch mit anderen Predocs aus unserer Kohorte. Alle zwei bis drei Wochen tauschen wir uns digital über unsere Erfahrungen aus. Es ist auch interessant zu sehen, dass jeder an einem anderen Punkt ist und so auch unterschiedliche Erfahrungen oder auch Probleme in der täglichen Arbeit auftauchen.
Wir können auch Wünsche für Workshops äußern. Durch das Academic Lab bekommen wir auch Unterstützung: Wie schreibt man einen Drittmittelantrag? Das ist im Studium eher kein Thema. Wobei das Schreiben der Bewerbung für die Teilnahme am Pre-Doc Award ein guter Einstieg war, da das ja einem Projektmittelantrag nahe kommt.
- "In den letzten Monaten habe ich bereits bei einer nationalen und einer internationalen Publikation mitgearbeitet. Meine Masterarbeit haben wir in den vergangenen Wochen auch als Artikel beim Bundesgesundheitsblatt eingereicht. Innerhalb kürzester Zeit kam ein sehr positives Review-Gutachten."
Sabine Pawellek
Wulff: Unser Institut ist im Hinblick auf die Drittmitteleinwerbung gut aufgestellt. Partner sind z.B. das Bundesgesundheitsministerium, das Sächsische Staatsministerium für Kultus oder Partner aus der Wirtschaft. Wir hoffen, dass dies die Chance erhöht, dass Frau Pawellek auch zukünftig bei uns erfolgreich forschen kann. Wir haben von Anfang an eine Struktur vorgegeben und hohen Wert auf internationale Publikationen gelegt, um eine gute Ausgangslage für Anträge zu schaffen und Expertise in Forschungsfeldern abzubilden. Deshalb haben wir versucht, direkt in der Anfangsphase erste Publikationen voranzubringen, also eine Vorleistung zu bringen.
Pawellek: In den letzten Monaten habe ich deshalb bereits bei einer nationalen und einer internationalen Publikation mitgearbeitet. Meine Masterarbeit haben wir in den vergangenen Wochen auch als Artikel beim Bundesgesundheitsblatt eingereicht. Innerhalb kürzester Zeit kam ein sehr positives Review-Gutachten. Wir haben den Artikel auf Basis der Expertenhinweise überarbeitet und freuen uns, wenn dieser in Kürze erscheint.
Und gerade weil ich hier von Anfang an mitforschen kann, lerne ich an konkreten Beispielen. Bei Problemen kann ich mir Hilfe und Unterstützung holen, zum Beispiel auch in den Teamsitzungen zu Forschung und Lehre. Insgesamt geht somit die Lern- und auch die Motivationskurve sehr steil nach oben.
Wulff: Frau Dr. Nolting hat alles hervorragend organisiert, auch in dieser digitalen Form. Ich freue mich auf die kommenden Veranstaltungen und den Austausch mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Programms.
Wo stehen Sie in einem Jahr, Frau Pawellek?
Pawellek: Ich hoffe, dass ich die Forschungsmethoden, die wir gerade entwickeln, auch anwenden kann und ich sehe, dass meine Arbeit Früchte trägt und ich somit mitten in der Promotion stehe.
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Hintergrund zum Pre-Doc Award
Die Ausschreibung für den Pre-Doc Award 2022/23 startet im April 2022. Erstmals wurde er 2017 an 15 Tandems vergeben. Eine Jury, bestehend aus Mitgliedern der Forschungskommission, entscheidet, ob die Bewerbungen der Tandems angenommen werden. Im Rahmen des Pre-Doc Awards 2022/23 können zwölf bis fünfzehn Tandems gefördert werden.
Der Leipziger Pre-Doc Award ist in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal der Universität Leipzig und bietet begleitend Weiterbildungen und Workshops sowohl für Pre- als auch Postdocs an. Insgesamt wurden in fünf Runden bislang 82 Tandems gefördert, die aus fast allen Fakultäten stammen. Mehr als die Hälfte der Tandems, die bis 2020 am Programm teilgenommen haben, haben eine Förderzusage für ihr Promotionsprojekt erhalten.
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