Welche Intention haben Sie bei Ihrer persönlichen Wissenschaftskommunikation, sei es in Form von öffentlichen Vorträgen, Statements für die Medien oder beispielsweise Pressemitteilungen?
Ich halte es für unglaublich wichtig, dass man das, was man wissenschaftlich macht, auch der breiten Öffentlichkeit gegenüber kommuniziert. Allein schon, um dafür auch eine Akzeptanz zu schaffen. Nur wer versteht, was man in der Wissenschaft macht, kann das auch entsprechend unterstützen.
Ich habe in den 1980er Jahren im Bereich Gentechnik geforscht, und damals wie heute gibt es große Bedenken in der Bevölkerung im Sinne von: „Um Gottes willen, was macht ihr da? Das ist doch total gefährlich.“ Es war und ist ganz, ganz wichtig, dass man kommuniziert, worum es wirklich geht, was Gentechnik eigentlich ist. Für viele ist das eine nebulöse Angelegenheit. Da fallen Stichworte, wie CRISPR/Cas, die Genschere, davon haben vielleicht einige schon gehört. Aber was man damit nun wirklich genau machen kann, da sind die Meinungen ja doch recht vielfältig und nicht immer richtig. Gentechnik ist nur ein Beispiel von vielen.
Die Menschen in diesem Staat finanzieren auch die Forschung und haben ein entsprechendes Recht, darüber informiert zu werden, was mit diesem Geld gemacht wird – und gegebenenfalls natürlich auch informiert zu werden, was man vielleicht nicht tun sollte. Es ist nicht so, dass wir nur Reklame machen, um alles tun und lassen zu können, was wir wollen, sondern man sollte auch kritisch rangehen. Die künstliche Intelligenz zum Beispiel: Man kann es in der Bedeutung vielleicht vergleichen mit dem Flaschenzug, der bereits in der Antike zum Heben schwerer Lasten verwendet wurde, nur jetzt ein bisschen fortschrittlicher. Ich kann aber auch mit einem Flaschenzug Blödsinn machen und genauso kann ich auch mit einer KI Blödsinn machen. Das sollte man auch so kommunizieren, um Ängste abzubauen. Es ist unglaublich, wie viel Angst im Zusammenhang mit KI vorherrscht. Wenn ich mit Chat GPT etwas herumprobiere, merke ich: Da kommt auch eine Menge Unsinn heraus.
Wann und und über welche Kanäle sollten sich Wissenschaftler:innen äußern?
Man sollte so viele seriöse Plattformen wie möglich nutzen, um seine wissenschaftliche Arbeit zu präsentieren. Wir haben unglaublich viele neue Formen, sich zu präsentieren, beispielsweise YouTube-Kanäle. Da gibt es sehr gute Kanäle, wo Wissenschaft von professionellen Leuten kommuniziert wird. Natürlich gibt es auch schwarze Schafe, das ist vor allem für das Publikum ein Problem, das die Qual der Wahl hat: Begibt man sich in irgendeine Blase, wo man das erzählt bekommt, was man sowieso schon glaubt zu wissen, oder stößt man auf ein seriöses Angebot.
Es gibt Ähnlichkeiten zu Wikipedia: Als diese Plattform entstand, haben viele vermutet, dass dort nur Unsinn stehen wird, weil jeder etwas reinschreiben kann. Und alle waren überrascht, dass es funktioniert hat. So ist es auch bei verschiedenen Kanälen im Internet: Harald Lesch beispielsweise hat ein großes Publikum, viele andere auch. Blödsinn gibt es natürlich auch, aber das war und ist bei Printmedien nicht anders.
Kommentare
Medienredaktion,
Uns erreichten Zuschriften, die sich kritisch auf die Aussagen von Prof. Dr. Frank Gaunitz im Interview bezüglich der Forschungsergebnisse und Erkenntnisse seines Teams zur Behandlung mit Methadon bei Krebserkrankungen im Jahr 2019 beziehen.
Wir möchten hiermit klarstellen: Das Thema des Interviews ist, im Rahmen einer Interviewreihe, Wissenschaftskommunikation, nicht die Krebsforschung. Prof. Gaunitz verweist in diesem Zusammenhang an Hand eines eigenen Beispiels darauf, wie Wissenschaft funktioniert – und entsprechend auch Wissenschaftskommunikation: Es kann unterschiedliche, auch sich gegenseitig widersprechende, Forschungserkenntnisse geben - auch zum selben Forschungsgegenstand, und die öffentliche Kommunikation dazu. Entsprechend gab es auch öffentlich eine wissenschaftliche Gegenrede zu den Forschungsergebnissen von Prof. Gaunitz: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-15-2019/leipziger-studie-stuetzt-methadon-hypothese
Gaunitz warnt davor, Wissenschaftskommunikation in Superlativen zu denken. Forschung, und selbstverständlich auch Krebsforschung, befindet sich in einem permanenten und nicht abgeschlossenen Prozess. Das bedeutet grundsätzlich für Wissenschaft auch, dass heute zum selben Forschungsgegenstand fundamental andere Erkenntnisse vorliegen können, als es noch vor einigen Jahren der Fall war.
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