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Ein umstrittenes Thema konstruktiv diskutieren, ohne dass der Streit eskaliert – darum geht es beim Konfliktlösungsmodell „Restorative Circle“. Studierende der Kommunikations- und Medienwissenschaft erprobten diese Methode im Rahmen eines Seminars und luden Anfang Juli Passant:innen in der Leipziger Innenstadt zum Diskutieren über eine autofreie Innenstadt ein. Dozentin Antonia Mielke Möglich gibt einen Einblick in das innovative Lehrformat.

Das Lehrangebot:

  • Studiengang: Kommunikations- und Medienwissenschaft, BA (Finanzierung über das Forschungszentrum Entwicklungskommunikation - Communication for Social Change)
  • Lehrveranstaltung/Modul: Qualitative Datenerhebung anhand eines ‚Restorative Circles‘/Modul 06-005-1134: Qualitative und quantitative Forschungsmethoden der KMW
  • Format: Restorative Circle zum Thema „Autofreie Innenstadt in Leipzig – Sinnvoll oder zu kurz gedacht?“. Die Methode dient dazu, einen Austausch bei konfliktreichen Themen konstruktiv zu diskutieren. Durch klare Gesprächsregeln wird die Gleichwertigkeit der Teilnehmenden ermöglicht.
  • Größe der Gruppe: 20 Studierende
  • Verwendete Hilfsmittel: Stuhlkreis, Teppich für die Mitte, verschiedene „talking pieces“
  • Vorerfahrungen/Vorbilder: Der „Restorative Circle“ ist eine Konfliktlösungsmethode, die verschiedene indigene Völker verwendet haben und die heute international in Schulen und im Justizwesen genutzt wird. Die moderierten Gesprächskreise zielen darauf ab, einen konstruktiven Austausch zu ermöglichen, bei der die Gesprächsteilnehmenden gleichberechtigt ihre Perspektiven einbringen können.
    Die Co-Organisatorin und Moderatorin der Circles Dr. Bettina Fackelmann hat bereits Vorerfahrung mit dieser Methode im Zuge des von der EU geförderten Projekts „Restorative Circles for Citizens in Europe“.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Stuhlkreis mit Teppich und verschiedenen „talking pieces“
Der Restorative Circle bestand aus einem Stuhlkreis mit Teppich und verschiedenen „talking pieces“, Foto: Helena Ahlgrimm

Frau Mielke Möglich, mit Ihrem Format luden Sie Bürger:innen in der Leipziger Innenstadt zum offenen Dialog ein. Wie war die Resonanz?

Es haben zwar weniger Bürger:innen als erhofft an der Diskussion teilgenommen, aber die meisten, die sich in den Kreis gesetzt haben, sind für eine längere Zeit geblieben und haben viel mitdiskutiert. Es war schön zu sehen, wie aus individuellen Beiträgen eine Atmosphäre entstanden ist, in der aufeinander eingegangen wurde und andere Perspektiven nachvollzogen wurden. Zukünftig wäre es eine Überlegung, eher in die Stadtteile Leipzigs zu gehen als in die Innenstadt und mehr „Werbung“ zu machen.

Wie haben Ihre Studierenden die Idee angenommen, einen öffentlichen Restorative Circle selbst zu organisieren?

Die meisten Studierenden fanden diese für sie neuartige Methode spannend, konnten sich aber lange wenig darunter vorstellen. Die offenen Enden des Formats, wie die unklare Anzahl an Teilnehmenden und der offene Gesprächsverlauf, haben den Prozess der Forschungskonzeption für sie erschwert. Nach dem Circle wurde mir aber durchaus Faszination über die Methode gefeedbackt, etwa über den Effekt, den der Wechsel eines „talking piece“-Gegenstands auf die Gesprächsteilnehmenden hatte oder über die Art und Weise, wie sich neue Bürger:innen in die laufende Diskussion involviert haben. Ein paar Änderungsvorschläge bezüglich der Durchführung wurden aber auch geäußert.

Was war aus Ihrer Sicht der wichtigste Lerneffekt für die Studierenden?

Da das Projekt im Rahmen eines Methodenseminars zu qualitativer Forschung stattfand, war das Kernziel, dass die Studierenden eigene Forschungsfragen und dazu passende Methodendesigns entwickeln. Bei dem Format der „Circles“ war die Fähigkeit zur Anpassung an einen (sich wandelnden) Untersuchungsgegenstand gefragt: Wer wie lange am Circle teilnimmt und wie das Gespräch verläuft, blieb offen. Ein Vorteil für die Studierenden war, dass sie sich mit einem Transfer-Projekt beschäftigen konnten: Selbst in der Klimakommunikation und beim Thema Klimawandel, wo wir davon ausgehen, dass es wissenschaftliche Expertise gibt, ist es wichtig, mit den Bürger:innen in den Austausch zu gehen und vielfältige Perspektiven kennenzulernen. Schließlich geht es um Fragen der Gestaltung der Gesellschaft.

 

Die Fragen stellte Nina Vogt.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Ein Teil der Seminargruppe mit Seminarleiterin Antonia Mielke Möglich (links), Expertin Philine Gaffron (2.v.l.) und Moderatorin Bettina Fackelmann (rechts).
Während der Gesprächskreise erhoben die Studierenden Daten: Ein Teil der Seminargruppe mit Seminarleiterin Antonia Mielke Möglich (links), Expertin Philine Gaffron (2.v.l.) und Moderatorin Bettina Fackelmann (rechts).…

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