„Ich wusste lange gar nicht, dass ich ADHS habe”, sagt Prof. Dr. Ana Bastos. „Erst vor drei Jahren wurde ich diagnostiziert, das war eine große Erleichterung.” Endlich gab es eine Erklärung, warum sie sich so lange „anders” fühlte. Seit ihrer Jugend litt sie an Reizüberflutung, Schlafstörungen, Prüfungsangst und sogar Depressionen – bis hin zu einem Suizid-Versuch. „Das Bildungssystem ist großteils nicht auf Menschen wie mich ausgelegt“, sagt die Forscherin. Stundenlang still zu sitzen nach einem festen Stundenplan und auf eine mehr oder weniger vorgegebene Weise Dinge zu erlernen, die man selbst nicht priorisieren könne, sei schrecklich für sie gewesen, erklärt sie. „Das machte mich so wütend, dass ich Panikattacken bekam, Angst vor dem Unterricht hatte und ein Schuljahr sitzenblieb.“ Schließlich schwänzte sie Stunden und lernte stattdessen in einem Café Stoff, der ihr Spaß machte. Da sich ihre Lehrer:innen Sorgen um sie machten, ließen sie sie gewähren. „Damals brachte das aber niemand mit ADHS in Verbindung“, so Bastos. Heute weiß sie, dass ihr Gehirn „einfach anders funktioniert als bei anderen Menschen. Ich kann mich annehmen, wie ich bin”, sagt sie. Das war ein langer Weg.
Inklusion und Diversität in der Wissenschaft
Mit ADHS zur Professur: Prof. Dr. Ana Bastos
ADHS bei Menschen, gegebenenfalls auch an sich selbst, festzustellen und zu erkennen, wie man damit am besten umgehen sollte, ist derzeit ein viel beachtetes Thema. Dem SPIEGEL ist es in der aktuellen Ausgabe sogar eine Titelstory wert. Dr. Ana Bastos ist seit Mai 2024 Professorin für Land-Atmosphären-Interaktionen an der Universität Leipzig. Die 38-jährige Portugiesin geht offen damit um, ADHS zu haben: die sogenannte Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung. Spricht eine solche nicht gegen eine Laufbahn in der Wissenschaft? Nicht unbedingt, sagt die mehrfach ausgezeichnete Forscherin im Unimagazin. Sie kann eine Stärke sein – vorausgesetzt, man überwindet die Herausforderungen. „Nicht aufgeben”, ermutigt sie Studierende, die auch damit kämpfen.
Erstellt von: Birgit Pfeiffer
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