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Dr. Megan Marie Maruschke hat vor kurzem die Juniorprofessur für Global Studies angetreten. Im Interview berichtet sie, welche Forschungsthemen sie angehen wird und wie es ist, nach verschiedenen internationalen Stationen an die Universität Leipzig zurückzukehren.

Frau Professor Maruschke, herzlich willkommen zurück an der Universität Leipzig. Wie ist es, in neuer Funktion an Ihre alte Wirkungsstätte zurückzukehren?

Es ist natürlich ganz wunderbar, meine Kolleg:innen wiederzusehen. Nicht nur aufgrund der räumlichen Entfernung, da ich zeitweilig in Florenz und danach in Essen war, sondern auch durch die Pandemie habe ich viele Leipziger Kolleg:innen seit mindestens Anfang 2020 – vor dem ersten Lockdown – nicht mehr persönlich gesehen. Ebenso schön ist es auch, die Arbeit der vielen neuen Wissenschaftler:innen kennenzulernen, die seit meinem letzten Besuch an der Universität Leipzig und bei ReCentGlobe tätig sind, wie Dr. Edwin Ameso und Dr. Julius Wilm.

Erzählen Sie uns ein wenig über die Stationen Ihrer akademischen Laufbahn.

Ich habe bislang in verschiedenen internationalen Verbundprojekten gearbeitet und schätze es daher sehr, in einem Team auf gemeinsame Forschungsziele hinzuarbeiten. Studiert habe ich in den USA, Italien, Polen und Deutschland, bevor ich 2012 eine Doktorarbeit an der Universität Leipzig im Rahmen des DFG-geförderten Graduiertenkollegs „Critical Junctures of Globalization“ begann. Darin ging es um die Planungsdebatten zu Freihäfen, Exportproduktionszonen und Sonderwirtschaftszonen in Westindien seit 1830, die Bombay/Mumbai mit bestimmten Orten in der Welt verbinden sollten. Das Thema hat nicht nur eine lange lokale, sondern auch eine globale Geschichte. Ich hatte das Glück, eine DAAD-Förderung für einen 4-monatigen Feldforschungsaufenthalt in Indien zu bekommen, um vor Ort forschen zu können.

2016 wechselte ich als Post Doc in den Leipziger Sonderforschungsbereich 1199 „Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen“, wo ich mich in einem von Professor Matthias Middell geleiteten Teilprojekt mit der Französischen Revolution in Amerika befasste. Daraus entwickelte sich ein längeres Projekt über die verschränkten Geschichten französischer und amerikanischer Globalisierungsprojekte seit der Französischen und Amerikanischen Revolution. In diesem Kontext und in Zusammenarbeit mit anderen französischen und amerikanischen Wissenschaftler:innen begann ich mit dem Schreiben über das Reich und die Französische Revolution und startete ein Buchprojekt über die amerikanischen Grenzen (ca. 1780–1830er Jahre).

Nachdem ich im Winter 2021 einige Zeit am European University Institute verbracht habe, um über Zollfreilager in der Europäischen Union zu forschen und an einem neuen Artikel über Freihäfen und Sonderwirtschaftszonen zu arbeiten, habe ich mich dem ERC-Projekt „Atlantic Exiles: Refugees and Revolution in the Atlantic World, 1770s–1820s“, geleitet von Professor Jan C. Jansen an der Universität Duisburg-Essen, angeschlossen. In diesem Zusammenhang konnte ich den Fokus meines Buches weiter auf Philadelphia als Grenzstadt in der frühen Republik eingrenzen und die Grenzpraktiken in Bezug auf Flüchtlinge untersuchen.

Worauf freuen Sie sich in Leipzig besonders? Was sind die Herausforderungen, die Sie in den nächsten Jahren angehen möchten?

An der Universität Leipzig gibt es bereits wunderbare Initiativen zur Zentralität der Globalisierungsforschung, insbesondere das Research Centre Global Dynamics. In diesem Rahmen freue ich mich besonders darauf, gemeinsam mit anderen Wissenschaftler:innen an der Exzellenclusterinitiative „New Global Dynamics“ zu arbeiten, die kritische Forschung zu drängenden globalen Herausforderungen von Wissenschaftler:innen in Leipzig und Halle zusammenführen wird. Außerdem werde ich mich als PI an der Wiederbeantragung der dritten Phase des SFB „Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen“ beteiligen. In meiner Forschung interessiere ich mich dafür, wie Akteure auf sich verändernde Weltordnungen reagieren und diese gestalten, und dieser Rahmen wird es mir ermöglichen, dieses Forschungsthemainteresse zu vertiefen. In Bezug auf mein aktuelles Buchprojekt über Grenzen in den USA (1790er bis 1830er Jahre) rücken Umweltperspektiven immer mehr in den Mittelpunkt meiner Arbeit; die „natürlichen“ Grenzen, die ich erforsche, wie etwa Flüsse, wurden durch menschliche Eingriffe geformt. Ich freue mich darauf, in Leipzig mit Experten zusammenzuarbeiten, die sich mit Umweltaspekten befassen, einem weiteren thematischen Schwerpunkt dieser Kooperation.

Auch das Frankreichzentrum ist in den letzten Jahren mit neuem Leben erfüllt worden, da nun mehr Wissenschaftler:innen in Leipzig über Frankreich und die frankophonen Länder forschen. Dies ist nur ein Ort, an dem ich hoffe, mich mit anderen in Leipzig und in internationaler Zusammenarbeit zu vernetzen, die ebenfalls zu Frankreichs kolonialer Vergangenheit und Gegenwart forschen.

Worüber haben Sie zuletzt geforscht?

Mein aktuelles Buch untersucht die Rolle der atlantischen Exil-Mobilität bei der Entstehung der frühen amerikanischen Republik und wie die grenzüberschreitende Bewegung von Menschen, die vor Revolution, Krieg oder Sklaverei flohen, sowohl zur Herstellung von Grenzen als auch zu deren Bedeutungsverschiebung in einem transimperialen Kontext während des Zeitalters der Revolutionen (1770er bis 1830er Jahre) beitrug. Ich betrachte Philadelphia als Grenzstadt in vierfacher Hinsicht: als Stadt an der Grenze zu „freiem Boden“ in Nordamerika und damit zur Sklavenflucht (von außerhalb und innerhalb der USA); als internationale Hafenstadt, in der Flüchtlinge und Migranten ankamen; als Ort, von dem aus ankommende Flüchtlinge Grenzübertritte, Siedlungspläne oder schwarze Auswanderungsprojekte planten; und als Hauptstadt der USA (zwischen 1790 und 1800), in der internationale Grenzlinien debattiert und verhandelt wurden.

Ich werde diesen Sommer einige Wochen in den Archiven in Philadelphia verbringen und mich mit der Rolle ethnischer Wohltätigkeitsvereine befassen, die zum Beispiel Angehörige ihrer ethnischen Gruppen aus den Armenhäusern und Gefängnissen fernhielten oder sich an den Docks um die Passagiersicherheit kümmerten. Wenn alles nach Plan verläuft, werde ich diese Arbeit noch in diesem Jahr als Artikel im Bulletin of the German Historical Institute in der Ausgabe „Rethinking Cross-border Connections“ veröffentlichen.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Es gibt einige Projekte, die ich derzeit entwickle. Erstens sind die Freihäfen, Freihandelszonen und Zollfreilager in der Geschichte der europäischen wirtschaftlichen und politischen Integration noch nicht wirklich mit den Diskussionen über die globale Geschichte des Freihafens verbunden worden. Es wird notwendig sein, ein internationales und mehrsprachiges Team für dieses Projekt zusammenzustellen. Zweitens wollen wir gemeinsam mit den Kolleginnen am Historischen Seminar, Dr. Maike Schmidt und Miriam Pfordte, ein Forschungsnetzwerk an der Schnittstelle von natürlichen Grenzen und Grenzinfrastruktur aus ökologischer Sicht aufbauen. Dieses Netzwerk wird auch zeitliche Lücken zwischen einer frühneuzeitlichen und einer zeitgenössischen Perspektive in der Grenzforschung überbrücken. Schließlich werde ich auch Mitglied des Atlantic Exiles Teams an der Universität Duisburg-Essen bleiben, dem auch internationale Wissenschaftler:innen angehören, die sich mit der Geschichte der Flüchtlinge in einer Zeit intensiver politischer Umwälzungen in der atlantischen Welt beschäftigen. Die Arbeit, die sie im Bereich der Flüchtlingsgeschichte leisten, ist wichtig, und die Universität Leipzig kann von den Beiträgen des Teams zu diesem hochrelevanten Thema intellektuell profitieren.

 

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