Im Juli 2023 hat Michael Barton als einer der ersten die Zertifikatsausbildung „Achtsame Hochschullehrende“ abgeschlossen. Seitdem lässt er regelmäßig niedrigschwellige Achtsamkeitsübungen in seine Lehrveranstaltungen einfließen. So beginnt bei ihm eine Veranstaltung üblicherweise mit dem sogenannten „Check-in“. Dabei sollen Studierende sich anhand einer Karte mit Abbildungen ihrer Stimmung bewusst werden. Auf der Karte sind eine Sonne, eine Regenwolke, ein Blitz, eine Kaffeetasse und andere Symbole abgebildet. „Oft sind Studierende gehetzt und springen von Seminar zu Vorlesung zu Tutorium, danach müssen sie lernen oder haben soziale Verpflichtungen und dazwischen kaum Zeit, auszuruhen“, so Barton. „Die Übung hilft dabei, sich selbst wahrzunehmen und zu schauen, wie es einem eigentlich gerade geht“. Dieses kurze Innehalten und In-Sich-Hineinhorchen gefällt vielen der Studierenden. „Die meisten schätzen die kurzen Achtsamkeitsübungen und wollen diese auch weiterhin für sich anwenden“.
Michael Barton über Achtsamkeit in der Hochschullehre
Wie Achtsamkeitsübungen in die Hochschullehre integriert werden können
Die Hausarbeit ist abgegeben, die Klausur geschrieben, das Semester endlich geschafft. Je nachdem, ob bestanden oder durchgefallen, endet jedes Modul mit einem großen Erfolgserlebnis oder, wenn es schlecht läuft, einer herben Enttäuschung. Michael Barton von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät möchte jedoch, dass seine Studierenden mit Hilfe von Achtsamkeitsübungen erkennen, dass auch die Teilnahme an Veranstaltungen, die Beteiligung an Diskussionen, das Halten von Präsentationen oder das Lösen von Aufgaben Erfolge sind, die an sich schon Anerkennung verdienen.
Achtsamkeit hilft bei Stressbewältigung, stärkt die Lebenszufriedenheit und verbessert auch zwischenmenschliche Beziehungen.
Über die Zertifikatsausbildung „Achtsame Hochschullehrende“ hat Michael Barton, der sich auch im „Netzwerk „Lehre.Digital“ für die Digitalisierung in der Lehre engagiert, über das Projekt „Achtsamkeit in der Bildung und Hoch-/schulkultur“ (ABiK) erfahren, das seit zwei Jahren am Zentrum für Lehrer:innenbildung und Schulforschung (ZLS) an der Universität Leipzig beheimatet ist. Seine Motivation zur Teilnahme war es, den positiven Effekt von Achtsamkeit nicht nur in der Lehre, sondern auch im privaten Alltag zu nutzen. „Achtsamkeit hilft bei Stressbewältigung, stärkt die Lebenszufriedenheit und verbessert auch zwischenmenschliche Beziehungen. Man lernt, neben empathischem Zuhören auch mehr auf die eigenen Bedürfnisse zu horchen und auf die anderer einzugehen“, beschreibt er die Wirkung der Achtsamkeitsübungen. Mehr als fünf Minuten dauern diese kleinen Übungen meist nicht, so dass es regelmäßig möglich ist, sie neben dem Unterrichtsstoff einfließen zu lassen.
Wie geht es mir gesundheitlich, im Bereich Freundschaft, Familie oder im Studium?
Neben den Abbildungen zur Stimmungseinschätzung nutzt der Dozent auch regelmäßig eine Skala von 0 "gar nicht gut" bis 10 "sehr gut", auf der die Studierenden konkreter einschätzen können, wie es ihnen etwa gesundheitlich, im Bereich Familie und Freundschaft, im Studium und so weiter geht.
Achtsamer Dialog und geführte Mediation zum Abschluss
Eine Übung, die sich den zwischenmenschlichen Beziehungen widmet, ist der sogenannte „Achtsame Dialog“. Ziel ist es, die verschiedenen Facetten der Wahrnehmung in Kommunikationsprozessen zu erkennen. Dabei wird eine Aussage vorgegeben, zu der sich die Studierenden eine Minute Gedanken machen und dann im Dialog einer anderen Person davon erzählen sollen. Die zuhörende Person soll dabei nicht unterbrechen und sparsam mit ihren Gestiken und ihrer Mimik umgehen. Anschließend wird gewechselt. Zum Schluss sprechen die Studierenden dann in ihren Tandems darüber, wie sie sich, während sie gesprochen oder zugehört haben, fühlten. Was war interessant, neu oder vielleicht schwierig? „Bei dieser Übung geht es darum, dass Studierende sich bewusst werden, wie ihre Gesprächsmuster aussehen und welche Gefühle dabei entstehen. Etwa, wenn der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin keine Regung zum Gesagten zeigt.“
Zum Abschluss des Semesters lädt Michael Barton zu einer dreiminütigen Meditation ein, in der sich die Teilnehmer:innen darüber Gedanken machen, welche Erfolge im Laufe des Semesters erzielt wurden. „Nicht nur das Bestehen sollte wertgeschätzt werden, sondern auch die Teilnahme an Diskussionen, das Halten von Präsentationen oder Lesen von schwierigen Papern. Das alles sind kleine Zwischenerfolge, die auch Anerkennung verdienen“.
Erstellt von: Esther Benning
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