„Ich mache viele Bücher“, erzählt der hochgewachsene Mann aus Anklam. Was Braatz damit sagen will: Er war an mehr als 50 Büchern beteiligt, hat viele davon in Eigenregie herausgegeben, gestaltet und einzelne Passagen auch selbst geschrieben. Eines seiner bekanntesten Bücher, über das bereits im MDR berichtet wurde, ist „Leipzig – Visionen – gestern und heute“. Darin äußern Schriftsteller und Bauherren unter anderem aus den 1920er Jahren ihre Zukunftsvisionen von Leipzig. Braatz ist der Initiator und Herausgeber des Werks, hat umfassend dazu recherchiert.
Viel Arbeit an Buch zum Jubiläum des Uni-Rechenzentrums
2012 intensivierte er die Arbeit an einem anderen Buch, das nichts mit Science Fiction zu tun hat. Es trägt den Titel „50 Jahre Rechenzentrum der Universität Leipzig“. Als das Universitätsrechenzentrum (URZ) im September 2012 sein Jubiläum feierte, dauerte es noch sechs Jahre, bis das Werk erschien. „Mit diesem Buch können sich die Mitarbeiter des URZ identifizieren, die sonstigen Mitarbeiter, wie wir gern genannt werden“, berichtet Braatz. Diese Beschäftigtengruppe der Universität falle nach seinem Eindruck öfter mal hinten runter. Vor allem deshalb habe er das Buch herausgegeben. Für die Mitarbeitenden hielt er später einen einstündigen Vortrag zur Geschichte des URZ mit Fotos und Videos.
Weitere Talente schlummern in dem Informationstechniker. So hat er anlässlich des URZ-Jubiläums 2012 eine Ausstellung in den Räumlichkeiten der Universitätsbibliothek am Campus Augustusplatz organisiert. Ein Highlight war die Aufstellung von einzelnen Teilen des Zeiss-Rechenautomats ZRA 1, die vergessen im Lager der Technischen Sammlungen Dresden lagerten. Braatz hatte sie aufgespürt, Sponsoren akquiriert und die historische Technik optisch aufbereiten lassen. Seit der Wiederentdeckung stehen nun alle Teile des ZRA 1, der in der Universität von 1963 bis 1971 in Betrieb war, in der Dauerausstellung der Technischen Sammlungen Dresden und werden für die Ausbildung von Hochschul-Mitarbeitenden zur Computertechnik in der DDR präsentiert.
Gutachten für Forschungsprojekt-Anträge und Entsorgung alter Rechner
Zuallererst aber ist Thomas Braatz der oberste Wächter über den Datenschutz im Hochschulbereich der Universität. Die Funktion, die er seit 1991 innehat, unterliege einem permanenten Wandel. Anfangs sei er für das komplette Datenschutzprogramm zuständig gewesen. Das änderte sich, als 2018 die EU-Datenschutzverordnung in Kraft trat und die Aufgaben der Datenschützer:innen genau festlegte. Braatz war für datenschutzrechtliche Fragen großer Projekte zuständig, führte Kontrollen vor Ort durch, überprüfte beispielsweise die Standorte von Videokameras oder die korrekte Entsorgung vom ausgedienten Rechnern und alten Akten.
Am häufigsten begutachtete Braatz Anträge für Forschungsprojekte: „Was sind personenbezogene Daten, was sind anonyme Daten? Viele Leute wissen das nicht“, spricht er eine Problematik an, die ihm im dem Zusammenhang häufig begegnet ist. Im Jahr 2019 bekam er eine Datenschutzmanagerin an seine Seite, die unter anderem für die Erstellung von Verträgen zuständig ist. Ein Jahr zuvor trat ein Informationssicherheitsbeauftragter seinen Dienst an, der sich vor allem um die Computersicherheit kümmert. Braatz` Nachfolge sei bislang allerdings noch nicht klar. „Die Stelle wird ausgeschrieben“, berichtet er.
Fasziniert von Köhler-Rede zur 600-Jahr-Feier
Sehr gern erinnert sich Thomas Braatz, der schon als Jugendlicher ein Faible für technische Sachen und Science-Fiction-Literatur hatte, an die Aufbruchstimmung zur Wendezeit. Damals war er unter anderem Mitglied der Personalkommission der Universität, die fast alle Mitarbeitenden auf Stasi-Mitgliedschaft überprüfte. „In dieser Aufarbeitung waren die Hochschulen eigenständig.“ Ein Highlight seiner Jahre an der Universität war die Rede des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler zur 600-Jahr-Feier der Universität im Rohbau des Paulinums – Aula und Universitätskirche St. Pauli. „Sie hat mich mitgenommen. Damit konnte ich mich identifizieren“, sagt er.
Braatz freut sich auf seinen Ruhestand. Er möchte weiter an Science-Fiction-Büchern arbeiten. Zugleich organisiert er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Freundeskreises Science Fiction Leipzig e.V. das große Branchen-Fantreffen Elstercon, das alle zwei Jahre stattfindet. Danach erscheint stets ein Buch, das die Ergebnisse des Treffens zusammenfasst – federführend gestaltet von Thomas Braatz und Vereinsmitglied Mario Franke.
Reise nach China und Bücherberg warten
Wenn es seine Zeit zulässt, möchte er zwischendurch mit seiner Frau auf Reisen gehen. Zwei Wochen China sind bereits fest gebucht. Sein Traum ist es, mit einem Schiff durch den Suezkanal zu fahren und die Pyramiden von Kairo zu sehen. Zudem wartet ein Berg Bücher darauf, von Braatz gelesen zu werden. Auch seine drei Enkelkinder möchten mehr Zeit mit ihrem Opa verbringen.
Bevor er der Universität endgültig Adieu sagt, muss Thomas Braatz noch all die Akten entsorgen, die sich in seinem Büro über die Jahrzehnte angesammelt haben. Aber dafür ist er bekanntermaßen der Fachmann. „Einiges gebe ich meinen Kollegen, anderes wandert in die Datentonne“, erklärt er. Seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger wünscht er die erforderliche Kraft, um die vor allem durch Künstliche Intelligenz gewachsenen Herausforderungen im Bereich Datenschutz bewältigen zu können.
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