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Die Universität Leipzig begrüßt mit Dr. Nina Simon zum Sommersemester die erste Professorin, die im Rahmen des Leipzig Tenure Track Programms (LTTP) auf eine Tenure-Track-Professur berufen wurde. Die Teilnahme der Universität am Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (WISNA) ermöglicht es, innerhalb der kommenden zwei Jahre insgesamt 22 Tenure-Track-Professuren einzurichten. Ziel ist es, den Altersdurchschnitt von Professuren zu senken und den Frauenanteil zu erhöhen sowie Tenure Track (TT) als weiteren regulären Weg zu einer Professur zu etablieren. Das Leipziger Universitätsmagazin hat darüber mit dem Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Erich Schröger gesprochen.

Die Universität Leipzig hat über das Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (WISNA-Programm) 22 TT-Professuren für das Leipzig Tenure Track Programm (LTTP) eingeworben. Was bedeutet das für unsere Universität?

Wir haben uns 2019 um die Förderung im Rahmen des WISNA-Programms des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beworben. Innerhalb dieses Programms fördert der Bund die Einrichtung von 1000 zusätzlichen TT-Professuren und stellt dafür pro bewilligter TT-Professur bis zu ca. 940.000 Euro als Fördersumme (inklusive eines 15-prozentigen Strategieaufschlags) bereit. Zu unserer großen Freude haben wir alle 22 beantragten TT-Professuren bewilligt bekommen. Das bedeutet für unsere Universität eine Gesamtsumme von bis zu 20,7 Millionen Euro. Diese Projektförderung bezuschusst die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten für die Einrichtung der TT-Professuren, die dadurch für die Dauer des Programms erheblich finanziell unterstützt werden. Dies betrifft die Finanzierung der Professur samt dafür benötigtem Personal.

Wir als Universität Leipzig möchten mithilfe dieser Unterstützung vorrangig das Modell „Juniorprofessur mit Tenure Track auf eine Lebenszeitprofessur “ weiterentwickeln. Das empfiehlt der Wissenschaftsrat seit 2014, um einen Kulturwandel in der Wissenschaft in Anlehnung an die angloamerikanische Tradition zu erreichen. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs soll so frühzeitig die Möglichkeit gegeben werden, in eine planbare wissenschaftliche Karriere einzusteigen. Dem qualitätsgesicherten Verfahren zur Berufung auf eine Lebenszeitprofessur liegt eine einvernehmlich geschlossene Evaluationsvereinbarung, in der die Leistungsziele und Erwartungen vereinbart sind, zugrunde. Ihre Erfüllung wird nach strengen transparenten Kriterien evaluiert.

 

Ein Anliegen der Juniorprofessur war seit Einführung aber auch, dass diese mit einem TT verknüpft werden kann?

Das war eine Option, die aber aus verschiedenen Gründen nicht immer angewendet wurde. Bisher gibt es vorwiegend Juniorprofessuren, die für die Dauer von sechs Jahren besetzt sind und keine „Verstetigungsoption“ beinhalten. Nach Ablauf dieser Befristung und Erlangung der Berufungsfähigkeit muss sich die Stelleninhaberin bzw. der Stelleninhaber an anderen Standorten auf eine dauerhafte Professur oder andere Stelle bewerben. Ziel dieser Juniorprofessuren war und ist, wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, allerdings auch unter der Maßgabe, dass die Zeit an unserer Universität endlich ist und im Anschluss die Karriere an einem anderen Standort fortgesetzt werden muss.

 

  • Der klassische Weg über die Habilitation und der Weg über eine Tenure-Track-Professur sollen künftig gleichberechtigt sein.

 

Was ist das Ziel des Leipzig Tenure Track Programms (LTTP)?

Zur Qualitätssicherung haben wir im Rahmen des LTTP eine Tenure-Track-Ordnung erlassen und den Karriereweg der TT-Professur auch im Personalentwicklungskonzept dargestellt. Wir wollen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern damit ein Angebot machen und frühzeitig Planungssicherheit auf dem Weg zu einer verantwortlichen Professur geben und so auch den Frauenanteil der Professuren erhöhen. Beim bisher überwiegend klassischen Karriereweg ist es ja so, dass man fast 40 Jahre alt ist, bis man die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung auf eine W2-Professur erworben hat, bei W3 ist man dann vielleicht noch einmal zehn Jahre älter. Beide Wege – der klassische z. B. über die Habilitation und der Weg über die TT-Professur – sollen künftig gleichberechtigt etabliert sein. Im Rahmen des LTTP wollen wir perspektivisch rund 20 Prozent der Professuren der Universität Leipzig besetzen.

Im Rahmen des LTTP können wir beispielsweise herausragend qualifizierten, akademisch jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in einem internationalen, wissenschaftsgeleiteten und kompetitiven Verfahren durchgesetzt haben (z. B. DFG-Programm Emmy-Noether, European Research Council Starting Grant) hier an unserer Universität eine dauerhafte Perspektive bieten.

 

Bedeutet das auch eine höhere Variabilität in der inhaltlichen Ausrichtung einer Professur?

Es kann durchaus sein, dass in einem bestimmten Fach für eine W2- oder W3-Professur keine geeigneten Bewerbungen rekrutiert werden können. Die sogenannte „schlechte Marktlage“ – also die Verfügbarkeit nur weniger oder gar keiner ausreichend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber – resultiert beispielsweise aus dem relativ gleichzeitigen Freiwerden ähnlicher Stellen an verschiedenen Hochschulstandorten, aus einer nur kleinen Menge an Fachvertreterinnen und Fachvertretern oder einer geringen Absolventenzahl im Fach. Sind dafür aber erfolgversprechende akademisch junge Personen, die die Berufungsvoraussetzungen z. B. für eine Juniorprofessur (W1) erfüllen, „am Markt“, kann das durchaus dazu führen, dass die inhaltliche Ausrichtung einer auszuschreibenden Stelle variiert wird. Es kann auch sein, dass neue Themen in einem Fach dominieren und die „alte“ Schwerpunktsetzung ein Auslaufmodell ist und man so schneller auf neue Themen reagieren kann.

 

Kommen die TT-Professuren zusätzlich? Oder bleibt die Zahl der Professuren gleich?

Die Idee des BMBF-Programms war es, dass bundesweit 1000 neue Professuren geschaffen werden, für die das Programm eine Art Anschubfinanzierung gibt und die Länder die unbefristeten Professuren in gleicher Anzahl der jeweils geförderten TT-Professuren erhöhen. Das können meines Wissens nur sehr wenige Bundesländer leisten. Oft ist es so, dass die geförderten TT-Professuren mit Blick auf die Ablösung oder Verstetigung auf bestehenden Professuren ausgeschrieben werden, also eine Art vorgezogene Nachbesetzung in Gestalt einer TT-Professuren erfolgt. Für einen gewissen Zeitraum stehen diese zusätzlich zur Verfügung. Und so wird es auch an unserer Universität gehandhabt. Da für die Dauer des Förderprogramms diese 22 Stellen finanziell vom Bund bezuschusst werden, haben wir die wunderbare Möglichkeit, den neuen Karriereweg zu etablieren. Das heißt, wir haben die alte Professur, diese kann weiter machen und die neue Professur kann trotzdem bereits fünf bis sechs Jahre vorher aufgebaut werden und dann nahtlos übernehmen. Dies bietet für die Fakultäten aber auch die Chance, sich inhaltlich noch stärker in der Forschung zu profilieren und dadurch noch erfolgreicher zu werden.

Wir haben also während der Laufzeit des Förderprogramms diese 22 TT-Professuren zusätzlich, mittel- bis langfristig wird sich die Gesamtzahl der Professuren an unserer Universität auf Grund des Tenure Track allerdings nicht erhöhen.

  • Wir alle haben mit Tenure Track noch wenig Erfahrungen und stehen am Anfang des Weges. Das WISNA-Programm des Bundes ist als Anschub zu verstehen, um diesen Karriereweg zu etablieren und auszubauen.

 

Dieser neue, zusätzliche akademische Weg bedeutet sicher auch eine Umstellung in der Denkweise innerhalb der Fakultäten?

Für uns alle ist das TT-Verfahren relativ neu, in der Tenure-Track-Ordnung ist es aber transparent beschrieben. Spätestens zum Zeitpunkt des Dienstantritts wird eine Evaluationsvereinbarung geschlossen, in der anhand klarer Kriterien Leistungsziele und Erwartungen ausgewiesen werden. Dieser Vereinbarung liegt die Leistungseinschätzung im Rahmen von jährlichen Statusgesprächen, der Perspektiveinschätzung „zur Halbzeit“ und insbesondere der Tenure-Evaluation, die in der Regel im vorletzten Jahr der TT-Professur durch ein unabhängiges Board erfolgt, zugrunde. Sie ist sowohl für die die Fakultät als auch die Person Richtschnur. Das heißt, dass zwischendrin nicht einfach die Spielregeln geändert werden können. Wir alle haben damit wenig Erfahrungen und müssen mit der Einführung des Programms sehr behutsam und sorgfältig umgehen. Wir stehen also am Anfang des Weges.

 

Die Fakultäten wurden intern dazu aufgerufen, sich im Rahmen des WISNA-Programms um TT-Professuren zu bewerben. Wie war die Resonanz?

Wir haben uns bereits im Vorfeld den Stellenplan angeschaut und mit den Fakultäten ausgewählt, welche Professuren für eine vorgezogene Nachbesetzung, ggf. mit geänderter inhaltlicher Ausrichtung, in Frage kommen könnten. Auf diese Weise haben wir 16 Professuren identifiziert. Zusätzlich haben wir sechs Professuren thematisch offen und wettbewerblich vergeben, die in für die Universität strategisch bedeutsame Forschungsfelder gehen, insbesondere zur Stärkung von potentiellen Exzellenz-Cluster-Initiativen. Es gab zehn Bewerbungen, über die unter Hinzuziehung der Expertise der Forschungskommission entschieden wurde. Und all diese insgesamt 22 Professuren galt bzw. gilt es nun bis 2022 zu besetzen.

Es geht aber auch nicht nur darum, lediglich die jetzt zur Förderung anstehenden 22 TT-Professuren und die Stellen zu deren Verstetigung zu identifizieren, sondern vor allem für die Zukunft zu überlegen, welche Professur für ihre Nachbesetzung als Tenure-Track-Professur ausgebracht werden kann. Das WISNA-Programm des BMBF ist als Anschub zu verstehen, um den Karriereweg über die Tenure-Track-Professur neben den bestehenden Wegen zu etablieren und auszubauen. Und unsere Fakultäten sind dahingehend agil und berücksichtigen dies bereits jetzt in ihren Planungen, auch unabhängig vom derzeitigen Förderprogramm.

Vielen Dank für das Gespräch!

Hinweis der Redaktion: Das Universitätsmagazin wird Frau JP Dr. Nina Simon in Kürze vorstellen.

 

  • Hintergrund Leipzig Tenure Track Programm (LTTP)

    Das Leipzig Tenure Track Programm besteht aus drei Säulen:

  • Die erste Säule bietet die Möglichkeit, von einer W1 TT-Professur, also Juniorprofessur mit TT, auf eine W2- oder W3-Professur zu gelangen. Das ist momentan die wichtigste Säule.
  • Die zweite Säule bietet Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leitern, die im Rahmen internationaler, wissenschaftsgeleiteter und kompetitiver Verfahren zur Förderung ausgewählt wurden (z. B. DFG-Programm Emmy-Noether, European Research Council Starting Grant) die Option, in eine W2- oder W3-Professur zu kommen.
  • Die dritte Säule bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit etwas längeren Postdoc-Erfahrungen im In- oder Ausland, die bereits habilitiert sind oder habilitationsäquivalente Leistungen nachweisen können, die Berufung auf eine zunächst befristete W2-Professur mit der Option, nach fünf bis sechs Jahren unter der Voraussetzung einer positiven Tenure-Evaluation auf eine W2- oder W3-Lebenszeitprofessur berufen zu werden.

 

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