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Neues Jahr – neue Marathon-Saison, zum Beispiel für Martina Schmidt. Noch zehrt die Sekretärin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Juristenfakultät jedoch von ihren Eindrücken vom New York City Marathon im November vergangenen Jahres. Mit ihrem Start dort hat sie sich einen Traum erfüllt: mit mehr als 50.000 Teilnehmenden vorbei am Times Square und dem Empire State Building hin zum Ziel, dem Central Park, laufen. Im Alter von 42 Jahren begann sie zu joggen, sechs Monate später lief sie ihren ersten Marathon und zwölf Jahre später ging es zu einem der größten Marathons der Welt. „Ich glaube, ich habe den halben Marathon fast durchgeweint, weil die Stimmung so überwältigend war“, sagt die 54jährige im Interview mit dem Unimagazin. Und auch ihren Chef hat sie mit ihrer Laufbegeisterung angesteckt.

Sie sind am 3. November beim New York City Marathon mitgelaufen. Wie kam es dazu? 

Martina Schmidt: Ich habe erst mit 42 mit dem Laufen angefangen, also relativ spät. Vorher war ich völlig unsportlich. Mein Mann war immer sportlich, aber wenn ich versucht habe, ihn zu begleiten, habe ich es höchstens 100 Meter geschafft und bin dann fluchend wieder nach Hause gestapft. Vor zwölf Jahren waren wir dann privat in New York, in der Nähe des Central Parks. Dort dachte ich: Jetzt versuche ich es noch mal mit dem Laufen. Jeden Morgen bin ich gescheitert, während mein Mann weiterlief. Ich war so frustriert – all diese reichen und schönen Leute um 6 Uhr im Central Park. Ich bin dann immer zu Starbucks gegangen und dachte, das wird nichts. Ein halbes Jahr später ist bei mir der Knoten geplatzt. Plötzlich konnte ich weite Strecken laufen. Schon nach sechs Monaten lief ich dann meinen ersten Marathon. Es stellte sich heraus, dass ich wohl ein gewisses Ausdauertalent habe. Jedes Jahr, wenn der New York Marathon war, dachte ich daran, wie ich damals im Central Park gescheitert war. Ich wollte diese „offene Rechnung“ begleichen. Normalerweise finde ich es ökologisch fragwürdig, für einen Marathon um die Welt zu fliegen, aber das war mir ein Herzenswunsch. Mein Mann hat mir schließlich zu Weihnachten die Teilnahme geschenkt und gesagt: „Das musst du jetzt machen, sonst erfüllst du dir diesen Traum nie.“ Also bin ich dann allein nach New York gereist, weil ich das Abenteuer wollte. Ich wollte dort unabhängig sein und mein eigenes Ding machen.

Und wie war die Stimmung beim Lauf?

Unglaublich! Es ist wirklich Wahnsinn. Es war laut und emotional. Der Start ist auf einer großen Brücke, wo jemand vom Broadway die Nationalhymne singt, und dann kommt Frank Sinatra mit „New York, New York“ – da flossen schon Tränen. Ich glaube, ich habe den halben Marathon fast durchgeweint, weil die Stimmung so überwältigend war. Also die Amis, die können einfach richtig Stimmung machen. Die Zuschauer sind unfassbar motivierend. Ich hatte den Tipp bekommen, meinen Namen aufs Shirt drucken zu lassen. Ich habe noch nie so oft meinen Namen gehört. Ich wurde die ganze Zeit angefeuert. Das war irre. Die stehen mit Megafon da, gerade auch die Frauen. Die Frauenbewegung ist in New York stark – das merkt man auch an der Unterstützung der Zuschauerinnen.

Und wo ging’s dann entlang?

Man läuft durch alle Stadtteile, vorbei an Sehenswürdigkeiten wie dem Times Square und dem Empire State Building, und das Ziel ist im Central Park. Die Strecke ist anspruchsvoll, mit vielen Höhenmetern über Brücken und Hügel. Aber ich habe mir gesagt: „Zeit ist mir egal, ich will den Moment genießen.“ Normalerweise laufe ich knapp vier Stunden, diesmal waren es knapp fünf Stunden, aber das war nebensächlich. Ich habe gefeiert, Hände abgeklatscht und Fotos mit Polizisten gemacht, weil meine Kinder Polizisten sind. Es war ein unvergessliches Erlebnis.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Zu sehen ist Martina Schmidt nach dem Zieleinlauf. Freudestrahlend hält sie ihre Teilnahmemedaille in der Hand und küsst sie.
Überglücklich im Ziel im Central Park: Martina Schmidt, Foto: Privat

Trainieren Sie täglich?

Ja, ich laufe jeden Tag. Für einen Marathon mache ich natürlich intensiveres Training.

Hilft Ihnen das Laufen auch bei der Arbeit? 

Absolut. Es macht den Kopf frei. Ich laufe oft zur Uni und zurück, das sind fünf Kilometer pro Strecke. Ich habe auch eine Laufgruppe am Lehrstuhl aufgebaut. Wir sind vier bis fünf Personen und laufen einmal pro Woche zusammen. Wir treffen uns dann hier morgens und dann laufen wir eine Runde, je nachdem, wo wir gerade Bock drauf haben. Das verbindet uns, und wir nehmen auch an Events wie dem Leipzig Halbmarathon teil. Auch mein Chef läuft jetzt und wir motivieren uns alle gegenseitig.

Haben Sie eine Lieblingsstrecke in Leipzig?

Ja, ich laufe am liebsten zum Cospudener See, gehe dort schwimmen und laufe zurück. Das ist eine wunderschöne Strecke.

Haben Sie Tipps für Anfänger:innen oder Personen, die sich nicht aufraffen können?

Es ist schwer, den Einstieg zu finden, aber ich habe damals mit Aerobic Kursen im Fitnessstudio angefangen, um meine Ausdauer zu steigern. Fürs Laufen empfehle ich eine Kombination aus Laufen und Gehen. Zum Beispiel einen Kilometer laufen, einen gehen. Musik oder Hörbücher können am Anfang motivieren. Und man lernt schnell: Die ersten vier Kilometer sind zäh, aber danach wird es besser.

Was tun Sie bei Beschwerden wie Gelenkschmerzen?

Ich mache täglich 15 Minuten Dehnübungen mit Mady Morrison. Ihre Videos habe ich während Corona gefunden und sie sind wirklich gut. Das hilft enorm.

Wie oft laufen Sie Marathons?

Früher bin ich fast jeden Monat einen Marathon gelaufen. Heute laufe ich gezielter, zum Beispiel jedes Jahr den Berlin Marathon. Marathons sind sehr aufwändig, da geht schonmal ein ganzes Wochenende drauf. Ich bin aber inzwischen wählerischer geworden, auch weil meine Familie Zeit mit mir möchte.

Sie haben auch einen Ironman absolviert, richtig?

Ja, 2019 in Klagenfurt 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und ein Marathon. Es war eine tolle Erfahrung, aber Triathlon ist sehr zeitaufwendig. Laufen bleibt meine große Leidenschaft. 

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