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Erich Schröger mag die Würde, die der Wundt-Raum im Institut für Psychologie ausstrahlt, das Mobiliar, den großen Globus und auch den Geruch dieses „Schatzkästleins“, wie er ihn nennt. Schließlich war Schröger an der Erschließung des Nachlasses des Begründers der Wissenschaftsdisziplin Psychologie, Wilhelm Wundt, maßgeblich beteiligt. Heute bietet der 66-Jährige regelmäßig für interessierte Besucher:innen aus aller Welt Führungen durch den Raum an. Dieses Kleinod gehört zu seinen Lieblingsplätzen an der Alma mater. Zum 1. April 2025 verabschiedet sich der Professor für Kognitive und Biologische Psychologie und frühere Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs leise in den Ruhestand.

Hinter dem gebürtigen Bayern liegen 28 Jahre voller guter und nur gelegentlich auch weniger guter Erfahrungen, voller interessanter Begegnungen und erfüllender Forschungsarbeit. Viele Beschäftigte der Universität werden Schröger aus seiner Zeit als Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs kennen. Von 2017 bis 2022 war er in diesem Amt, das ihm einen Spagat abverlangte. Da war zum einen seine umfangreiche Forschungs- und Lehrtätigkeit als Professor für Kognitive und Biologische Psychologie. Zugleich engagierte er sich stark als Prorektor, was nicht selten zu 60-Stunden-Arbeitswochen führte. Gemurrt hat Schröger nie. Er ist einer, der sich gerne in den Dienst der Sache stellt. Sein Leitspruch: Man sollte sich nicht zu wichtig nehmen, denn jede:r ist ersetzbar. So wichtig die Arbeit des Rektorats, der Dekan:innen und Institutsleiter:innen auch ist, die Verdienste der Beschäftigten in den Stabsstellen und in den Verwaltungen der Dezernate, Zentralen Einrichtungen sowie Fakultäten könnten nicht hoch genug geschätzt werden, sagt er.

Ruf aus Leipzig kam im Jahr 1997

Nach seinem Studium der Philosophie und der Psychologie in München trat Schröger 1986 eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München an. Es folgten die Promotion, die Habilitation und die Vertretung einer C3-Professur in München. Im Jahr 1997 folgte er einem Ruf auf eine Professor für Biologische Psychologie an der Universität Leipzig. Nach einer gewissen Zeit vermisste er hier allerdings die Aufstiegsmöglichkeiten und bewarb sich erfolgreich an zwei anderen Universitäten. Aber eigentlich wollte Schröger gar nicht weg aus Leipzig. Er verhandelte geschickt und bekam 2001 eine C4-Professur am Institut für Psychologie, Schwerpunkt Kognitive einschließlich Biologische Psychologie. „Ich untersuche, welche mentalen Prozesse im Gehirn dazu führen, dass wir wahrnehmen oder auf etwas aufmerksam werden“, bringt er sein Forschungsfeld auf den Punkt. Mit diesem Mechanismus lerne unser Gehirn die Umwelt kennen und verarbeite das Wahrgenommene, zumeist unbewusst, zu Gedächtnisinhalten. Schrögers Forschungsbilanz kann sich sehen lassen. Er gehört beispielsweise zu den Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig mit den meisten bewilligten DFG-Projekten.

Akademische Verantwortung nicht wegen eines Postens aufgeben

Kurz vor ihrer zweiten Amtszeit als Rektorin fragte Beate Schücking im Jahr 2017 bei Schröger an, ob er das Amt des Prorektors und damit die Nachfolge von Matthias Schwarz antreten wolle. Einige Überlegungen später sagte er zu. Trotzdem schaffte es Schröger in den Folgejahren, den Kontakt zu seiner Arbeitsgruppe zu halten und seine Forschungsprojekte fortzusetzen. „Das ist das Schöne am akademischen Leben, dass man wissenschaftlich tätig sein und dabei den wissenschaftlichen Nachwuchs betreuen, sowie parallel Verantwortung im wissenschaftlich-akademischen Management tragen kann“, sagt er. 

In den fünf Jahren als Prorektor hat Schröger gemeinsam mit seinen Rektoratskolleg:innen einiges bewegt. So hat unter seiner Ägide die Idee der strukturierten Promotion, etwa der Graduiertenschulen Gestalt angenommen. Sein Prorektorat war ebenso federführend bei der erfolgreichen Antragstellung im von Bund und Ländern getragenen Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“  und somit der Etablierung des Leipzig Tenure-Track-Programms, der Neuausrichtung des Doktorandenförderplatzprogramms zum Leipzig Excellence Fund for Young Researchers (LE4YOU) und der Entwicklung des Modells „Leipziger Weg“ als Zyklus zur dynamischen Weiterentwicklung erfolgreicher Forschungsthemen. In Vorbereitung auf die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder hat er erfolgsträchtige Forschungsbereiche vorausschauend zusammengeführt. „Ich konnte viele Früchte ernten, die mein Vorgänger Schwarz gesät hat“, betont Schröger und nennt als Beispiele den Pre-Doc Award und den Ethikbeirat

Besonders die Zusammenarbeit mit seinen Rektoratskolleg:innen sei ihm in angenehmer Erinnerung. „Bei Forschungsfragen waren wir meist alle einer Meinung. Das Rektorat hat an einem Strang gezogen“, erinnert er sich. Und wenn mal nicht, dann hätten sie einen guten Kompromiss gefunden, ergänzt er lächelnd. In dem Zusammenhang lobt er die „vertrauensvolle Kooperation mit dem Hochschulrat und mit dem Ministerium“. Er fürchtet, dass ihn sein Insistieren auf einer Verbesserung der Uni Leipzig im Forschungsranking nicht überall beliebt gemacht hat, erzählt er. Allerdings, denkt Schröger aber nach wie vor, sei dies unerlässlich.

Lebendiges akademisches Gebilde als Wohlfühlort

„Die Universität Leipzig ist für mich ein lebendiges akademisches Gebilde, in dem ich mich zu Hause gefühlt habe“, resümiert Schröger, dessen Nachfolgerin Prof. Dr. Gesa Hartwigsen schon seit einiger Zeit am Institut für Psychologie arbeitet. Gemeinsam mit ihr hat er ein Lehrbuch über Biologische Psychologie geschrieben und plant auch künftig mit ihr und ihrem Team zu kooperieren. Nach seinem offiziellen Abschied von der Universität will Schröger noch laufende Forschungsprojekte zu Ende bringen und langsam „von der Bühne abtreten“. „Ich ziehe schon seit einem Jahr aus“, sagt er entschuldigend beim Blick in sein Büro. Nun freue er sich auf die Zeit, in der er etwas unbeobachteter und noch entspannter seiner Forschung nachgehen kann, sie jedoch nicht mehr als „Leistungssport“ betreiben will.

Auch weiterhin wird Erich Schröger den Weg von seinem Haus in Taucha bei Leipzig, in dem er mit seiner Frau lebt, in die Uni mit seinem Fahrrad fahren. Und immer wird er dabei seine gelbe Warnweste anziehen, die über die Jahre zu seinem Markenzeichen avanciert ist. „Die Weste erhöht die Sichtbarkeit im Straßenverkehr. Ich werde oft auf sie angesprochen“, erzählt er. Ein Radler ohne Ziel sei er nicht, aber die 14 Kilometer von zu Hause bis zur Uni sei er so gut wie nie mit der Bahn gefahren. 2020 wurde der fleißige Fahrrad-Pendler sogar gemeinsam mit seinen Rektoratskolleg:innen beim Stadtradeln als bestes Uni-Team geehrt.

Seine Frau habe schon einiges mit ihm für den Ruhestand geplant, berichtet Schröger. Reisen gehört allerdings nicht zu seinen beliebten Freizeitaktivitäten. Auch dienstlich sei er nie mehr als nötig gereist. Dafür möchte Erich Schröger nun häufiger Sport treiben, in seinem Haus in Taucha werkeln, Konzerte, Museen und Theater besuchen. Und er möchte auch weiterhin Besucher:innen bei Führungen durch den Wundt-Raum den Namensgeber seines Instituts näherbringen. 

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