Leipziger Universitätsbälle haben eine lange Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Der Mathematiker Moritz Wilhelm Drobisch erwähnt in seinem Nachlass bereits 1849 einen „Ball der Universität“. Seit 1865 bestand in Leipzig ein besonderer Professorenverein, das „Professorium“, der theoretisch allen Lehrkräften die Mitgliedschaft anbot. Der Rektor war qua Amt Vorsitzender und organisiert wurden pro Semester zwei bis drei Familienabende, Herrengesellschaften, gesellige Ausflüge ins Leipziger Umland – und eben auch Bälle.
Wenigstens die Hälfte der 115 Professoren nahm in den 1880er Jahren an den eher nicht-öffentlichen Veranstaltungen teil. Gegenüber der Bürgerschaft schottete sich der Verein nach 1900 immer mehr ab: Lediglich ein Viertel der Gäste waren als Nichtakademiker zugelassen – abzüglich der stets eingeladenen Professorenwitwen. Eine besondere Nähe pflegte das „Professorium“ zur „Reichsgerichtsgesellschaft“. Die Aktivitäten waren nicht banal: Jeder Familienabend begann mit einem wissenschaftlichen Fachvortrag und anschließender Debatte über Fächergrenzen hinweg, gemeinsame Ausflüge etwa nach Bad Lausick hatten als Höhepunkt eine selbst organisierte Theateraufführung. Das elitäre „Professorium“ kam an der „Massenuniversität“ nach 1900 in Schwierigkeiten: Austritte wurden untersagt, Mitgliedsbeiträge mussten weiter gezahlt werden, was wiederum die Zahl der Neumitglieder sinken ließ. Private Zirkel und häusliche Bälle machten dem „Professorium“ immer mehr Konkurrenz.
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