Seit dem Wintersemester 2024 studiert Azimi Rahmatullah aus Afghanistan im MBA-Programm Small Enterprise Promotion and Training (SEPT) an der Universität Leipzig. Ermöglicht wurde ihm dieser Schritt durch das Hilde-Domin-Stipendium, das gefährdeten internationalen Studierenden eine akademische Zukunft in Deutschland eröffnet. Als erster Hilde-Domin Stipendiat der Universität Leipzig konnte bereits im April 2024 Milad Ahmad Amanzai sein Studium an unserer Hochschule aufnehmen. (Das Unimagazin berichtete.)
Die Werdegänge beider Studenten zeigen eindrucksvoll, wie essenziell Förderprogramme, wie das Hilde-Domin-Stipendium für talentierte Menschen aus Krisenregionen sind – nicht nur für deren persönliche Entwicklung, sondern auch für positive gesellschaftliche Veränderungen.
Azimi Rahmatullah - Ein außergewöhnlicher Kandidat für das SEPT-Programm
„Viele talentierte junge Menschen weltweit sind durch soziale oder politische Umstände eingeschränkt. Diese Stipendien ermöglichen ihnen, ihr Potenzial zu entfalten – und das ist eine Bereicherung für unsere Gesellschaft“, hebt Janka Linke, die den SEPT-Studiengang an der Universität Leipzig koordiniert, die Bedeutung des Hilde-Domin-Programms hervor. Gemeinsam mit Helen Matthey von der Stabsstelle Internationales nominierte sie Azimi im August 2023 für das Stipendienprogramm. „Was die Auswahl unserer Kandidaten betrifft, gibt es mehrere Kriterien, die wir prüfen. Die wichtigsten davon sind die akademischen Leistungen, die im Idealfall hervorragend sein müssen. Und dann gibt es noch die Motivation und unternehmerische Erfahrung. Azimi brachte das ganze Paket mit. Im Grunde genommen vereint er alle drei Kriterien in idealer Weise: exzellente akademische Leistungen, unternehmerische Erfahrung und eine starke Motivation“, so Linke.
Besonders beeindruckt habe sie sein Engagement für Frauenförderung in Afghanistan. Azimi gründete das Kabul IELTS Center, eine Bildungseinrichtung mit besonderem Fokus auf Frauen, die durch bessere Bildungsmöglichkeiten gestärkt werden sollen. Darüber hinaus ist er auch Mitbegründer der Avecina High School, in der er Straßenjungen kostenlos unterrichtet. „Was ich zudem als großen Vorteil sehe, ist Azimis interkultureller Hintergrund. Er ist in Afghanistan geboren, hat einige Jahre in Pakistan die Schule besucht, dann in Indien studiert und setzt jetzt seine akademische Laufbahn hier in Deutschland fort“, erklärt die Studiengangskoordinatorin weiter.
Auch Azimis digitale Kenntnisse sind im Hinblick auf den MBA-Studiengang wertvoll. So sieht er in der Digitalisierung eine große Chance für afghanische Kleinunternehmerinnen: „In meinem Forschungsaufsatz in diesem Semester beschäftige ich mich mit der Digitalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen mit besonderem Fokus auf afghanische Kleinunternehmerinnen. Afghanische Frauen haben viele handwerkliche Talente, stehen aber, vor allem in ländlichen Gebieten, vor dem Problem, dass sie nur wenige bis keine Kunden haben, um Absatz für ihre geschaffenen Produkte zu erzielen. Infolgedessen verkaufen sie zu sehr niedrigen Preisen an die Geschäfte vor Ort. Die Ladenbesitzer verkaufen ihre Produkte dann zu sehr hohen Preisen an verschiedene Kunden weiter, woran die Frauen jedoch nicht verdienen“, sagt der 26-Jährige.
Kindheitserfahrungen treiben ihn an
Als kleiner Junge verkaufte der Afghane Azimi Rahmatullah selbst die handgefertigten Produkte seiner Eltern auf der Straße. „Ich hatte in diesem jungen Alter nicht das nötige Wissen, wie man den Absatz der Produkte hätte steigern können. Wenn ich damals die Möglichkeit gehabt hätte, online zu arbeiten, hätte ich viel mehr Kunden für Sie erreichen können. Das ist der Grund, warum es mir heute eine Herzensangelegenheit ist, afghanische Frauen zu unterstützen“, so Azimi. Und er hat in diesem Zusammenhang große Pläne: Er möchte eine Beratungsfirma gründen, die speziell afghanische Frauen beim Aufbau und der Digitalisierung ihrer Unternehmen unterstützt. Sein Ziel ist es, ihnen mithilfe von Online-Beratungen das nötige Wissen zu vermitteln, das sie benötigen, um ihre Produkte über digitale Plattformen einer größeren Kundschaft zu präsentieren. Sein aktuelles Projekt bringt afghanische Handwerksprodukte nach Deutschland, um sie direkt an Landsleute zu verkaufen – ohne Zwischenhändler, die den Gewinn abschöpfen.
Azimis Vision ist klar: Durch Bildung, Beratung und digitale Technologien will er Frauen in Afghanistan zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit verhelfen. Dabei stellt er ein Paradebeispiel für die Wirkung des Hilde-Domin-Programms dar: „Ohne das Stipendium wäre es für mich kaum möglich gewesen, in Deutschland zu studieren. Das Programm sichert nun nicht nur meine akademische und berufliche Zukunft, sondern bietet gleichzeitig die Möglichkeit, auch in meinem Heimatland etwas zu verändern“, so der Student.
Kommentare
Keine Kommentare gefunden!