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„Wir haben immer zusammengehalten“, sagte der ehemalige Fußballnationaltrainer Frank Engel und man glaubte es ihm sofort beim Anblick der fröhlichen Verbundenheit seiner ehemaligen Seminargruppe Fachrichtung Leistungssport. In Leipzig zusammenkommen waren die 15 Männer Anfang September, um ihr 50-jähriges Abschlussjubiläum zu feiern. Der Jahrgang, der 1974 seine Ausbildung begonnen hat, gesellte sich mit ebenso guter Stimmung und Sportsgeist dazu. Bevor am Ende des sportlichen Wiedersehen-Parcours das Goldene Diplom stand, wollten zunächst ein paar Etappen auf dem weitläufigen Campus Jahnallee zurückgelegt sein. Blauer Himmel, Sonnenschein – beste Startvoraussetzungen. Startpunkt war sinnigerweise die Staffelläufer-Plastik vor dem Haupteingang.

1. Etappe: Campus Jahnallee - Karrierestart im Sport

Ihren Abschluss haben die Alumni in bewegten Zeiten an der damaligen Karl-Marx-Universität gemacht. Im Jahr 1974 bestimmten die Nachwirkungen der Ölkrise und der Watergate-Affäre sowie mehrere regionale Kriege die Zeit. In der Bundesrepublik Deutschland löste Helmut Schmidt Willy Brandt als Bundeskanzler ab. Beide deutsche Staaten richteten ständige Vertretungen in den jeweiligen Hauptstädten ein. Sportlicher Höhepunkt war die Fußball-Weltmeisterschaft in der Bundesrepublik mit dem Meister-Titel. Und im Jahr zuvor wurde mit dem Universitätshochhaus eines der markantesten Gebäude der Stadt Leipzig eingeweiht.

Aber das, was für jeden einzelnen wirklich zählt, sei das Zwischenmenschliche, meint Frank Engel. „Wir waren immer eine aktive Truppe. Es ist nicht nur der Sport, der verbindet, sondern auch die soziale Komponente. Wir haben uns von Beginn an gut verstanden und enge Freundschaften über das Studium hinaus bis heute gepflegt, auch wenn wir nun viele Jahre älter geworden sind“, sagt der weißhaarige, drahtige Mann verschmitzt lächelnd. Er ist hier unter seinesgleichen. Es scheint keinerlei Rolle zu spielen, dass der 73-Jährige eine außerordentliche Karriere als Fußballtrainer zurückgelegt hat.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Zu sehen ist eine Porträtaufnahme von Frank Engel
Frank Engel war im Nachwuchsbereich des Fußballverbands der DDR tätig, bis 2016 war er elf Jahre lang DFB-Trainer der U 19-, 18- und 15-Nationalmannschaften. Foto: Diana Smikalla

Frank Engel steht wie kaum ein anderer für die Einheit des deutschen Fußballs, für Talentförderung in Ost und West. Seine Laufbahn begann er bei der BSG Dimo Böhlitz-Ehrenberg, spielte dann in der Nachwuchsoberliga der DDR für Chemie Leipzig. Dreizehn Jahre lang war er im Nachwuchsbereich für den Fußballverband der DDR tätig, trainierte spätere Größen wie Matthias Sammer, Ulf Kirsten und Thomas Doll. Nach der politischen Wende reihten sich zahlreiche Engagements aneinander: Jena, Aachen, Rostock, Südkorea und Ägypten. Auf die Frage, ob seine sportliche Herkunft Anerkennung erhalten hat, antwortet er mit einer Anekdote: „Man hat schon anerkannt, dass die DDR ein Sportland war. Im Fußball hatte ich es jedoch ungleich schwerer. 1992 habe ich die Ausbildungspläne, die wir für den DDR Nachwuchs hatten, dem DFB angeboten. Da hat man mir geantwortet – wart ihr Weltmeister oder wir? Naja, und heute macht man Programme, die mich schmunzeln lassen, weil wir so etwas schon in den 70er Jahren kreiert hatten, zum Beispiel mit kleinen Gruppen zu arbeiten, individuell und altersgerecht auszubilden, langfristigen Leistungsaufbau und Technikschulungen – da waren wir Spitze.“

Der Deutsche Fußball-Bund sagt über Frank Engel, er habe seine Nachwuchsarbeit geprägt, indem er zahlreiche Talente entdeckte und voranbrachte. Nationalspieler wie Jérôme Boateng, Mesut Özil oder Benedikt Höwedes trainierten unter ihm. Bis 2016 war er elf Jahre lang Trainer der U 19-, 18- und 15-Nationalmannschaften. Er legte immer Wert darauf, neben der sportlichen auch die persönliche Weiterentwicklung zu fördern, und die jungen Spieler auf das Leben vorzubereiten.

2. Etappe: Haupteingang Sportwissenschaftliche Fakultät

Baulich hat sich in 50 Jahren natürlich einiges verändert auf dem Campus. Nachbarn wie die Sportmedizin sind umgezogen, neue Nachbarn wie die Handelshochschule Leipzig sind eingezogen. Der metallene Schriftzug „Sportwissenschaftliche Fakultät“ am alten Gemäuer ist ein Orientierungspunkt. Wie viel Male während ihrer Ausbildung haben sie die Stufen genommen, um mal dynamisch federnd zu den Sporthallen oder mal müde vom Training zu den Vorlesungen zu kommen. Die Herausforderung für die Alumni im Jahr 2024 war es, sich auf der Eingangstreppe nach Jahrgangsgruppen aufzustellen: Wer hat 1974 abgeschlossen, wer angefangen? Die Übung war dann doch schnell bestanden. Freundliches Lächeln für die Kamera oder Winken gab Extra-Punkte in der B-Wertung.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Zu sehen ist die Gruppe der Alumni vor der Sportwissenschaftlichen Fakultät, zusammen mit Sportwissenschaftlerin Dr. Petra Tzschoppe und Frank Engel.
Dr. Petra Tzschoppe (rechts) von der Sportwissenschaftlichen Fakultät gab einen Überblick über die Entwicklung der Sportwissenschaftlichen Fakultät bis heute. Foto: Diana Smikalla

3. Etappe: großer Hörsaal - ein bisschen Geschichte

Einen Schnelldurchlauf, wie die Fakultätsgeschichte bis heute weiterging, bot die Sportsoziologin Dr. Petra Tzschoppe. Die aktive wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Sportökonomie und Sportmanagement ist auch Expertin für die Geschichte des Sports und der Sportwissenschaft in Leipzig. Der Standort war nach der Berliner Humboldt-Universität die bedeutendsten Hochschule der DDR und im Sport sowieso eine unübersehbare Größe. Mit der Gründung der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) entstand bereits 1950 eine zentrale Lehr- und Forschungsstätte der DDR. Sie übernahm auch die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Sportlehrer:innen. 1964 fand der erste Internationale Trainerkurs statt. Die deutsche Wiedervereinigung führte auch im Hochschulbereich zu tiefgreifenden Veränderungen, personell wie strukturell. Die DHfK wurde trotz ihrer wissenschaftlichen und fachlichen Leistungen 1990 aufgelöst, 1993 die Sportwissenschaftlichen Fakultät gegründet, um die Traditionslinie bei Lehre und Forschung fortzusetzen. Über 1.200 Studierende sind eingeschrieben. Der Einzug digitaler Technik hat den Unterricht stark verändert. Der Internationale Trainerkurs wird heute durch das Auswärtige Amt gefördert und bildet zweimal jährlich Teilnehmende aus aller Welt aus. Der Verein zur Förderung der Sportwissenschaft, für den sich Tzschoppe einsetzt, fördert sozial engagierte Nachwuchssportler:innen und Veranstaltungen wie die Goldene Promotionsfeier.

4. Etappe: Gymnastikhalle - glänzende Erinnerungen und ein Appell

Ihre Wurzeln haben Frank Engel und seine Jahrgangskollegen nie vergessen, bestätigten sie bei der Feierstunde in der Gymnastikhalle dem früheren Dekan und Emeritus Prof. Jürgen Krug und dem aktuellen Studiendekan und Sportpädagogen Prof. Thomas Wendeborn. „Wir sind alle sehr stolz darauf, hier so hervorragend ausgebildet worden zu sein.“ Die Goldenen Diplome in Händen ist es nochmal wie eine Bestätigung der gegenseitigen engen Verbundenheit.

So hat Engel auch Freude daran, in Leipzig etwas von seinen vielfältigen Erfahrungen weiterzugeben, zum Beispiel beim internationalen Trainerkurs, der ihn sogar zu Vorträgen nach Kasachstan führte. „Das hält mich jung und fit“, sagt er wieder mit diesem strahlenden Lachen, um dann aber noch einmal ernst zu werden. „Die drei wesentlichen Dinge, die den DDR-Sport ausgemacht haben, waren der flächendeckende Schulsport von den Grundschulen bis zu den Gymnasien. Zweitens das einheitliche Sichtungs- und Auswahlsystem für alle Sportarten. Und drittens die hohe Qualität der Ausbildungsmaterialien der Trainer und Übungsleiter. Das war der Unterpfand. Diese Dinge fehlen mir heute manchmal in der Breitenförderung. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht noch mehr Bewegungsarmut erzielen. Sport sollte in den Kitas und Schulen eine Art Hauptfach sein. Das bringt die Jugend nach vorn.“ Klingt wie ein Appell an die nachfolgende Generation.

Alumni-Netzwerk

Verbunden bleiben – Wissen weitergeben – Zukunft mitgestalten. Unter diesem Motto steht das Alumni-Netzwerk LEIPZIG ALUMNI. Alumnae und Alumni haben an unserer Alma mater studiert und damit auch ihre Geschichte miterlebt und mitgestaltet – wir laden sie daher ein, mit uns in Kontakt zu bleiben und das Leben an unserer Universität Leipzig aktiv zu begleiten!

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