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Leipzig hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot der Klimaforschung entwickelt. Wichtiger Teil dieser Entwicklung sind zwei junge Wissenschaftler:innen, die mit ihren Forschungsarbeiten zur internationalen Spitzenstellung beitragen: Juniorprofessor Dr. Sebastian Sippel und Prof. Dr. Ana Bastos. Sie bringen die Disziplinen Meteorologie, Erdsystemwissenschaft und Ökologie zusammen, um die dringendsten Fragen unserer Zeit zu beantworten: Wie verändert der Klimawandel die Dynamik extremer Wetterereignisse? Und wie wirken sich diese auf unsere Ökosysteme aus? Ihre Forschung liefert nicht nur wertvolle Erkenntnisse, sondern trägt auch dazu bei, Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu finden.

Klima-Attribution im Fokus

Sebastian Sippel, frischgebackener Heinz Maier-Leibnitz-Preisträger, hat sich voll und ganz der Klima-Attributionsforschung verschrieben. Die Arbeit des 36-Jährigen dreht sich um die Frage, inwieweit extreme Wetterereignisse – wie die immer häufiger auftretenden Hitzewellen und Dürren – durch den Klimawandel beeinflusst werden und welche Auswirkungen sie haben. Er untersucht, wie Modelle diese Extremereignisse abbilden und ob sie in der Lage sind, die Realität adäquat zu simulieren. „Wir sehen in den letzten Jahren immer wieder Rekordhitzeereignisse, was Fragen aufwirft: Müssen wir uns auf noch intensivere Hitzewellen einstellen? Und wie gut können unsere Modelle solche Ereignisse abbilden?“, fragt der Forscher.

Die Relevanz dieser Forschung liegt auf der Hand: Je genauer wir verstehen, wie stark der Klimawandel zu diesen Extremereignissen beiträgt, desto besser können wir uns darauf vorbereiten und Maßnahmen ergreifen. Sebastian Sippel setzt sich besonders dafür ein, die Auswirkungen dieser Extremereignisse auf das menschliche Leben und die Umwelt noch präziser zu erfassen. „Der Klimawandel beeinflusst das tägliche Wettergeschehen weltweit – das ist keine Zukunftsprognose, sondern bereits Realität“, betont er. Seine Arbeit an der Universität Leipzig verbindet Klimaphysik mit der Analyse von Ökosystemen und hilft, das komplexe Zusammenspiel von Wetterextremen und Klimaveränderungen besser zu verstehen.

Wälder im Klimawandel

Ana Bastos, die seit Mai 2024 das Institut für Erdsystemwissenschaft und Fernerkundung an der Universität Leipzig verstärkt, bringt eine völlig neue Perspektive in die Diskussion ein. Ihr Fokus liegt auf den bidirektionalen Wechselwirkungen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre. Besonders interessieren sie die Auswirkungen von Klimaextremen auf Ökosysteme, speziell auf Wälder. „Wälder sind zentrale Kohlenstoffspeicher. Doch Extremereignisse wie Dürre, Insektenbefall und Waldbrände setzen diese Speicher unter enormen Stress. Dies könnte langfristig den Klimaschutz gefährden“, erklärt Ana Bastos. Ihre Forschung zeigt, dass Wälder unter extremen Dürrebedingungen mehr Kohlenstoff abgeben, als sie speichern können – ein Teufelskreis, der die Klimakrise weiter verschärfen könnte.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Trockener, rissiger Boden und ein Löwenzahn der dort wächst
Die Spur der Dürre: Aufgerissener Boden zeugt von trockenen Zeiten und ökologischer Verwundbarkeit, Foto: Colourbox

Mit ihrem ERC Starting Grant untersucht die 38-Jährige die Anfälligkeit von Wäldern gegenüber Klimaextremen und fragt: Warum sind manche Wälder robuster als andere? Und was bedeutet das für den globalen Klimaschutz? Bastos' Arbeit hat bereits beunruhigende Ergebnisse geliefert. So berechneten sie mit ihrem Team, dass extreme Hitzeereignisse im Jahr 2023 die Kohlenstoffbilanz der Landbiosphäre weltweit um 1,7 Milliarden Tonnen verschlechtert haben – ein alarmierendes Zeichen für die Verletzlichkeit unserer Wälder.

Globale Herausforderungen interdisziplinär bearbeiten

Was Sebastian Sippel und Ana Bastos verbindet, ist nicht nur ihr gemeinsamer Arbeitsplatz an der Universität Leipzig, sondern auch ihre Überzeugung, dass interdisziplinäre Ansätze entscheidend sind, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Sebastian Sippel bringt dabei seine Expertise in der Modellierung und statistischen Analyse von Extremereignissen ein, während Ana Bastos die biogeochemische Perspektive liefert. Auch persönlich ergänzen sich die beiden gut: Während Bastos sich selbst als energiegeladen aber manchmal zu impulsiv beschreibt, sei er ein guter Gegenpol, der sie schnell wieder erde.

Beide Wissenschaftler:innen sind Teil eines ambitionierten Projekts im Rahmen des Exzellenzclustervorhabens „Breathing Nature“. Dieses Projekt zielt darauf ab, die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Verlust der Biodiversität und dem Klimawandel zu erforschen. „Die Universität Leipzig bietet mit ihrer starken Profilbildung in der Erdsystemforschung die ideale Plattform, um diese Fragen zu erforschen“, so Ana Bastos. Für beide Forscher:innen steht fest: Um effektive Strategien gegen den Klimawandel zu entwickeln, müssen wir nicht nur den Einfluss des Klimawandels auf die Umwelt verstehen, sondern auch, wie menschliche Aktivitäten diese Wechselwirkungen verändern.

Direkter Nutzen für die Gesellschaft

Die Arbeiten von Sebastian Sippel und Ana Bastos gehen weit über die akademische Welt hinaus. Sie liefern essentielle Daten und Modelle, die als Grundlage für politische Entscheidungen und praktische Maßnahmen dienen können. Beispielsweise helfen ihre Forschungsergebnisse, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen zu stärken, indem sie aufzeigen, welche Faktoren die Anfälligkeit gegenüber Klimaextremen erhöhen. Zugleich verbessern sie die Prognosen, womit in Zukunft noch zu rechnen sein wird. „Vielleicht erleben wir lange in der Zukunft noch eine Wende in der Klima-Attributionsforschung. Anstatt zu untersuchen, wie stark der Klimawandel ein Extremereignis verschärft hat, könnten Studien sich darauf konzentrieren, welche Anpassungsmaßnahmen die Auswirkungen solcher Ereignisse abgemildert haben“, hofft Sebastian Sippel. Die Universität Leipzig wird weiterhin alles daransetzen, diesen Wandel voranzutreiben und die Forschung aktiv in eine zukunftsweisende Richtung zu lenken. Denn nur so können wir den Herausforderungen des Klimawandels mit den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen begegnen.

Ana Bastos, die seit 2024 Professorin für Land-Atmosphäre-Interaktionen am Institut für Erdsystemwissenschaft und Fernerkundung der Universität Leipzig ist, promovierte 2015 in Geophysik und Geoinformationswissenschaften an der Universität Lissabon. Auf ihrem Karriereweg hat sie in Portugal, den USA, Frankreich sowie in München und Jena geforscht und gelehrt. Im Jahr 2022 wurde sie mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet, um die Auswirkungen von Klimaextremen, insbesondere auf Wälder, zu untersuchen. Neben ihrer Forschung und Lehre engagiert sich Ana Bastos für die Förderung von Diversität und Inklusion sowie für die Verbesserung der psychischen Gesundheit im akademischen Bereich. 

 

Sebastian Sippel ist seit 2023 Juniorprofessor für Klima-Attribution am Institut für Meteorologie der Universität Leipzig. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und PostDoc mit Stationen an der ETH Zürich (Schweiz), in Norwegen und am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Seine Forschung konzentriert sich auf die Verbesserung des Verständnisses von Klimavariabilität, Extremereignissen und deren Veränderungen auf globaler und regionaler Ebene. Er nutzt empirisch-quantitative statistische und maschinelle Lernverfahren, um diese Forschungsfragen anzugehen, und integriert verschiedene Klima- und geowissenschaftliche Datenströme, zum Beispiel Klimabeobachtungen und Klimamodellsimulationen.

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