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"Digitalisierung durch Forschung, Lehre, Wissens- und Technologietransfer fördern" ist ein Auftrag, den der Freistaat den sächischen Hochschulen per Hochschulgesetz gegeben hat. Auch die Digitalisierung der Verwaltung ist eine Aufgabe, die es dringend zu erledigen gilt. Wo hakt es? Wo läuft es schon gut? Wo müssen wir an der Universität Leipzig besser werden? Und wie wollen und sollen wir dies angehen? Am 12. Oktober 2023 sollen Akteur:innen aller Einrichtungen unserer Universität dazu ins Gespräch kommen. Der CIO-Board und der Prorektor für Campusentwicklung laden zur Veranstaltung "Die Universität im Dialog zur Digitalisierung". Im Interview mit dem Universitätsmagazin sprechen Prorektor Prof. Dr. Matthias Middell und Chief Information Officer (CIO) Dieter Lehmann unter anderem darüber, wie sie die Universität bei der Digitalisierung aufgestellt sehen, wo besonderer Handlungsbedarf besteht und über IT-Sicherheit.

Die Novelle des Hochschulgesetzes besagt unter anderem: Hochschulen sollen im Rahmen ihres fachlichen Profils Digitalisierung durch Forschung, Lehre, Wissens- und Technologietransfer fördern. Und sie tragen dazu bei, durch Digitalisierung hervorgerufene Veränderungen zu bewältigen. Die Universität Leipzig hat eine ungemein breite Fächervielfalt. Was bedeutet das für uns?

Prorektor Prof. Dr. Matthias Middell: Das bedeutet, dass der Prozess der Digitalisierung, der seit längerer Zeit in ganz unterschiedlichen Dimensionen an den Universitäten im Gange ist, gerade eine große Beschleunigung erfährt und wir diesen Prozess gestalten müssen. Digitalisierung ist ein Instrument, kein Selbstzweck. Die Universität ist nicht für die Digitalisierung da, sondern die Digitalisierung muss dafür genutzt werden, dass die Universität ihre Aufgaben optimal erfüllen kann.

Dieter Lehmann: Digitalisierung bedeutet natürlich auch einen Wandel in der Forschung hin zu datengetriebener Forschung in vielen Bereichen. Und auch in der Lehre ist Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern eben ein Instrument zur Verbesserung unserer Ausbildungsmöglichkeiten. Dazu haben wir gerade in den letzten Jahren während der Corona-Pandemie viel hinzugelernt.

Inwiefern hatte die Corona-Pandemie eine Katalysatorwirkung für die Digitalisierung an unserer Universität?

Lehmann: Digitale Arbeitsplätze und Remotework haben eine völlig neue Dimension erhalten. Das hat wiederum neue Fragen aufgeworfen, zum Beispiel: Wo können und müssen wir noch bessere Lösungen finden, gerade im Hinblick auf die Nutzung digitaler Services unter besonderem Blick bezüglich der IT-Sicherheit?

Middell: Das Interessante an der Corona-Zeit war, dass die Technologien, die wir in der Zeit gelernt haben zu nutzen, schon vorhanden waren. Wir haben aber gelernt, uns zuzutrauen, diese Technologien umfangreich zu nutzen - weil wir sie nutzen mussten. Wir hätten sicher eine lange Debatte darüber gehabt, ob man Lehrveranstaltungen per Videokonferenz machen kann, vielleicht auch machen muss – und welche Effekte das haben könnte. Aber während der Quarantänezeiten mussten wir es tun und waren erstaunt, wie gut es im Großen und Ganzen dann ging. Wir haben aber auch gesehen, welche Verluste digitale Lehre mit sich brachte und welche Art von Didaktik für digitale Lehre notwendig ist. Ein anderes Beispiel ist Videotelefonie: Sie war schon vor Corona möglich, aber in welchem Umfang wurde sie genutzt? Und heute ist sie fast nicht mehr wegzudenken, oft als Ergänzung zu Treffen in Präsenz.

Der Chief Information Officer (CIO) steuert im Auftrag des Rektorats die Angelegenheiten der Digitalisierung und des Informationsmanagements an der Universität Leipzig. Dieter Lehmann nimmt als Leiter des Universitätsrechenzentrums die Funktion des CIO wahr.

Wie sehen Sie die Universität momentan bei der Digitalisierung aufgestellt?

Lehmann: Generell haben wir im Kontext der Digitalisierung an der Universität unglaublich viel in den verschiedenen Bereichen gemacht. Oft wissen wir aber voneinander zu wenig. Und dann gibt es auch in einigen Bereichen Entwicklungsbedarf – sei es auf technischer, organisatorischer oder personeller Seite.

Middell: Es gibt heute fast keine Hochschulangehörigen mehr, die keinen Laptop haben, wenn dieser für ihre Tätigkeit gebraucht wird. Viele unserer Lehrräume sind für hybride Lehre im Prinzip ausgestattet. LAN, WLAN und Arbeitsplatzausstattung erlauben Videokonferenzen von vielen Orten in der Universität. Dies ist eine fundamentale technologische Veränderung, die unsere sozialen Praktiken zutiefst beeinflusst und verändert. Und wir haben eine ganze Reihe an hochspezialisierten Großgeräten, die digitale Methoden in den verschiedensten Forschungskontexten ermöglichen. Auch da hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben – und erhebliche Investitionen. Unsere Hochschule kann bei der Digitalisierung sehr gut mithalten. Einerseits.

Anderseits gibt es auch Schwachstellen, die wir dabei sind zu beheben: Ich nenne die Modernisierung unseres Rechenzentrums für die aktuellen Anforderungen an den Einsatz von KI in der Forschung durch das KI-Rechenzentrum. Dieses ist nun in der Bauvorbereitung, sodass es voraussichtlich 2027 funktionstüchtig sein wird. Digitalisierung ist dynamisch und stellt große Anforderungen an die Betreuung dieser Technologien. Und da haben wir, wie Herr Lehmann richtig sagt, noch Optimierungsmöglichkeiten.

Inwiefern?

Lehmann: Wir haben momentan eine zentrale IT und eine dezentrale IT. Das führt dazu, dass wir uns in den verschiedenen Gremien wie dem CIO-Beirat Gedanken darüber machen müssen, welche Synergien wir vorantreiben können. Beim KI-Rechenzentrum wird es einen großen Aufwuchs an Betreuung und Möglichkeiten geben, was vor wenigen Jahren noch undenkbar war. Die Frage ist: Wie können wir eine sinnvolle und geeignete Versorgung für alle Nutzer:innen der Hochschule sicherstellen? Die Mittel aus dem Programm zum regionalen Strukturwandel erlauben hier der Universität ein völlig neues Werkzeug zu nutzen. Damit geht aber auch einher, dass wir noch enger mit Nutzer:innen in der außeruniversitären Forschung und in der Wirtschaft bei der Nutzung dieses Werkzeuges zusammenwirken werden.

Die zentrale Frage, die uns dabei umtreibt, ist: Wie können wir die Wissenschaft besser machen?

Prorektor Prof. Dr. Matthias Middell

Jede Fakultät muss in die Cybersicherheitsdiskussion einbezogen sein. Es ist bisher nicht unbedingt jedem Einzelnen klar, in welchen größeren Zusammenhängen seine Ausstattung steht.

Prorektor Prof. Dr. Matthias Middell

Manche IT-Infrastruktur ist an den Fakultäten und Instituten einzeln, dezentral und historisch gewachsen. Ist dies, auch unter dem Aspekt der IT-Sicherheit, zukunftsfähig? 

Lehmann: Früher war es so: Viele Wissenschaftler:innen wollten ihre Rechnerarchitektur unter eigener Kontrolle haben. Heute ist das anders und eine Art Kulturwandel zeichnet sich ab: Die meisten Forscher:innen, vor allem neuere, sagen nun: Ich brauche einen bestimmten Service und Unterstützung dafür. Und dann nutze ich lieber zentrale Rechnerleistung und die zentralen Services des URZ. Diese Entwicklung müssen wir aufgreifen – und auch die Erwartungen erfüllen. Grundsätzliche Anforderungen an IT-Betreiber werden sich auch in der derzeit diskutierten neuen Informations- und Kommunikationsordnung  abbilden.

Middell: Ziehen wir den Rahmen noch etwas größer: Digitalisierung bringt einen enormen technologischen Umbruch mit sich. Und Cybersicherheit wird damit immer wichtiger, weil sie sich zum Wettbewerbsfaktor zwischen konkurrierenden Gesellschaften entwickelt. Das können wir nicht mehr nur dem Rechenzentrum für die zentrale IT überlassen, das müssen wir in der Hochschule als Ganzes angehen. Jede Fakultät muss in die Cybersicherheitsdiskussion einbezogen sein. Es ist bisher nicht unbedingt jedem Einzelnen klar, in welchen größeren Zusammenhängen seine Ausstattung steht: dass beispielsweise der Drucker der Angriffspunkt sein kann, wenn er falsch ins IT-Netz eingebunden ist, über den man sich Zugang zu einer im Prinzip kritischen Infrastruktur verschaffen kann.

Am 12. Oktober findet erstmals der Digitalisierungsdialog statt. Was ist Anliegen dieses Tages?

Middell: Mein Anliegen ist zunächst einmal, den Anwesenden, die hoffentlich aus allen Fakultäten und zentralen Einrichtungen kommen, zu verdeutlichen, dass mit der sächsischen Hochschul-Digitalisierungsstrategie für uns ein Rahmen gesetzt ist und wie dieser Rahmen beschaffen ist. Das betrifft nicht nur Synergien, die innerhalb unserer Universität geschaffen und genutzt werden können und müssen, sondern auch Synergien zwischen den sächsischen Hochschulen und auch über Sachsen hinaus. Dafür müssen wir uns aufstellen, sei es im Bereich der Forschung, der Lehre, der Verwaltung oder der Basisdienste für die gesamte Universität. Hierfür müssen wir unsere Position bestimmen und darüber gemeinsam reden, welchen Prozessen wir (auch budgetär) Priorität geben wollen und müssen.

Ein weiteres Anliegen ist es, bei den Hochschulangehörigen ein Verständnis dafür zu erzeugen, dass die Dinge miteinander zusammenhängen. Der dringend benötigte HPC-Cluster [Anm. d. Red.: HPC steht für High Performance Computing] in einem Fach scheint eine ganz andere Art von Problem zu sein, als die Frage nach der Didaktik des E-Learning im anderen Fach oder die Digitalisierung der Budgetprozesse in der Verwaltung. Aber wir müssen, schon weil die Mittel knapp sind, gemeinsam darüber sprechen, was wir zuerst anpacken und deshalb auch ein Verständnis für die Bedarfe der Anderen entwickeln. Dazu dienen die Sektionen dieses Digitalisierungsdialoges, der ein Auftakt für ein regelmäßiges Format sein soll.

Lehmann: Miteinander ins Gespräch zu kommen ist ganz wichtig. Es wird sich zeigen, an welchen Punkten es vertiefenden Redebedarf gibt, an welchen Stellen wir weiter intensivieren müssen. Und es wird sich zeigen, welche Art von Veranstaltungen zu einzelnen Komplexen es nach diesem Digitalisierungsdialog geben sollte.

 

  • Am 12. Oktober 2023 startet die Reihe „Die Universität im Dialog zur Digitalisierung“ mit einer ganztägigen Veranstaltung. In vier Themensessions regen Impulsbeiträge zum Dialog mit allen Mitgliedern der Universität an. Veranstalter ist das CIO-Board, für das Programm zeichnen Professor Matthias Middell, Prorektor für Campusentwicklung, und Dieter Lehmann, CIO der Universität, gemeinsam verantwortlich.
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