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Wenn Studierende ein Stipendium bekommen, dann ist das oft mehr als nur finanzielle Unterstützung seitens der Stipendiengeber. Es bedeutet Wertschätzung der Person, eine Einladung zum Netzwerken. Das ist auch die Idee des Deutschlandstipendiums. Egal, ob Unternehmen, Universitätsangehörige, Alumni oder Privatpersonen Stipendien finanzieren: Ihr Engagement stärkt das regionale Netzwerk zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Der Sportwissenschaftler Dr. Hagen Wolff, der Theologe Prof. Dr. Frank Michael Lütze und der Veterinärmediziner Prof. Dr. Gotthold Gäbel sprechen im Universitätsmagazin darüber, was sie für die Deutschlandstipendien geben – und was sie dafür zurückbekommen.

Der Weg ins Büro von Dr. Hagen Wulff führt über das prächtige Treppenhaus im neoklassizistischen Stil der Sportwissenschaftlichen Fakultät, vorbei an zwei Zähne fletschenden, in Metall gegossenen Raubkatzen. In der zweiten Etage fällt die Begrüßung wesentlich gastfreundlicher aus. Der Sportpädagoge und Gesundheitswissenschaftler federt sogleich zur Kaffeemaschine. Beim Thema Studierendenförderung trifft man bei ihm auf weit geöffnete Türen. „Ob sich jemand engagiert, hängt meiner Einschätzung nach stark davon ab, ob er oder sie sich mit der entsprechenden Einrichtung identifiziert und sich als Teil eines sozialen Miteinanders versteht. Ein weiterer Faktor ist natürlich, ob man gerne etwas gibt und inwieweit man auch geben kann.“

Identifikation mit Fakultät und Universität

Die Förderbereitschaft sei nicht mehr so wie im früheren Maße vorhanden, ergänzt Wulff, der seit gut 12 Jahren für die Fakultät mit dem Forschungsschwerpunkt digitale Therapie und Bewegungsförderung arbeitet. Die fast legendäre Faschingsveranstaltung war eine Gelegenheit, mit Unternehmen und Alumni in Kontakt zu kommen und für Spenden zu werben. Durch die Corona-Pandemie gab es tiefe Einschnitte. „Im Vergleich zu anderen Fakultäten stehen im Bereich des Sports leider weniger finanzkräftige Unternehmen als Fördermittelgeber zur Verfügung. Das macht die Arbeit für unseren Förderverein und die Akquise von Mitteln für das Deutschlandstipendium schwer. Aber wir haben auch treue Einzelunterstützer."

Die Gelder für ein Stipendium an seiner Fakultät werden in Teilen oder ganz über den Förderverein der Sportwissenschaft gesammelt. Darüber hinaus profitieren die Studierenden von Spenden über Privatpersonen. Je nachdem, wieviel Geld vorhanden ist, wird der Reihe nach vergeben. „Zur Auswahl haben wir an der Fakultät ein neutrales Gremium. Es sichtet alle Bewerbungseingänge und bewertet dann die Eignung. Hierbei geht es vor allem um die Studienleistung und das soziale Engagement. Das Besondere bei uns ist, dass Leistungssportlerinnen und -sportler zum Zug kommen. Aktuell aus dem Kanu-Rennsport. Diese Studierenden nehmen an Meisterschaften teil, zeigen herausragende Leistungen und sind darüber hinaus als Nachwuchsübungsleiter in Leipziger Vereinen aktiv.“

Man könnte denken, dass die Fördersumme des Stipendiums keinen großen Unterschied macht. Das ist nicht so! Tatsächlich können unsere Stipendiaten mehr Zeit in das Studium und Training investieren.

Dr. Hagen Wulff

Zeit für Community-Building nehmen, institutionelles Zugehörigkeitsgefühl formen

Mit der Übungsleitertätigkeit verdienen sich einige Studierende parallel zu einem Nebenjob ihren Lebensunterhalt. „Man könnte denken, dass die Fördersumme des Stipendiums keinen großen Unterschied macht. Das ist nicht so! Tatsächlich können unsere Stipendiaten mehr Zeit in das Studium und Training investieren. Das ist für sie wichtig, da Leistungssport nur in einem begrenzten Zeitfenster möglich ist.“ Mit dem Stipendium haben sie die Chance, ihren Traum zu leben und sich auf Meisterschaften vorzubereiten. „Aus Erfahrung weiß ich, dass man den Wert oft erst retrospektiv bewerten kann. Neben der finanziellen Förderung und der resultierenden Unabhängigkeit hat ein Stipendium auch eine ideelle, langfristige Wirkung“, ist Wulff fest überzeugt. Die Begriffe Wertschätzung und Netzwerk fallen mehrfach im Gespräch. „Die Stipendienvergabe im Paulinum ist jedes Mal ein würdevolles Event. Es tut gut, solche Wertschätzung zu erhalten.“

Hagen Wulff ist ein hochgewachsener Mann mit lockigen Haaren. Für einen Sportler trägt er erwartungsgemäß Sneaker und hinter den Brillengläsern sprechen wache Augen mit, wenn er zu seinen Motiven für sein eigenes Engagement gefragt wird. Das beschränkt sich nämlich nicht auf das Deutschlandstipendium. Er versucht, über die Lehre hinaus Brücken zwischen der Universität und Praxispartnern zu bauen. „Ich mache das gerne, auch wenn diese Tätigkeiten bei der Ressourcenplanung kaum Beachtung finden. Mir ist wichtig, für und mit Menschen zu arbeiten, auch wenn das mit Mehraufwand verbunden ist. Es bestehen hohe Erwartungen im Hinblick auf Publikationszahlen und Drittmitteleinwerbungen. Allerdings müssen wir uns auch Zeit für Community-Building nehmen und ein institutionelles Zugehörigkeitsgefühl formen. Universitäten in Skandinavien oder Nordamerika sind Vorbilder, weil sie auch Ressourcen für soziale Interaktionen bereitstellen. Wenn wir Förderung durch Alumni wollen, müssen im Studium die Weichen gestellt werden. Das fängt bei sozialen Begegnungsräumen oder Arbeit mit Fachschaften an den Fakultäten an. Mit Exkursionen zu möglichen Arbeitgebern in der Region, wie ich sie seit Jahren organisiere, haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht.“

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Zu sehen sind Prof. Dr. Frank Lütze Prof. Dr. Roger Gläser im Gespräch.
Prof. Dr. Frank Lütze im Gespräch mit Prof. Dr. Roger Gläser, Prorektor für Talententwicklung: Studium und Lehre. Foto: Punctum, Alexander Schmidt

Theologe Lütze überzeugt der finanzielle Aspekt

Dem ersten Universitätsprediger an der Universität Leipzig, Prof. Dr. Frank Michael Lütze, sind in den zurückliegenden fünf Jahren viele förderwürdige Projekte begegnet. Für die Kirchenkollekte steht regelmäßig die Frage an, wofür und wogegen entscheiden. „Die Not ist wirklich groß“, so sein Eindruck. „Es gibt viel mehr Projekte, als man bedienen kann.“ Die gleiche Frage stellt sich der evangelische Theologe und Professor für Religionspädagogik auch im Privaten. Seit über zehn Jahren fällt sie zugunsten des Deutschlandstipendiums aus. Er ist überzeugter Einzelförderer und hebt überraschender Weise als erstes einen finanziellen Aspekt hervor. „Der Förderbetrag wird ja verdoppelt. Je nach Steuersatz zahlt man faktisch zwischen 80 und 100 Euro im Monat und es kommen 300 Euro bei den Stipendiaten an. Das muss man einem Schwaben wie mir nicht zweimal sagen, dass das ein gutes Geschäft ist“, lässt Frank Michael Lütze seinen Humor durchblitzen, um den Blick sogleich zu vertiefen. Es sei doch ein Privileg, wenn man als Hochschullehrer Geld übrig habe, damit bedürftige Einzelfälle fördern könne und dazu selbst erlebe, was sich daraus entwickelt.

Studierendenperspektive einnehmen

„Ich habe inzwischen mehrere Stipendiaten gehabt, die sich das Studium ohne die Förderung kaum hätten leisten können. Dummerweise ist es öfter als man denkt der Fall, dass welche durch die üblichen Hilfsnetze fallen oder ihre Eltern sie nicht unterstützen können. Für mich ist es genau der Zweck, dass diese Leute ein bisschen freier sind und ihr Studium sinnvoll gestalten. Sie wissen ja am Ende selbst am besten wie. Und wenn sie für eine wichtige Auslandserfahrung ansparen.“

Im Unterschied beispielsweise zu einem Apotheker sei er kein künftiger Arbeitgeber. Dafür könne er Wege aufzeigen, in der Wissenschaft Fuß zu fassen. Und dann sei da ja noch der hilfreiche Perspektivwechsel, ergänzt Lütze: „Für mich ist ganz interessant, mehr Einblicke zu bekommen, wie die Stipendiaten das Studium erleben, was läuft gut, was läuft nicht so rund. Das können durchaus Erkenntnisse sein, die insgesamt zur Verbesserung dienen.“

Ähnliche Erfahrungen hat der Tiermediziner Prof. Dr. Gotthold Gäbel gemacht. Seit 2012 ist das bundesweite Förderprogramm des Deutschlandstipendiums an der Uni Leipzig eingerichtet. Er zählt zu einem der ersten Unterstützer. Bis zu seiner Emeritierung 2021 war er Leiter des Veterinärphysiologischen Instituts. Bis heute finanziert auch er in jedem Jahrgang ein Stipendium für seine Fakultät. „Ich finde es gut und richtig, dass ich als Förderer keine Person bestimmen kann, sondern ein gemischtes Fakultätsgremium die Auswahl trifft. Danach steht für mich allerdings der direkte Kontakt zu den Stipendiaten an vorderster Stelle. Das passiert über die Netzwerktreffen und ich lade sie auch immer noch privat ein. Der Kontakt hat oft weit über die Stipendiumsdauer hinaus Bestand.“

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Vier Menschen stehen um einen Stehtisch, in ein Gespräch vertieft.
Beim Deutschlandstipendium-Sommerfest im Botanischen Garten 2024: Dr. Anja Lange-Garbotz (links) und Prof. Dr. Gotthold Gäbel im Gespräch mit Stipendiatinnen. Foto: Punctum, Alexander Schmidt

Gotthold Gäbel: „Freut euch an den anderen!“

Gotthold Gäbel war Dekan und hat über viele Jahre den renommierten Tierärztekongress geleitet. Da kommen zusätzlich zum Stipendiumsgeld in der Person des Förderers noch viel Erfahrung und ein großes, fachliches Netzwerk weit über Leipzig hinaus gratis dazu. „Auf Seiten der Stipendiaten ist die Offenheit unterschiedlich, aber meist groß ausgeprägt“, sagt Gäbel. „Aber natürlich denkt vielleicht der eine, was will der alte, weiße Mann mir erzählen, ich suche mir die Informationen selbst. Die meisten fragen einen jedoch intensiv zu allem möglichen aus. Ich biete mich gerne als Gesprächspartner an, dränge mich aber nicht auf. Nicht zu vergessen: Es ist keine Einbahnstraße, sondern man bekommt über den Kontakt zu den jungen Leuten immer etwas zurück. Das birgt viele Multiplikationseffekte.“

Das Studium und die ersten Jahre in der Wissenschaft seien in der Regel sehr intensive, prägende Lebensphasen, die eine starke Verbundenheit zur Institution Uni und natürlich auch auf persönlicher Ebene erzeugen können. So hätte ihm sein inzwischen 93-jähriger Mentor aus der Tierärztlichen Hochschule Hannover vor kurzem zu seinem 70. Geburtstag gratuliert, berichtet Gäbel lachend. Welche Botschaft er gerne weitergeben möchte? „Seid offen, seid neugierig und freut euch an den anderen!“

Mit dem Deutschlandstipendium werden Studierende ausgezeichnet, die herausragende Studienleistungen sowie ehrenamtliches, gesellschaftliches oder soziales Engagement zeigen oder Studienerfolge vor dem Hintergrund herausfordernder Lebensverhältnisse erbringen. Mehr als 100 Unternehmen, Universitätsangehörige, Alumni und Privatpersonen leisten aktuell als Förder:innen einen wichtigen Beitrag. Ihr Engagement stärkt das regionale Netzwerk zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Neue Stipendien werden gern noch angenommen. Für die Studierenden läuft die Deutschlandstipendium-Bewerbungsphase für das Wintersemester 2025/26 bis 30. Mai 2025.

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