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In wenigen Wochen übernimmt ein neues Rektorat mit der im November 2021 gewählten Rektorin Prof. Dr. Eva Inés Obergfell die Leitung der Universität. Zeit für eine Bilanz: Zusammen mit ihren Kolleg:innen blickt die amtierende Rektorin Prof. Dr. Beate Schücking in der Broschüre „Von Ankunft bis Zukunft“ zurück auf elf Jahre Universität Leipzig. Sie lässt darin die schwierigen Jahre der Kürzungen, die Erfolge in der Forschung und ihre umgesetzten Ziele und Visionen Revuew passieren.

Mein erster Tag als Rektorin der Universität Leipzig war der 1. März 2011, ein kalter Wintertag. Im Gepäck hatte ich viele Ideen und Visionen – und jede Menge Pfannkuchen. Damit bin ich gleich am ersten Arbeitstag durch die Verwaltung und die Einrichtungen gegangen, habe jeden Mitarbeiter begrüßt und auf ein Gebäck eingeladen. Doch nicht nur für mich war es eine Premiere, es war auch das erste Mal in der damals gut 600-jährigen Geschichte der Alma Mater, dass eine Frau ins Amt kam, um die Geschicke der Universität zu leiten. Eine Chance für die Universität Leipzig wie für mich: Ich konnte anders sein, anders kommunizieren und an viele Vorgänge innerhalb der Universität anders herangehen. Und nicht zuletzt konnte ich so auch das Thema Gleichstellung gleich vorne auf die Agenda setzen.

 

  • Ich wollte die Hochschule sichtbarer machen, leistungsstark nach vorne bringen – das war meine Vision, sie zu modernisieren und gleichzeitig auf Wachstumskurs zu setzen.

 

Ich sah damals eine große Universität, die ihre Brücke in die Zukunft noch zu bauen hatte. Sie war zum Beginn meiner Amtszeit ein echter Geheimtipp, ebenso wie die Stadt. Ich wollte die Hochschule sichtbarer machen, leistungsstark nach vorne bringen – das war meine Vision, sie zu modernisieren und gleichzeitig auf Wachstumskurs zu setzen. Zusammen mit meinen Rektoratskolleg:innen und den Mitarbeiter:innen überall in der Universität habe ich das in meiner zehnjährigen Amtszeit umsetzen können. Es warteten auch sehr komplexe Baustellen auf mich, wie das bis dato unvollendete Paulinum, das wir nach vielen nervenaufreibenden Gesprächen 2017 als Simultaneum feierlich eröffnen konnten und heute in einem Dreiklang aus Universität, Musik und Kirche bespielen.

Die wohl schlimmste Baustelle wartete gleich zu Beginn meiner ersten Amtszeit. Die damalige Landesregierung hatte beschlossen, dass wir mehr als 300 Stellen sukzessiv einsparen sollten. Es war die klare politische Ansage, die Universität auf einen Schrumpfungskurs zu setzen. Hier galt es, strategisch vorzugehen: Die anstehende Landtagswahl in Sachsen zu nutzen und ein politisch relevantes Thema aufzugreifen – die Lehrerbildung. Den Lehrermangel und allgemeiner gesprochen die angespannte Situation in vielen Berufen der Daseinsvorsorge konnten wir nutzen, um die Botschaft auszusenden: Unsere Universität kann mehr Studierende im Lehramt, in Jura, Pharmazie oder Medizin aufnehmen – entsprechende Unterstützung vorausgesetzt. Dass diese Argumentation dazu führen würde, dass wir heute mehr als doppelt so viele Lehrer:innen ausbilden als vorher, hätte ich damals nicht zu träumen gewagt.

 

  • Auch in der Forschung konnten wir viele wichtige Hürden nehmen; insbesondere das Forschungsprofil schärfen.

 

Von diesem Wachstum hat die gesamte Universität profitiert. Denn eins habe ich schnell gelernt: Es spielt für eine Hochschule eine große Rolle, wie sie von der Landesregierung gesehen wird – als Erfolgs- oder als Problemfall. Hier haben wir Boden gewonnen: Der Stellenabbau wurde nach der ersten, kämpferischen Runde gestoppt; bis heute haben wir mehr Stellen dazu gewonnen, als wir zu Beginn meiner Amtszeit einsparen mussten. Diesen Aufschwung konnten wir nicht nur in Studium und Lehre für uns nutzen. Auch in der Forschung konnten wir viele wichtige Hürden nehmen; insbesondere das Forschungsprofil schärfen. Heute haben wir deutlich mehr große, weithin sichtbare Verbünde, sind eine Universität mit erkennbaren Schwerpunkten. Das heißt nicht, dass wir uns von der Breite der Fächer und Disziplinen verabschiedet hätten. Wir müssen immer den Anspruch haben, auch in der Breite gut zu sein, aber herausragend im Sinne einer Spitzenforschung können nur wenige Bereiche sein. So versuchen wir, Exzellenzcluster zu entwickeln: Wir haben im Hochschulentwicklungsplan 2025 den Leipziger Weg skizziert, ein System, das immer wieder neue Ideen hervorbringt, die reifen und in neue Schwerpunkte einfließen. Dieser Weg wird zur Exzellenz führen, da bin ich mir sicher. Das in Kooperation mit unseren Nachbaruniversitäten aufgebaute, international herausragende Biodiversität-Forschungszentrum (iDiv) schafft gerade an der Schnittstelle zur ebenfalls sehr sichtbaren Klimaforschung bedeutende Impulse, die in viele andere Bereiche der Universität hineinreichen. Dies gilt auch für die fächerübergreifende Kooperation mit der Medizin, die besondere Erfolge mit der Gewinnung eines Helmholtz-Instituts, und zahlreichen Verbünden, auch innerhalb Sachsens erzielen konnte. Aktuell erhalten wir mit dem Aufbau eines Großforschungszentrums im mitteldeutschen Revier eine weitere Chance zur Profilierung und dürfen ein KI-Rechenzentrum errichten.

Der Wachstumskurs unserer Almer Mater ging von Beginn an auch mit einer Modernisierung in vielen Bereichen einher. Gleich zu Beginn wollte ich die Berufungsverfahren an der Universität beschleunigen. So gründeten wir die Stabsstelle Berufungen und konnten schon bald zusammen mit dem Senat nicht nur die erste Grundordnung, sondern auch eine neue Berufungsordnung verabschieden. Das hat Verfahren beschleunigt, viele herausragende Kolleg:innen, auch mit ERC-Grants und Humboldtpreisen nach Leipzig geholt und noch dazu den Frauenanteil unter den Professor:innen bis heute auf 27 Prozent erhöht.

 

  • Das war ein wichtiger Meilenstein bei der Modernisierung der Universität. Nun war es möglich, das Bild der Hochschule im Print- wie im Online-Bereich frischer und moderner zu präsentieren.

 

Ein anderes großes Anliegen war mir, das Gesicht der Universität nach außen zu erneuern. Zu meinem Amtsantritt gab es ein gemeinsames Dezernat für Forschung und Kommunikation – doch aufgrund fehlender Kapazitäten konnten sich die Mitarbeiter:innen weder für das eine noch für das andere in der Form engagieren, wie es für eine dynamische Universität nötig ist. Um die Unterstützung der Forscher:innen kümmert sich seit 2014 das Forschungs-Dezernat, während die Kommunikationsabteilung in einer neuen Stabsstelle aufging. Das war ein wichtiger Meilenstein bei der Modernisierung der Universität. Nun war es möglich, das Bild der Hochschule im Print- wie im Online-Bereich frischer und moderner zu präsentieren. Mit dem Relaunch des Corporate Designs und der Website sind wir aus meiner Sicht heute eine Universität, die sich in diesem Bereich sehr gut entwickelt hat und die vielen neuen Möglichkeiten der Social Media bestmöglich nutzt. Dieser Sprung nach vorne hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass wir in den vergangenen Jahren immer einen großen Zulauf an Studierenden hatten.

 

  • Das neue iDiv-Haus für die Biodiversitätsforschung war hier ein Meilenstein.

 

Mit dem Wachstum der gesamten Universität mussten wir natürlich auch baulich Schritt halten. „Inseln zu Kontinenten“ entwickeln – das war mein Ziel, inhaltlich wie strukturell. Dazu haben wir lang und oft mühsam im politischen Raum dafür gearbeitet, den Bedarf zu begründen und die notwendigen Ressourcen zugeteilt zu bekommen. Doch es hat sich ausgezahlt! Als Beispiel möchte ich das Bildungswissenschaftliche Zentrum am Campus Jahnallee mit eigener Forschungskita nennen, es bietet heute eine einmalige Infrastruktur und trägt den gestiegenen Anforderungen in der Lehrerbildung Rechnung. Inzwischen haben wir den Anspruch formuliert, für große Forschungsschwerpunkte eigene Gebäude anzustreben. Das neue iDiv-Haus für die Biodiversitätsforschung war hier ein Meilenstein. Und es gelang, für die erfolgreiche Globalisierungsforschung das Global Hub einzuwerben, das bis 2026 am Wilhelm-Leuschner-Platz entstehen wird.

Vieles, auch hier aus Platzgründen nicht genanntes, konnte ich zusammen mit meinen Kolleg:innen und dank der Unterstützung aus der Universität in diesen zehn Jahren erreichen. Ich hoffe, es sind starke Brücken in eine erfolgreiche Zukunft unserer Alma Mater Lipsiensis!

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