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Uralte Korallen, abgetragene Bodenprofile, ein Seekuhskelett aus dem Zwenkauer Tagebau – all das und sehr viel mehr Relikte aus vergangenen Zeiten finden sich in der Geologisch-Paläontologischen Sammlung der Universität Leipzig. Sie gehört zu den bedeutendsten Fossil- und Gesteinssammlungen der deutschen Universitätslandschaft. Wie Forschende geologische Fundstücke unversehrt bergen, um daran die Entwicklung des Lebens und der Erde zu erforschen, zeigt die Sonderausstellung zum 150-jährigen Jubiläum „Bergung verlorener Welten – Die Lackfilmmethode des Erhard Voigt“, die noch bis Juni zu sehen ist.

Unweit vom Trubel der Uniklinik liegen die prähistorischen Schätze der Geologisch-Paläontologischen Sammlung der Universität Leipzig. 400.000 uralte, große und kleine Fossilien, Gesteine, Erze und Mineralien lagern sortiert in langen, hohen Schränken und unzähligen Schubladen im Keller und auf dem Dachboden der Talstraße 35, wo sie der Forschung und Lehre für die Erforschung des Lebens auf der Erde zur Verfügung stehen. Die beeindruckendsten Exponate, wie etwa das im Jahr 2005 im Zwenkauer Tagebau entdeckte Skelett einer Seekuh oder kunstvoll gemusterte Korallen einer der größten fossilen Korallensammlung weltweit, können Besucher:innen in den modernen Ausstellungsräumen im ersten Stock bewundern. „Mein Lieblingsstück ist das etwa 200 Millionen Jahre alte Skelett eines Fischsauriers, der beim Geburtsprozess verstarb und in diesem Zustand erhalten wurde“, sagt Frank Bach, Kustos der Sammlung, zu einem auf einer Schieferplatte drapierten, vier Meter langen Skelett eines Fischsauriers mit zwei Embryonen, von denen eines wohl gerade den Geburtskanal verlässt.

Zur Feier des 150-jährigen Bestehens lädt er in die Sonderausstellung „Bergung verlorener Welten – Die Lackfilmmethode des Erhard Voigt“ in die Ausstellungsräume der Fakultät für Physik und Erdsystemwissenschaften ein. Die Ausstellung kann bis Juni 2024 nach vorheriger terminlicher Absprache besucht werden. Anhand von Videos, in denen Erhard Voigt selbst dabei zu sehen ist, wie er die Lackfilmmethode bei Ausgrabungen verwendet, sowie Exemplaren von durch die Methode konservierter Fossilien, bekommen Besucher:innen die Techniken und Herausforderungen bei der Bergung von geologischen Funden zu sehen.

Eine Leihgabe aus Schweden konnte erst mehrere Jahrzehnte nach dem Krieg wiedergefunden und zurückgeschickt werden.

Kustos Frank Bach

Nach 75 Jahren, in denen die alten Räumlichkeiten der Sammlung für die Öffentlichkeit unzugänglich und anderweitig genutzt wurden, befindet sie sich seit 2019 wieder an ihrer ursprünglichen Stelle. Ihr Ursprung reicht zurück bis zur Universitätssammlung sächsischer Gesteine, Erze und Mineralien von Christian Friedrich Ludwig aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Bestände wurden im Laufe der Jahre durch regelmäßige Schenkungen erweitert, darunter Beiträge des Britischen Museums für Naturgeschichte in London, des Nationalmuseums in Washington sowie zahlreiche private Sammlungen und neue Forschungsfunde. Eine entscheidende Bereicherung erfuhr die Sammlung durch die Gesteinssammlung der Geologischen Kartierung Sachsens, die unter der Leitung des Leipziger Geowissenschaftlers Hermann Credner bis 1895 zustande kam.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Sammlungsschrank mit Gesteinen der Sammlung
Sammlungsschrank mit Gesteinen der Geologischen Kartierung Sachsens, Foto: Stefan Krüger

Die ordnungsgemäße Instandhaltung der Sammlung wurde durch die Beeinträchtigung im Zweiten Weltkrieg stark erschwert. So wurde während der Bombardierungen Leipzigs zeitweise eine Kinderklinik in ihr errichtet, wobei ein großer Teil der Gesteine und Fossilien hastig ausgelagert und in Keller- und Dachbodenräumen untergebracht wurden. Viele der prähistorischen Schätze sind dabei durcheinandergekommen oder gar verloren gegangen. „Eine Leihgabe aus Schweden konnte erst mehrere Jahrzehnte nach dem Krieg wiedergefunden und zurückgeschickt werden“, so Kustos Frank Bach.

Erstfunde werden dann auch mal nach dem Forschenden selbst benannt.

Kustos Frank Bach

Seit über 30 Jahren engagiert sich der Museologe für den Erhalt, die Konservierung, Restaurierung sowie die Dokumentation und Leihgabe der Sammlungsstücke an nationale und internationale Forschungsteams. Die Stücke erlangen dabei nicht nur regionale, sondern auch internationale Anerkennung und spielen eine entscheidende Rolle in der globalen Klimaforschung. So liefern fossile Korallen, Blätter oder Gesteine wertvolle Informationen über Klimabedingungen und geologische Prozesse, die vor mehreren Millionen Jahren unsere Erde geprägt haben. Außerdem ermöglichen sie Prognosen für zukünftige Klimaentwicklungen. „Die Sammlungen haben als stoffliche Datenbanken für vergleichende wissenschaftliche Arbeiten im weltweiten Verbund wissenschaftlicher Forschungssammlungen eine große Bedeutung. Ein weiterer Nutzungsschwerpunkt der Sammlung liegt in der universitären Lehre und Forschung, etwa für Gesteinspraktika“.

Bei geologischen Ausgrabungen werden regelmäßig neue, noch nie zuvor entdeckte Fossilien, sogenannte „Erstfunde“ entdeckt und der Sammlung anvertraut. „Erstfunde werden dann auch mal nach dem Forschenden selbst benannt“, erzählt Frank Bach, der bereits Namenspatenschaften für mehrere Fossilien, etwa der Schnecke Carichium Bachi n.sp. innehat­.

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