Frau Anders, Hand aufs Herz: Wie nervös waren Sie am 22. Mai, dem entscheidenden Tag der Stadtratssitzung?
Ziemlich nervös. Einerseits kannte ich zwar den formalen Ablauf und mir war völlig klar, dass der Stadtrat meine Personalie noch bestätigen muss, nachdem das Auswahlverfahren abgeschlossen wurde. Da könnte dann der Stadtrat ein komplexes Auswahlverfahren mit der Auswahlentscheidung theoretisch nochmal aushebeln. Das ist in der Sächsischen Gemeindeordnung und in der Hauptsatzung der Stadt Leipzig so festgelegt, aber für mich war das dennoch etwas Neues. Und das ist mir relativ kurz vorher nochmal richtig bewusst geworden. Auf jeden Fall hat es zu meiner Nervosität beigetragen.
Wie kann man sich die Zeit zwischen Auswahlentscheidung und Bestätigung durch den Stadtrat vorstellen?
Man wird oft zu Gesprächen eingeladen. Es gibt Fraktionsgespräche, denn natürlich haben die Fraktionsmitglieder großes Interesse daran, die ausgewählte Person kennenzulernen. Die Auswahlkommission war zwar so zusammengesetzt, dass alle Fraktionen mitwirken konnten, aber natürlich nur mit einzelnen Personen. Das waren gute, spannende Gespräche.
Warum wechseln Sie denn zur Stadtverwaltung?
Zunächst einmal ist es ein großer Entwicklungsschritt und eine ganz tolle Möglichkeit, an die Erfahrungen, die ich hier an der Universität Leipzig sammeln durfte, unmittelbar anzuknüpfen. Die Aufgabe ist sehr interessant, gerade in Bezug auf die Wirksamkeit, die man als Amtsleiterin hat. Ich glaube, dass die Tätigkeit unmittelbarer in die Gesellschaft hineinwirkt, also sofort gesellschaftliche Auswirkungen hat oder ein gewisses Echo erzeugt. Diese unmittelbare Wirkung für die Stadtgesellschaft und damit das Gemeinwohl war der Hauptgrund, mich für die Stelle zu interessieren. Natürlich habe ich auch großen Respekt vor dieser Aufgabe, darüber habe ich auch nachgedacht. Aber die Freude an der Gestaltung, die Bandbreite der Aufgaben und die Herausforderung für mich persönlich – all das hat letztlich dazu beigetragen, dass ich mich beworben habe.
Was meinen Sie mit unmittelbarer Wirksamkeit?
Es geht darum, mit dazu beitragen zu können, dass die nötigen Stellen vorhanden und besetzt sind und die entsprechende Dienstleistung erbracht werden kann. Ob das in Kitas ist, im sozialen Bereich oder generell bei Versorgungsdienstleistungen. Die Leipziger:innen verlassen sich ja darauf, dass die öffentlichen Aufgaben auch in Zukunft trotz des zunehmenden Fachkräftebedarfs reibungslos, zügig und mit der gewohnten Sorgfalt ausgeführt werden. Es geht aber auch darum, die Rahmenbedingungen für gute Arbeit mitzugestalten. Gute Arbeit, das bedeutet für mich vor allem: gesundes Arbeiten, ein wertschätzendes Miteinander und passgenaue Entwicklungsmöglichkeiten.
Das heißt aber auch, dass Freunde und Nachbarn Sie künftig auf jede fehlende oder nicht funktionierende Dienstleistung ansprechen dürften.
Selbstverständlich, wobei das teilweise schon jetzt so ist.
Lassen Sie uns einen Blick zurückwerfen. Als sie hier angefangen haben, am 4. Mai 2020, war das ja in einer sehr speziellen Zeit, denn die Pandemie war in vollem Gange. Was ist Ihnen aus dieser Zeit am stärksten in Erinnerung geblieben?
Die Anfangsmonate fielen in eine gemäßigte Pandemie-Phase. Da haben wir ja alle noch gedacht, im Mai 2020, im Sommer 2020 ist es vorbei. Aber im Herbst kamen die Wellen zwei und drei. Meine erste positive Erinnerung an meine Anfangszeit fällt gleich auf meinen ersten Tag. Ich durfte meine Begrüßung des Dezernats im Paulinum machen, also im schönsten, repräsentativsten Raum der Uni. Dadurch konnte ich trotz der Kontaktbeschränkungen relativ viele Kolleg:innen aus dem Personaldezernat gleich am ersten Tag begrüßen. Das war ein schöner Start. Ansonsten war es natürlich sehr herausfordernd, gerade in meiner Anfangszeit. Bis ich alle mal persönlich in kleineren Runden gesehen und gesprochen habe, hat es lange gedauert. Das betrifft aber nicht nur das Personaldezernat, sondern die Universität insgesamt.
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