Nachricht vom

Nach 11 Jahren wird ein Wechsel an der Spitze der Universität Leipzig vollzogen. Prof. Dr. Beate Schücking übergibt ihren gut aufgeräumten Schreibtisch als Rektorin der zweitältesten Universität Deutschlands an ihre Nachfolgerin. In einem abschließenden Gespräch zieht sie ihre Bilanz über die Entwicklung der Alma mater Lipsiensis.

Welche Begegnungen haben Sie in den letzten 11 Jahren am meisten inspiriert?

Ganz am Anfang sicherlich die erste Begegnung mit unserem Senat, Sie müssen sich vorstellen, ich kannte ja noch niemanden. Also meine erste Begegnung mit dem Senat der Universität Leipzig, lauter mir völlig unbekannten Personen, war für mich ja enorm spannend: Dies sind die Menschen, mit denen zusammen ich die Universität gestalten kann. Und ich war mir dann relativ bald sicher, dass hier viele sind, die auch so etwas wie Aufbruchstimmung verspürten und einen großen Willen hatten, die Universität voranzuentwickeln. Das war insofern am Anfang sicherlich der wichtigste Punkt, dann sicherlich auch viele Gespräche mit den Studierenden. Exemplarisch, auch wenn er jetzt schon lange fertig studiert hat, möchte ich hier Marcel Wodniock nennen. Herr Wodniock war ein hoch engagierter Studierender, der viele Jahre im StuRa, in vielen Gremien, die Universität versucht hat, mit weiterzuentwickeln. Dafür bin ich ihm auch heute noch sehr dankbar. Auch eine spannende Begegnung war für mich, Michael Kretschmer als Bundestagsabgeordneten kennenzulernen, der die Wissenschaft im Osten unterstützen und stärken wollte und auf den wirklich Verlass war in diesem Zusammenhang. Und in ähnlicher Weise habe ich auch die Unterstützung durch Eva-Maria Stange als Ministerin in meiner zweiten Amtszeit erlebt, die sich ungemein eingesetzt hat, die Universität Leipzig gerade in den Feldern, in denen wir dann gewachsen sind, zu unterstützen.

  • "Mit Menschen die Weiterentwicklung gestaltet"

Können Sie uns die wichtigsten Entscheidungen während Ihrer Amtszeit benennen?

Am Anfang waren die Stellenkürzungen das ganz große Problem, und die wichtigste Entscheidung war, diese Stellenkürzungen strategisch vorzunehmen, auch wenn das bedeutete, Konflikte mit der Landesregierung auf sich zu nehmen, also für die Uni zu kämpfen und auch nicht klein beizugeben, sondern diese Konflikte auszuhalten. Das war, wenn ich nur an den damaligen Finanzminister denke, kein ganz einfaches Spiel.

Wo befinden sich die spannendsten Orte, die Sie mit Ihrer Amtszeit verbinden?

Leipzig ist eine faszinierende Stadt, die ich von Anfang an, wie viele andere auch, sehr schätzen gelernt habe. Natürlich sind mir die Orte in der Universität besonders ans Herz gewachsen, also das Augusteum, das Paulinum, dann natürlich auch der Neubau des Forschungszentrums iDiv, um den ich wirklich gekämpft habe und der nicht leicht zu erhalten war, inklusive Forschungsgewächshaus. Das wird mir sicher alles ganz lange in Erinnerung bleiben. Und daneben gibt es in Leipzig natürlich auch viele schöne grüne Stellen, an denen ich mich gerne aufgehalten habe.

Gibt es Personen, die Ihnen in den letzten Jahren besonders wichtig waren?

Das Faszinierende an einer Universität ist natürlich die Vielfalt. Und man kann gar nicht alle Personen aufzählen, das ist ganz klar. Es gibt immer wieder neue, auch hochinteressante Persönlichkeiten hier an unserer Universität. Aber ganz besonders wichtig sind natürlich diejenigen, mit denen eng zusammengearbeitet wird. Ich war unglaublich froh und zufrieden über mein erstes Team in der ersten Amtszeit, hoch engagierte Prorektoren, die diese schwierigen Phasen mit mir gemeinsam durchgestanden sind, beispielsweise Professor Schwarz, der sich der Aufgabe einer Forschungsevaluation insgesamt gestellt hat, mit externen Gutachtern, oder dann Professor Altmayer und später Professor Hofsäss, die sich der ebenfalls sehr aufwendigen und komplizierten Frage der Systemakkreditierung gestellt haben, der Weiterentwicklung der Studiengänge. Also es sind schon diejenigen, mit denen man eng zusammenarbeitet, die natürlich ganz besonders wichtig sind.

  • "Prozentsatz von Professorinnen erhöhen"

Was macht eine Rektorin? Welche Stellschrauben in einer Universität aber auch in der Hochschulpolitik kann sie justieren und welche nicht?

Also ich denke, wir haben gerade in der Forschungsentwicklung sehr viel erreichen können. Das ist dann von Prorektor Schwarz zu Prorektor Schröger regelrecht in eine Blütezeit gekommen. Die Weiterentwicklung der Studiengänge, die Klärung vieler offener Fragen im Bologna-Prozess, das sind alles Dinge, auf die wir insgesamt als Team gemeinsam stolz sein können. Auch dass es Professor Lenk gelungen ist, eine Transferstrategie zu entwickeln, Transfer überhaupt ins Bewusstsein der Universität zu bringen - das war ja auch der Grund dafür, dass er als Prorektor für Entwicklung und Transfer eingesetzt wurde - ist sicher ein Meilenstein gewesen. Und gleichzeitig gab es ja auch die Anforderungen des Ministeriums, zum Beispiel einen Hochschulentwicklungsplan aufzustellen, oder jetzt in der unmittelbar zurückliegenden Zeit, die Anforderungen der Selbststeuerung gemeinsam mit der Kanzlerin und der ganzen Verwaltung zu stemmen – auch das eine ungemein spannende Aufgabe. Ja, es bleiben immer weitere Bereiche, von denen man denkt, hier könnte man noch mehr tun. Ich bin noch nicht zufrieden mit dem Prozentsatz von Professorinnen, gerade in den klassischen Fakultäten. Wir haben einen sehr guten Anstieg des Anteils der Professorinnen insgesamt. Aber wenn wir noch mal in die Stammfakultäten schauen, beispielsweise zu den Theologen, dann stellen wir fest, da kann es noch vorangehen. Auch in meinem eigenen Fach der Medizin komme ich mir manchmal vor wie Cicero mit dem bekannten Ausspruch, der immer wieder wiederholt werden muss, bis sich dann irgendwann vielleicht auch was bewegt.

Welche Köpfe waren und sind für eine nationale und internationale Sichtbarkeit der Universität wichtig?

Gerade für die Exzellenzwettbewerbe ist es inzwischen sehr wichtig geworden, dass hochrenommierte, international sichtbare Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität sind. Und solche haben wir gewinnen können. Wir haben inzwischen auch Wissenschaftler:innen, die Leibniz-Preise gewonnen haben. Wir haben Wissenschaftler:innen mit ERC Grants, und über alle die bin ich sehr froh. Auf die setze ich auch große Hoffnungen, dass sie mit dazu beitragen können, die Exzellenzentwicklung der Universität weiterzuführen.

  • "Präsenz gehört zum akademischen Leben"

Sie legen viel Wert auf das akademische und das studentische Leben. Was gehört für Sie dazu, dass es Spaß macht, hier in Leipzig zu studieren, zu lehren und zu forschen?

Dazu gehört tatsächlich ganz vieles, was eigentlich nur in Präsenz geht. Ja, wir haben ja nun durchaus zwei harte Jahre als Universität hinter uns, genauso wie alle Menschen in Deutschland und den umgebenden Ländern sie auch hinter sich haben. Also zum akademischen Leben gehört, sich direkt austauschen zu können, Brainstorming zu machen, auch mal außerhalb der Universität oder in einem lockeren Rahmen, wie wir das zum Beispiel im Leibniz-Club möglich gemacht haben, und wie wir es glücklicherweise vor gar nicht langer Zeit auch zum ersten Mal seit der Pandemie dann wieder durchgeführt haben.

Was geben Sie den Studierenden, Lehrenden und Forschenden der Universität Leipzig mit auf den Weg?

Es geht immer darum, neugierig zu bleiben, offen zu bleiben, Chancen zu sehen, zu entdecken, auch Menschen zusammenzubringen. Und das wird in der augenblicklichen Zeit, die nun überschattet ist von den Kriegsereignissen in der Ukraine, vermutlich eher noch wichtiger werden. Wir werden als Universität unterstützen und Ideen entwickeln, wie wir besonders gezielt helfen können.

Wen braucht es an der Seite einer Rektorin?

Es braucht alles Mögliche. Es braucht vor allen Dingen ein so gut zusammenarbeitendes Büro, wie ich es habe, und dem ich außerordentlich dankbar bin, dass wir so viele Jahre gut zusammengearbeitet haben. Ab und zu brauche ich auch meinen Vierbeiner, dann aber eher für die Outdoor-Aktivitäten.

 

Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Ihr Kommentar

Hinterlassen Sie gern einen Kommentar. Bitte beachten Sie dafür unsere Netiquette.