Auch wenn man für bestimmte Namen gerne Vorbilder oder Motive der Benennung angibt, so kann natürlich nicht allen Eltern, die ihre Töchter in diesem Jahr Katrin oder Kathrin [Aussprache wohl meist: Kátrin] nannten, unterstellt werden, dass der Kinofilm „Bonjour, Kathrin“ [zu sprechen: Katrín], der 1956 ein großer Erfolg in der DDR war, ihr Motiv war. Aber der in Paris spielende Film mit Caterina Valente, Peter Alexander und unter anderem ihrem Bruder Silvio Francesco war sicherlich der Auslöser für das Bekanntwerden und später die Beliebtheit dieser (in der Aussprache) französischen Form des Namens Katharina. Die Beliebtheitskurve für Kathrin (eingedeutschte Form von französisch Cathérine) bestätigt unsere Rechercheergebnisse dahingehend, dass der Name nach 1956, als der Film „Bonjour, Kathrin“ zum Beispiel in Dresden fünfmal täglich ausverkauft gewesen sein soll, deutlich an Beliebtheit zunahm. Im Jahr 1957 erhielt Caterina Valente im deutschen Fernsehen sogar ihre eigene Fernsehshow (Bonsoir, Kathrin!), von der bis 1964 zehn Folgen produziert wurden. In vielen Gebieten der DDR konnten diese Sendungen gesehen werden.
1969 geborene Studentinnen hießen häufig Katrin und Annett
Neben Kathrin spielen Sylvio [Aussprache: Silvio] und Pierre im Film eine Rolle, auch diese Namen kommen nach dem Film in Gebrauch, können aber nie Spitzenpositionen erreichen (Silvio 1969: viermal immatrikuliert).
2020, im 30. Jahr der Deutschen Einheit werden wir häufig zum Thema „DDR-Namen“ oder besser zu Namen, die in der DDR gern vergeben wurden, befragt. Gemeint werden damit oft Ronny, Mandy, Cindy, Peggy und andere, die auch noch als Unterschichtennamen bezeichnet werden beziehungsweise eben als „Namen mit Ostfaktor“. Für Träger dieser Namen ist die DDR nicht vorbei, sondern es bleibt ein Leben lang der Marker “sicher in der DDR geboren“ mit unterschiedlichen Konsequenzen. Auch seriöse Zeitungen titeln gern zum Thema „Ost-Namen“ (zum Beispiel DIE ZEIT, die Träger dieser konnotierten Namen Mandy, Sandy, Ronny, Peggy hinsichtlich ihres beruflichen Erfolgs interviewte). Unsere Namen von 1969 zeigen noch ganze andere Vornamen, die in Ostdeutschland deutlich beliebter waren als in Westdeutschland.
Das Kartierungsprogramm, das das Rechenzentrum der Universität Leipzig für uns entwickelt hat, bildet regionale Vorlieben ab. Das Programm basiert auf Telefonanschlüssen von 1996, womit Geburtsjahrgänge bis 1978 erfasst sind. Die Karten zeigen unter anderem, welche Namen bevorzugt in der DDR vergeben wurden. Man erlebt dabei Überraschungen, und es ergeben sich natürlich auch Fragen. Zum Beispiel: Warum war der Name Ines so beliebt in der DDR? Welche Motive oder Namenvorbilder gab es in dieser Zeit? Welche der 20 häufigsten weiblichen Namen (Daten Uniarchiv) wurden eigentlich bevorzugt im Ostteil Deutschlands vergeben? Eine Auswahl (die fett gesetzten Namen) findet sich hier:
Geburtsjahrgang 1969 weibliche
1. Katrin | 96 |
2. Annett | 73 |
3. Claudia | 62 |
4. Kathrin | 60 |
5. Heike | 51 |
6. Antje | 50 |
7. Sabine | 49 |
8. Kerstin | 49 |
9. Ines | 46 |
10. Anja | 46 |
11. Anke | 44 |
12. Ulrike | 43 |
13. Susanne | 42 |
14. Ute | 38 |
15. Cornelia | 38 |
16 .Jana | 36 |
17. Andrea | 36 |
18. Silke | 34 |
19. Simone | 32 |
20. Grit | 31 |
Thomas und Frank waren die männlichen Favoriten
Abschließend noch die 20 häufigsten männlichen Vornamen von Studierenden unserer Universität:
Thomas | 87 |
Frank | 52 |
Michael | 51 |
Jens | 46 |
Andreas | 40 |
Matthias | 33 |
Dirk | 33 |
Jörg | 32 |
Torsten | 29 |
Christian | 29 |
Steffen | 26 |
Ralf | 25 |
Sven | 24 |
Stefan | 24 |
Holger | 23 |
Markus | 22 |
Andre | 19 |
Alexander | 19 |
Peter | 18 |
Lutz | 14 |
Der Spitzenreiter Thomas, ein aus der Bibel übernommener Vorname, der auf einen Beinamen aramäischen Ursprungs mit der Bedeutung „Zwilling“ zurückgeht, fand als Name des Apostels Thomas bereits im früher Mittelalter Eingang in die Namengebung und gehört seitdem zu den geläufigen Namen. Er war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert besonders beliebt. Das lässt sich auch mit den Namen des Universitätsarchivs abbilden.
Steffen ist „typischer DDR-Name“
Gründe für die Beliebtheit sind nicht immer einfach zu rekonstruieren. Manche Namen kamen einfach „in Mode“ und zwar in ganz Deutschland. Vergleicht man die häufigsten Namen der männlichen mit denen der weiblichen Studierenden, so bilden die männlichen weniger deutliche Areale, und man kann nur einen „typischen DDR-Namen“ unter den 20 häufigsten ausmachen. Lediglich bei Steffen, einer Nebenform von Stephan (griechisch „Kranz, Krone“), dem Namen des „Erzmärtyrers“, kann man die Grenzen der DDR nachzeichnen, alle anderen Namen bilden eher eine Nordost-Südwest-Abstufung.
Die Erforschung von Namen ist ein spannendes interdisziplinäres Forschungsfeld, und jeder einzelne Name ist als Zeitzeichen eine ausführliche Abhandlung wert. Wir haben uns hier auf Andeutungen zu den häufigsten beschränken müssen. Gern hören wir aber Ihre Namengeschichten, als Namenträger oder Namengeber, und verfassen Namengutachten zu Ihren Namen. www.namenberatung.eu
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