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Als Humboldt-Professor Jens Meiler kürzlich mit Studierenden und Postdocs auf dem Rückweg von einer Tagung in Mainz war, erreichte ihn die erfreuliche Nachricht: Sein langjähriger Kollege und Freund, Biochemiker David Baker von der University of Washington in Seattle (USA) bekommt den diesjährigen Nobelpreis für Chemie! Sofort jubelten Meiler und seine Mitstreiter, kauften eine Packung Schokoriegel, stießen damit symbolisch auf den Riesen-Erfolg Bakers an und schickten den Schnappschuss zusammen mit ihren Glückwünschen per Mail an den Biochemiker, dessen Name nun in der ganzen Welt bekannt ist.

Der gebürtige Leipziger Jens Meiler, der zu den weltweit renommiertesten Forschern im Bereich der computergestützten Wirkstoffentwicklung zählt und seit 2019 als Humboldt-Professor an der Universität Leipzig tätig ist, hat zu diesem Erfolg seines früheren Mentors David Baker selbst einen nicht geringen Teil beigetragen. „Ich habe bei David Baker von 2001 bis 2005 meinen Postdoc gemacht und dort auch einen Teil des Computercodes programmiert, für den er jetzt den Nobelpreis bekommt. So ein Nobelpreis ist fast immer ein Team-Effort. Das ist auch hier der Fall“, betont der Humboldt-Professor, der mit seinem Institut für Wirkstoffentwicklung mithilfe von digitalen Simulationen und künstlicher Intelligenz Proteine modelliert, die attraktive Ansatzpunkte für eine Vielzahl von Medikamenten bilden. „Wir verfolgen diese Forschungsrichtung sehr aktiv im Institut für Wirkstoffentwicklung, haben mehrere Großprojekte in Richtung Proteindesign initiiert“, so Meiler. 

Nobel-Preis – Vorahnung schon vor über 20 Jahren

Als er 2001 nach seiner Promotion in die Arbeitsgruppe von Baker nach Seattle ging, hatte er zuvor mehrere andere Angebote abgelehnt. Bei Baker, so erinnert sich Meiler, habe er sich wissenschaftlich und menschlich am besten aufgehoben gefühlt. „Wir sind persönlich auf einer Wellenlänge. Er ist ein Spitzenmensch“, lobt Meiler. Gemeinsam mit Baker und acht anderen Mitstreiter:innen ging er damals bereits das Problem der Proteinfaltung und des Proteindesigns an – und hatte schon zu diesem Zeitpunkt eine Vorahnung, dass Baker dafür einmal den Nobel-Preis bekommen würde.

„Im menschlichen Körper synthetisieren und falten sich täglich millionenfach Proteine. Wir schreiben Computerprogramme, die diesen Prozess vorhersagen“, erklärt Meiler seine Forschung. Das, so sagt er, sei immer die größte Herausforderung gewesen. Baker habe dafür bereits damals den meistversprechenden Ansatz gehabt. „Das war damals relativ einmalig. Wir haben sogar schon künstliche Intelligenz genutzt“, erinnert sich Meiler. Auch privat habe er viel Zeit mit Baker und den anderen Forschenden des Arbeitskreises verbracht. Wandern und feiern seien damals an der Tagesordnung gewesen. „Ich habe viele Fotos von unserer Abschiedsparty“, erzählt Meiler. Ebenso wie er habe jede(r) seiner jungen Kolleg:innen aus Bakers Arbeitskreis im Jahr 2005 eine eigene Professur an einer US-amerikanischen Universität erhalten. 

Forschungsnetzwerk Rosetta Commons verbindet Expertise

Um trotzdem weiter am Proteindesign feilen zu können, rief Baker das Forschungsnetzwerk Rosetta Commons ins Leben, auf dem alle mittlerweile über 1.000 Mitstreiter Baker gleich auf der Startseite zum Nobelpreis gratulieren. Über diese Community tauschen sich die Forschenden aus. Seit Meiler an der Universität Leipzig forscht und lehrt, ist auch die Uni Leipzig ein Teil dieses Netzwerks. „Über Rosetta Commons hat er uns alle zusammengehalten. David ist ein Teamplayer“, sagt Meiler. Gerade entwickeln er und sein Team in Leipzig übrigens eine Software für Impfstoffe gegen Viren, die einmal pandemisch werden können.

Meiler pflegt auch heute noch die Freundschaft mit Baker, den er mindestens zweimal jährlich auf Konferenzen oder Workshops trifft. Das Wiedersehen, weiß er, ist dann immer sehr herzlich. Was die Entwicklung von Algorithmen für die Proteinfaltung und das Proteindesign angeht, so gebe es für die Forschenden nach wie vor viel zu tun, sagt Jens Meiler.

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