Fabian Liessmann sprudelt vor Ideen, wenn er über AI-Driven Therapeutics spricht. Der Plan: Mit einem KI-gesteuerten Co-Wissenschaftler Unternehmen bei der Entwicklung neuer Arzneimittel unterstützen. Gemeinsam mit drei weiteren Doktoranden am Institut für Wirkstoffentwicklung der Medizinischen Fakultät, Ivan Ivanikov, Paul Eisenhuth und Felipe Engelberger, hat er kürzlich ein Startup gegründet. Im Fokus steht Proteindesign. Diese Methode ermöglicht es, maßgeschneiderte Proteine mit spezifischen Eigenschaften zu erschaffen, wodurch neue Therapien und Materialien entwickelt werden.
Der Protein-Design-Assistent des Leipziger Startups ist eine KI-gestützte Plattform, die autonom funktionieren soll. Aufgaben, die im Normalfall Wochen dauern, könnten innerhalb weniger Stunden gelöst werden. Dafür greift das Programm auf große Datenmengen und Modelle zu, die wissenschaftlich validiert sind. „Einfach ausgedrückt, entwickeln wir eine Art ChatGPT für Proteindesign: eine Plattform, die durch die Bereitstellung spezifischer Softwaretools einen eigenständigen Co-Wissenschaftler schafft – ein kollegialer Partner, der mehr als nur ein Werkzeug ist“, erklärt der Pharmazeut Liessmann.
Humboldt-Professor als Mentor
Ein Beispiel für die künftige Arbeit des digitalen Super-Brains: Um die Bindung eines Antikörpers zu optimieren, können verschiedene Aminosäuren in diesem Protein ausgetauscht werden. Pro Mutationen stehen 20 natürliche Aminosäuren zur Verfügung, was diese Aufgabe kombinatorisch sehr komplex macht. Bei sechs zu mutierenden Positionen gibt es schon 64 Millionen Kombinationen. Würden Forschende alle Mutanten im Labor testen, würde das extrem viel Zeit in Anspruch nehmen. „Unser Co-Wissenschaftler kann innerhalb einiger Stunden am PC vorhersagen, was am logischsten ist und zueinander passt“, erklärt Liessmann. Einige der Methoden, die dahinterstecken, kommen vom diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger David Baker. Bei diesem Biochemiker wiederum hat der Leipziger Humboldt-Professor Jens Meiler vor 20 Jahren seinen Postdoc absolviert. Der jetzige Leiter des Instituts für Wirkstoffentwicklung steht den jungen Forschenden der Medizinischen Fakultät als fachlicher Mentor zu Seite.
Für das Projekt wird das Team seit Oktober mit dem EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz in Höhe von 120.000 Euro gefördert. Innerhalb des nächsten Jahres will das Gründungsteam nun Pilotkunden finden, an denen ihr KI-Wissenschaftler seine Prozesse üben und verbessern kann. Gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt es an den passenden Computermethoden für Proteindesign. Doch Sachsen ist ein großer Biotech-Standort, die Möglichkeiten für den Startup scheinen grenzenlos.
„Man kann nicht alles wissen“
Ziel des jungen Teams: Bis Herbst 2025 den Co-Wissenschaftler so weit entwickelt zu haben, dass er auf dem Markt nutzbar ist. Der Kontakt zur Universität Leipzig soll eng bleiben. Derzeit unterstützt das ScaDS.AI, Zentrum für skalierbare Datenanalyse und künstliche Intelligenz, die jungen Gründer mit der notwendigen Infrastruktur. „Wir wollen als Startup unsere Leute weiter an der Medizinischen Fakultät und dem ScaDS.AI rekrutieren“, sagt Liessmann. Das Team von AI-Driven Therapeutics wurde durch die Gründungsinitiative der Universität Leipzig SMILE von Beginn an betreut. Fabian Liessmanns Tipps an Menschen der Universität, die selbst ein Startup gründen wollen: „Den Mut finden, Ideen zu verfolgen, frühzeitig Netzwerke aufbauen und ein interdisziplinäres Team zusammenstellen. Man kann nicht alles wissen und selbst machen.“
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