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„Stellt euch vor, eure Erzieherin verteilt Lollis. Ihr seid das letzte Kind in der Warteschlange, und es ist nur noch ein Lolli übrig. Ihr schubst das Kind vor euch aus der Warteschlange und bekommt den Lolli. Wie würdet ihr euch dabei fühlen“, fragt Forscherin Dr. Katrin Rothmaler die Fünfjährigen in der Leipziger Kita Am Elsterbecken, die um sie herum sitzen und sie mit großen Augen anschauen: „Nicht gut!“ ist die einhellige Meinung der Kinder. „Das wäre gemein“, ruft Emma entrüstet. Fragerunden wie diese tragen dazu bei, die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder zu erforschen. Dies ist ein wichtiges Ziel des Humboldt Wissenschaftszentrums für Kindesentwicklung der Universität Leipzig unter der Leitung von Professorin Tina Malti. In dem Fröbel-Integrationskindergarten auf dem Campus Jahnallee in unmittelbar Nachbarschaft zur Erziehungswissenschaftlichen Fakultät wird praxisnah geforscht und niedrigschwellig zusammengearbeitet. Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Sachsens Kultusminister Christian Piwarz besuchten am Donnerstag (25. Juli) die in Sachsen einzigartige Kindertagesstätte.

„Wir wollen die Entwicklung jedes Kindes bestmöglich fördern“, betont Malti, als sie Paus und Piwarz ihr Forschungskonzept erläutert. Ihr und ihrem Team gehe es um Forschung, die die Praxis beeinflusst und die Kinder gut auf die Schule vorbereitet. Ihre Kollegin Rothmaler bereitet gerade dazu die „Liebkindstudie“ vor, die im kommenden Jahr starten und erforschen soll, „wie sich das Gute im Menschen entwickelt“. Die junge Forscherin hat den Lolli-Test übrigens auch schon mit ihrer dreijährigen Tochter gemacht. Die Kleine, so sagt sie, hätte sich bei dem Gedanken, den letzten Loli ergattert zu haben, super gefühlt. Das Schuldgefühl, erklärt die Forscherin, präge sich erst zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr aus.

Seit einiger Zeit läuft bereits unter Maltis Leitung in Zusammenarbeit mit der Kita Am Elsterbecken eine Langzeitstudie zur sozial-emotionalen, kognitiven, sprachlichen und motorischen Entwicklung der Mädchen und Jungen verschiedener Altersgruppen. Dazu werden auch die Eltern der Kinder befragt. Die Forschenden arbeiten mit ihnen und dem Kita-Personal eng zusammen. „Wir erforschen unter anderem, wie gut sich die Kinder in andere Kinder hineinversetzen und das auch ausdrücken können“, berichtet Malti, die die Empathie der Knirpse schulen möchte. Diese, so sagt sie, sei auch wissenschaftlich messbar. Es werden wissenschaftliche Konzepte unter anderem für die Erzieherinnen erarbeitet, damit sie diese sozialen Kompetenzen der Kinder noch besser fördern können.

Kita-Leiterin Eike Kruczynski, bringt das gewinnbringende Miteinander auf den Punkt: „Nur eine Tür trennt hier Theorie und Praxis voneinander.“ Bundesfamilienministerin Paus zeigt sich beeindruckt von dem besonderen Konzept der Kita, die 81 Kindern Platz bietet. In einem abgedunkelten Raum mit großem Fenster, von dem aus Besucher:innen die wissenschaftlichen Studien ohne Störung der Kinder beobachten können, lobte sie die Forschungsarbeit zur sozial-emotionalen Entwicklung der Jüngsten. Diese sei „lange vernachlässigt“ worden. 

Kinder wünschen sich „Regenbogenglitzerrutschen-Turm“ und Garten mit Hochbeet 

Sichtlich Spaß haben die Politiker:innen am Morgenkreis einer Kindergruppe. Paus setzt sich mit Alicia, Jakob und anderen Kleinen auf den Boden, stellt ihnen Fragen und berichtet aus ihrer eigenen Kindheit: Sie sei früher super gern auf Bäume geklettert. Überhaupt nicht gemocht habe sie dagegen, wenn sie den Rasen mähen musste. Aufmerksam befragen die Kinder die Besucher Piwarz und Paus zu ihren „Berufen“. Wie der Tag einer Ministerin aussehe, will ein Kind zum Beispiel wissen. Die Mädchen und Jungen überreichen ihr und Piwarz selbst gemalte Bilder von Dingen, die sie sich in einer guten Kita wünschen. Von einem großen Garten mit einem Hochbeet über einen Drachen, ein Klettergerüst, ein Schwimmbad bis hin zu einem „Regenbogenglitzerrutschen-Turm“ ist alles dabei. „Das habt ihr super gemacht“, lobt Piwarz die Kreativität der Knirpse. Er und Paus hatten auch Geschenke für die Kinder im Gepäck: Spiel- und Malsachen, Bälle, Bücher und andere spannende Dinge.

Nach 90-minütigem Trubel zieht in der Forschungs-Kita Am Elsterbecken gegen Mittag wieder der gewohnte Alltag ein. Emma, Alicia, Jakob und die anderen Kinder gehen zum Mittagessen in ihre Mensa mit den Mini-Stühlen und später zum Toben raus ins Freie.

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