Seit dem Mittelalter waren Insignien an den Universitäten Würde- und Hoheitszeichen, die die privilegierte Stellung der Institution innerhalb der Gesellschaft sichtbar machen sollten. So wie die Krone des Königs oder der Stab des Bischofs stehen sie für Macht und Selbstverwaltung. Auch unsere Universität verfügt über Insignien: die Universitätszepter aus dem Jahr 1476, die in der Dauerausstellung in der Kunstsammlung im Rektoratsgebäude ausgestellt werden oder die Siegel und kostbaren Matrikel- und Statutenbücher aus verschiedenen Jahrhunderten im Universitätsarchiv. Obwohl die Rektorkette unserer Universität, wohl auch wegen ihrer Gestaltung im Stil der Neorenaissance, ebenfalls wie eine altehrwürdige Insignie aus der Gründungszeit wirkt, ist sie erst im 19. Jahrhundert entstanden.
Der Ursprung der Rektorketten ist wohl in den „Gnadenketten“ begründet – von den Landesherren verliehene Auszeichnungen, die allerdings einer bestimmten Person und nicht einem Amtsträger galten. Sie hatten als Anhänger häufig eine Medaille oder ein Medaillon mit dem Bild des jeweiligen Herrschers. Bei den Rektorketten handelt es sich jedoch um Amtsketten, die an die Funktion gebunden sind und von einem Amtsinhaber, von einem/r Rektor/in zum/zur nächsten weitergereicht werden. Ähnliche Ketten sind auch für das Amt des Bürgermeisters üblich. Der genaue Ursprung der Rektorketten ist bisher nicht geklärt, sie wurden wohl ab dem 16. Jahrhundert vereinzelt eingeführt und im 19. Jahrhundert, auch in Zusammenhang mit einigen Universitätsneugründungen, zu einem neuen Standard.
Im Auftrag des Königs von Sachsen: Eine Kette aus 14-karätigem Gold, Rubinen und Smaragden
Die Rektorkette der Universität Leipzig wurde 1855 im Auftrag König Johanns von Sachsen (1801—1873) ein Jahr nach seinem Regierungsantritt geschaffen. Er hatte eine enge Bindung zur Leipziger Universität, die seit 1830 in Folge der sächsischen Staatsreformen zur Landesuniversität erklärt worden war. Schon von Kindesbeinen an war er immatrikuliert, hat aber nie ein Universitätsstudium absolviert. Jedoch hatte er ein ausgeprägtes wissenschaftliches Interesse, beschäftigte sich mit Geschichte und Sprachstudien, und seine Dante-Übersetzungen aus dem Italienischen, der „Göttlichen Komödie“ und des „Inferno“, wurden in wissenschaftlichen Kreisen hoch gelobt. Der König soll die Kette aus seiner Privatschatulle finanziert haben und überreichte sie als Geschenk, als „Zeichen des Bandes zwischen Universität und Königshaus“ am 27. Dezember 1855 in Dresden feierlich einer Deputation, bestehend aus dem Rektor und den Dekanen der vier Fakultäten.
Die wertvolle Kette besteht aus 14-karätigem Gold und ist mit Rubinen und Smaragden besetzt. In der Mitte befindet sich ein großes Schmuckschild mit dem als Emailarbeit ausgeführten großen Universitätswappen mit den Heiligen Laurentius und Johannes dem Täufer unter einem gotischen Baldachin. Darunter ist die Bildnismedaille des Stifters, König Johann von Sachsen, angehängt. Erst im Jahr 1909, zum 500jährigen Jubiläum der Universität, wurden seitlich zwei weitere separate Bildnismedaillen angefügt: Sie zeigen links das Porträt des damaligen sächsischen Königs Friedrich August (links) sowie rechts des Markgrafen von Meißen Friedrich der Streitbare (rechts), des wichtigsten Förderers der Universität im Zusammenhang mit ihrer Gründung 1409. Der Entwurf der Kette geht auf den Dresdener Künstler Hermann Wiedemann zurück, die Ausführung war dem Leipziger Goldschmiedeatelier Th. Strube und Sohn übertragen worden.
Eine Kette zu besonderen Anlässen
Die Kette darf nur von dem/der Amtsinhaber:in zu besonderen Anlässen getragen werden. Zur Investitur wird sie feierlich angelegt. Damit das wertvolle Original geschont wird, wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine Replik angefertigt. In Silber ausgeführt, aber feuervergoldet, unterscheidet sie sich auf den ersten Blick kaum vom Original. Nur wer ganz genau hinsieht, kann den Unterschied erkennen: Bei der Kopie besteht der Vierpass um das Universitätswappen herum nicht aus Rubinen sondern aus Goldperlen. So ist die Rektorkette der Leipziger Universität heute also beides, Museumsstück und Gebrauchsobjekt: das wertvolle Original wird als Museumsobjekt in der Dauerausstellung der Kustodie gezeigt, die Replik verleiht weiterhin als Insignie dem Rektor/der Rektorin bei universitären Feiern und Festakten eine ganz besondere Würde.
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