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Elternschaft als einen wichtigen Bereich der sozialen Teilhabe im Kontext psychischer Erkrankungen noch besser verstehen und qualitative Forschungsansätze in der psychiatrischen Forschung weiter stärken – diesen spannenden Aufgaben widmet sich Silvia Krumm. Seit 1. Oktober 2024 ist die gebürtige Baden-Württembergerin als neuberufene Professorin für Sozialpsychiatrische Teilhabeforschung an der Medizinischen Fakultät tätig.

Was haben Sie studiert?

Zunächst habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester am Psychiatrischen Landeskrankenhaus in Emmendingen gemacht und war anschließend am Klinikum Steglitz in Berlin beschäftigt. Mein Abitur habe ich dann auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und von 1995 bis 2001 Soziologie und Geschichte mit Schwerpunkt Medizingeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg studiert.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten Stationen?

Als studentische Hilfskraft war ich am Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen in Freiburg in spannende Projekte eingebunden, vor allem zum Thema Gesundheit von Frauen. Nach meinem Abschluss konnte ich dort nahtlos als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in Projekten zur Familienplanung von Frauen und Männern weiter forschen. Durch die Zusammenarbeit mit der Institutsleiterin Prof. Cornelia Helfferich habe ich dort auch die Qualitative Forschung als faszinierende empirische Methode kennengelernt. 

Mit dem Wechsel 2003 an die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg konnte ich mein Interesse für die Frauengesundheitsforschung und Familiensoziologie weiter ausbauen und meine qualitativen Methodenkenntnisse auf sozialpsychiatrische Fragestellungen anwenden. Ich habe dort die Arbeitsgruppe „Qualitative Sozialforschung“ aufgebaut und wir haben eine Vielzahl an Drittmittelprojekten zu Geschlecht, Elternschaft oder Gewalterfahrungen im Kontext psychischer Erkrankungen durchgeführt. Von 2013 bis 2014 war ich an der Hochschule Fulda mit einer Vertretungsprofessur „Gemeindepsychiatrie“ im Fachbereich Soziale Arbeit tätig.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet?

Mich fasziniert die Perspektive auf psychische Erkrankungen an der Schnittstelle von Medizin und Sozialwissenschaft. Auch wenn biologische Faktoren eine Rolle spielen, sind die sozialen Aspekte zentral für ein umfassendes Verständnis von psychischen Erkrankungen. Zum einen sind sie vielfach sozial bedingt. Wir wissen heute zum Beispiel viel über die Rolle von Gewalterfahrungen in der Kindheit bei der Entstehung psychischer Erkrankungen. Zum anderen lassen sie sich nicht durch objektive Parameter wie etwa Bluttests bestimmen. Psychiatrisches Wissen basiert auf einem intersubjektiven Verständnis, das wiederum eng an den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext geknüpft ist. Psychiatrische Diagnosen sind soziale Konstruktionen. Die jeweiligen Normen und Werte einer Gesellschaft bestimmen auch den Umgang mit betroffenen Menschen und sie geben einen Rahmen vor, in dem Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose ihr Leben gestalten. 

Im Rahmen der Stiftungsprofessur beschäftige ich mich mit Fragen zur sozialen Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Dabei interessieren mich die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung und Partizipation in allen Gebieten ihres Lebens, zum Beispiel in Bezug auf Arbeit und Elternschaft. 

Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?

Ich möchte Elternschaft als einen wichtigen Bereich der sozialen Teilhabe im Kontext psychischer Erkrankungen noch besser verstehen. Außerdem würde ich gerne dazu beitragen, Angebote für Eltern zu entwickeln, auch im Falle eines Sorgerechtsentzugs oder im Umgang mit gesundheitsbedingt ungewollter Kinderlosigkeit. 

Ein weiteres Ziel ist es, qualitative Forschungsansätze in der psychiatrischen Forschung weiter zu stärken und zu deren weiteren Etablierung beizutragen. Besonders sinnvoll können zum Beispiel biografische Interviews sein um verstehen, wie sich Gewalterfahrungen im Lebensverlauf aufschichten und wie dies den Umgang mit der Erkrankung bestimmt. Ebenso soll die partizipative Forschung von Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung gefördert werden. 

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

Ein Schwerpunkt wird die Vermittlung von Methoden der qualitativen Sozialforschung sowie der theoretischen und praktischen Grundlagen von Sozialer Teilhabe sein. Medizinstudierende sollen für die sozialen Bezüge psychischer Erkrankungen sensibilisiert werden und ein Verständnis entwickeln für die Bedeutung von Sozialer Arbeit und die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit. 

Die Universität Leipzig ist für mich…?

… der Ort, über den ich rückblickend einmal sagen möchte: “Wie schön, dass ich hier arbeiten durfte und viele Ideen und Projekte umsetzen konnte!“ 

Verraten Sie uns bitte noch wann und wo Sie geboren sind?

In der Silvesternacht 1968 in Südbaden. 

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