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„Warum wir sprechen, was Sprache strukturell und funktional zusammenhält und wie der Mensch Sprache(n) erwirbt“ – diese und weitere Fragen treiben Dr. Katrin Wisniewski um. Seit dem Sommersemester 2023 hat die Sprachwissenschaftlerin die Gerhard-Helbig-Professur für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache am Herder-Institut inne. Im Unimagazin stellt sie sich vor und sagt auch: „Der Einsatz von Sprachtests kann drastische Folgen haben, zum Beispiel in Migrationskontexten oder beim sprachlichen Hochschulzugang. Solche Verfahren müssen deshalb auf mehreren Ebenen (linguistisch, methodisch) sehr gut fundiert sein.“ Unter anderem auch dafür möchte sie ihren wissenschaftlichen Beitrag leisten.

Was haben Sie studiert – und wo?

Ich habe in Dresden Romanistische Sprachwissenschaft, Politikwissenschaft und Neuere/Neueste Geschichte studiert, in Leipzig dann Deutsch als Fremdsprache.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?

Nach einigen Jahren an meiner Alma Mater TU Dresden war ich als Akademische Assistentin am Herder-Institut der Universität Leipzig beschäftigt, bevor ich zunächst eine Vertretungsprofessur an der Justus-Liebig-Universität Gießen übernahm und dann 2021 die Professur für Deutsche Sprachwissenschaft/Deutsch als Fremdsprache an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg angetreten habe. Seit April 2023 habe ich nun die Gerhard-Helbig-Professur für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der UL inne. Darüber bin ich sehr froh und dankbar: Nicht nur ist die Gerhard-Helbig-Professur die älteste Professur des Fachs Detsch als Fremdsprache (DaF)/Deutsch als Zweitsprache (DaZ), sondern das Herder-Institut ist das größte und meiner Meinung nach auch vielfältigste und lebendigste seiner Art im deutschsprachigen Raum.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet und was sind Ihre Schwerpunkte?

Sprache ist für mich das vielleicht faszinierendste Phänomen überhaupt. Warum wir sprechen, was Sprache strukturell und funktional zusammenhält und wie der Mensch Sprache(n) erwirbt, ist für mich von drängendem Interesse.

In meiner Forschung richte ich meinen Blick dabei auf angewandt-linguistische Fragestellungen, ganz typisch für das Fach DaF/DaZ: Es geht vor allem darum, wie Menschen, die das Deutsche nicht oder nicht als einzige Erstsprache sprechen, dieses erwerben. Besonders interessieren mich grammatische Aspekte. Dazu arbeite ich meist mit Korpusdaten und immer enger mit Kolleg:innen der Computerlinguistik, wie z.B. im aktuellen DAKODA-Projekt.

Ein zweiter Forschungsschwerpunkt ist die Diagnostik sprachlicher Kompetenzen: Der Einsatz von Sprachtests kann drastische Folgen haben, zum Beispiel in Migrationskontexten oder beim sprachlichen Hochschulzugang. Solche Verfahren müssen deshalb auf mehreren Ebenen (linguistisch, methodisch) sehr gut fundiert sein. In diesem Bereich, der auch eng an die empirische Bildungsforschung geknüpft ist, habe ich beispielsweise ein Projekt zum Zusammenhang sprachlicher Kompetenzen mit dem Studienerfolg internationaler Studierender durchgeführt (SpraStu).

Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?

Wahrscheinlich zu viele! Den Grammatikerwerb des Deutschen theoriegetrieben mit zunehmend vielfältigen und auch genaueren Methoden besser zu verstehen, wird meine Arbeit weiter antreiben. In den nächsten Jahren wird es hier inhaltlich vor allem darum gehen, dem Verhältnis von Systematizität und Variation genauer auf die Spur zu kommen. Voraussetzung dafür ist jedoch das Vorliegen einer ausreichend großen, differenzierten und qualitativ hochwertigen Datenbasis. Die Landschaft der vorliegenden sogenannten Lernerkorpora zu vergrößern, sie besser – auch in Kooperation mit Kolleg:innen der Computerlinguistik – nachhaltig zu erschließen, zu vernetzen und leichter zugänglich zu machen, ist ein wichtiges Ziel. 

Im Bereich der Sprachdiagnostik möchte ich in den kommenden Jahren gern weiter Validierungsforschung betreiben. Dazu gehört die Beantwortung von Fragen nach den Konsequenzen der Verwendung von Sprachtests zu bestimmten Zwecken bei bestimmten Zielgruppen, nach deren prognostischer Validität oder nach sprachlichen Korrelaten von bestimmten Kompetenzniveaus (z.B. A2, B1 usw.). Mittelfristig möchte ich gern versuchen, in Leipzig einen Knotenpunkt akademischer Validierungsforschung zu etablieren.  

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

Meine Lehre umfasst die linguistische Ausbildung unserer Bachelor-, Master- und Lehramtsstudierenden sowie hauptsächlich die theoriegetriebene Erwerbsforschung und die sprachliche Diagnostik. Einen besonderen Schwerpunkt möchte ich auf die Vermittlung der Methodik empirischer Forschungsarbeit legen.

Allgemein ist mir die Nachwuchsförderung sehr wichtig. Im Sommer haben wir deshalb zum Beispiel die Nachwuchsgruppe HALL (Hub Applied Linguistics Leipzig) gegründet.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…“

… Traumstandort!

Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

Schwierige Frage – wo anfangen, wo aufhören? Wünsche hinsichtlich gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen sind so zahlreich, dass es mir schwerfällt, etwas herauszugreifen. Aber die breite gesellschaftliche Erkenntnis, dass wir bereit sein müssen, unbequeme Entscheidungen zu treffen und individuelle Einschränkungen in Kauf zu nehmen haben, gerade in Bezug auf den Klimawandel, ist meines Erachtens ein sehr dringendes Desideratum – wenn auch gleichzeitig ein wohl eher frommer Wunsch…

Für meine eigene Arbeit könnten weitere Fortschritte in der Forschung zu Künstlicher Intelligenz in den kommenden Jahren Meilensteine darstellen, die ganz neue methodische Zugriffe ermöglichen würden.

Welche Hobbys haben Sie?

Ich treibe möglichst viel verschiedenerlei Sport und gehe sehr gern ins Theater und in Konzerte.

Verraten Sie uns bitte noch, wann und wo Sie geboren sind?

In Hamm in Westfalen, 1976.

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