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Die Friedens- und Konfliktforscherin Kirsty Campbell ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig beschäftigt und arbeitet derzeit an ihrer Promotion. Die Reihe „Gesichter der Uni Leipzig“ stellt Menschen vor, die sich hinter unzähligen kleinen und großen Aufgabengebieten an der Hochschule verbergen – im Studium, in der Lehre, in der Universitätsverwaltung oder – so wie in dieser Folge – in der Forschung. Die Nachwuchswissenschaftlerin hat einige Fragen beantwortet.

Name: Kirsty Campbell
Geboren am/in: 20. Dezember 1996 in Düsseldorf
Fachgebiet: Friedens- und Konfliktforschung
Mein Promotionsthema: „Die Rolle von deutschen Frauen in der Kolonialgewalt in Deutsch Südwestafrika (1884-1915)“
Das habe ich studiert, an dieser Universität: BA in English Literature and History und MSc in War Studies an der University of Glasgow
An der Uni Leipzig beschäftigt als: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Internationale Beziehungen und transnationale Politik von Prof. Dr. Solveig Richter

Worum geht es in Ihrem Dissertationsprojekt und was wollen Sie herausfinden?

Ich analysiere die ausgeübte Rolle von Frauen in der deutschen Kolonialgewalt in Deutsch-Südwestafrika (DSWA). Ich will verstehen, welche Rolle Frauen dabei überhaupt gespielt haben, da sie oft als nicht mehr als symbolische Figuren in der Literatur behandelt werden. Ich setzte hierbei den theoretischen Schwerpunkt auf feministische und postkoloniale Ansätze, um das Thema kritisch zu beleuchten. Zudem habe ich mich entschieden, die sogenannte „Longue durée“ der Kolonialgewalt zu beleuchten, um zu verstehen, wie sich über die ganze offizielle deutsche Kolonialzeit in DSWA die Gewalt verändert hat und welche Rolle Frauen dabei spielten. Um das Thema zu strukturieren, habe ich mich entschlossen, den Fokus auf drei Formen der Gewalt zu legen: diskursive Gewalt, private Gewalt und staatliche Gewalt. Mein Ziel ist es auch zu verstehen, wie diese unterschiedlichen Gewaltformen sich gegenseitig geprägt und beeinflusst haben.

Was fasziniert Sie an diesem Thema?

Ich habe bereits in meiner Bachelor- und Masterarbeit über deutsche Kolonialgeschichte geschrieben und mich immer wieder gefragt: Wo sind die Frauen? Mir fiel insbesondere auf, dass sie fast ausschließlich als symbolische Figuren in der Literatur eine Rolle gespielt haben und im Kontext deutscher Kolonien erst sehr wenig über Frauen geschrieben wurde. Dazu kommt, dass auch im Themenfeld der Gewaltforschung nur selten über Frauen als Gewalttäter:innen geschrieben wird und ich diese Dynamik schon länger hinterfragen wollte. Ein großes Projekt wie eine Promotion bietet mir die perfekte Möglichkeit, beide Schwerpunkte zu vereinen und zu argumentieren, dass Frauen auch in der kolonialen Gewalt eine wichtige und komplexe Rolle gespielt haben.

Das Wichtigste an meiner Tätigkeit ist für mich,

… dass ich die Zeit und den Raum habe, mich in Themen, die ich als unglaublich wichtig erachte, zu vertiefen und ich meine Erkenntnisse an andere vermitteln kann.

Welche Stolpersteine und Highlights begegnen Ihnen auf Ihrem Weg zum Doktortitel?

Leider habe ich viele Aspekte, die von der #IchbinHanna-Bewegung beleuchtet wurden, selbst in meiner akademischen Karriere erlebt. Doch die Unterstützung und der Austausch mit Kolleg:innen und Mentor:innen gibt mir immer wieder neue Kraft und erinnert mich stets daran, warum ich promoviere: weil ich für mein Thema brenne und ich es wichtig finde, dass darüber geforscht wird.

Wie geht es nach der Promotion für Sie weiter?

Das kann ich noch gar nicht sagen. Insbesondere die Lehre und natürlich auch die Forschung reizen mich an einer akademischen Laufbahn. Ich kann mir aber genauso gut vorstellen, in der Zukunft praxisorientierter arbeiten zu wollen. Meine Auseinandersetzung mit postkolonialen und feministischen Theorien unterliegt auch dem Wunsch, etwas Praktisches zu unternehmen, um existierenden Machtstrukturen entgegenzuwirken.

Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

Ich wünsche mir die Erkenntnis, dass eine radikale Veränderung des Stadtbildes hin zu einem grünen, autofreien Ort für jeden positiv sein könnte. Ich stelle mir gerne eine Stadt mit breiten Fußgänger- und Fahrradwegen vor, mit viel Platz für Parks und andere Grünanlagen, mehr Platz für Straßenrandcafés und Pop-Up-Stores. Da muss natürlich auch das Prinzip mitschwingen, dass man die Zeit hat, um überall zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzugelangen.

Womit verbringen Sie gern Ihre Freizeit?

Meine Freizeit verbringe ich am liebsten entweder mit einem guten Kaffee in der einen und einem Roman in der anderen Hand, oder in der Natur in Laufschuhen oder auf einem Fahrrad.

Was gefällt Ihnen besonders an Leipzig?

Mir gefällt besonders, dass die Stadt sich immer dynamisch anfühlt, wenn ich durch die Straßen laufe. Überall hängen Plakate und Poster für kulturelle oder politische Events, nicht selten kommt man spontan an einer Demo vorbei, sogar die Toilettenkabinen sind stets mit politischen Meinungen bekritzelt und beklebt. Das spiegelt sich auch in meinem Austausch mit Studierenden wieder, in dem ich mich immer über ihre kritischen Nachfragen und ihr Interesse an globalen Themen erfreue und von dem ich selbst lerne. 

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto, das Ihnen auch über schwierige Phasen hilft?

Am Morgen geht die Sonne wieder auf.

Vielen Dank.

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