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Als Niklas Reinken von seinem Thema, der grammatischen Beschreibung handschriftlicher Strukturen, gepackt wurde, änderte er seine Pläne. Er ging nach seinem Lehramtsstudium doch nicht wie ursprünglich geplant als Lehrer an eine Schule, sondern schlug eine wissenschaftliche Laufbahn ein. Nach einem kurzen Abstecher an die Universität Leipzig verschlug es ihn ans Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Anfang Oktober 2024 kehrte Niklas Reinken an die Universität Leipzig zurück, wo er als Juniorprofessor am Institut für Germanistik mit der Spezialisierung Grammatik in der Schule tätig ist. Im Interview erklärt er, was er sich in Forschung und Lehre vorgenommen hat.

Was haben Sie studiert – und wo?

Ich habe Deutsch und Biologie auf Lehramt an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg studiert und 2018 mit dem Master of Education abgeschlossen.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?

Nach dem Studium war ich drauf und dran, in die Schule zu gehen – dann hat mich aber mein Thema, die grammatische Beschreibung von handschriftlichen Strukturen, gepackt und ich habe eine wissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen und an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg promoviert. Ich habe sogar schon mal ein Semester an der Universität Leipzig unterrichtet und schließlich eine Stelle in einem Drittmittelprojekt am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim angenommen. Dort haben wir digitale Lernmaterialien für den deutschsprachigen Grammatikunterricht entwickelt.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet und was sind Ihre Schwerpunkte?

Ich forsche zu zwei unterschiedlichen Themen, die aber durchaus Überschneidungen haben. Ich untersuche, welche Bedingungen ein guter und gelingender Grammatikunterricht erfüllen muss: Welche Inhalte sollten vermittelt werden, wie müssen sie strukturiert sein und mit welchen Methoden und Medien kann die Vermittlung erfolgen? Meine zweite wissenschaftliche Liebe gilt den Handschriften: In Handschriften zeigen sich erstaunlich viele grammatische Strukturen – in Druckschriften zwar auch, aber die zusätzlichen formalen Variationsmöglichkeiten beim Handschreiben machen die Grammatik erst so richtig sichtbar. Ich finde es sehr spannend, wie sich die Grammatik in der Schrift niederschlägt und wie viele systematische Überschneidungen man zwischen verschiedenen sprachlichen Perspektiven finden kann.

Welches Forschungsziel haben Sie sich gesetzt?

Gerne würde ich in den kommenden Jahren dazu beitragen, den Grammatikunterricht moderner und attraktiver zu machen. Insbesondere die Verbindung von Grammatik und Orthographie interessiert mich, denn diese Bereiche haben viel mehr Überschneidungen, als man denkt – die Groß- und Kleinschreibung etwa basiert fast ausschließlich auf grammatischen Strukturen. Und andersherum gibt es im Grammatikunterricht Fragen, die nur durch die Orthographie umfassend beantwortet werden können, zum Beispiel die eigentlich triviale Frage: Was ist ein Wort? Eine Antwort ist: Das, was zwischen zwei Leerzeichen steht. Und da sind wir ganz nah an orthographischen Fragestellungen wie der Getrennt- und Zusammenschreibung. Trotzdem werden Grammatik und Orthographie in den Schulen oft weitgehend getrennt voneinander unterrichtet, ohne auf die vielfältigen Verbindungen hinzuweisen. Hier wird Potenzial verschenkt, meine ich.

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

Ich unterrichte vor allem die Lehramtsstudiengänge und möchte den Studierenden Lust auf Grammatik machen – im Studium wie auch später im Beruf als Lehrkräfte. Natürlich denkt man erstmal: „Oh nee, Grammatik, auf so etwas Trockenes habe ich gar keine Lust!“ Dabei bin ich sicher, dass Grammatik ein spannendes Feld ist, das viel darüber verrät, wie menschliche Kommunikation und Teile des menschlichen Denkens funktionieren. Aber dafür muss man einen Schritt zurücktreten und die Schulgrammatik als das begreifen, was sie ist: ein Beschreibungsmodell der menschlichen Sprache – dieses Modell verstellt manchmal den Blick auf andere spannende Beobachtungen, aber oft erweist es sich auch als nützliches Werkzeug, um Strukturen einer Sprache zu untersuchen, zu vergleichen und letztlich auch das Lernen einer Sprache zu unterstützen.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…“

Die Universität Leipzig ist für mich ein Ort, der viele unterschiedliche Perspektiven zusammenführt und ihnen ein Dach gibt. 

Antworten Sie gern mit persönlichem Bezug oder allgemein: Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

Ich würde mir die Erkenntnis wünschen, dass exzellente Wissenschaft auch exzellente Rahmenbedingungen braucht. Und diese Rahmenbedingungen kosten Geld – aber Geld ausgeben ist für viele Verantwortliche in Politik und Wissenschaftsmanagement einfach nicht attraktiv, wenn man die Ergebnisse und Vorteile nicht direkt sehen kann.

Welche Hobbys haben Sie?

Ich gehe gern ins Theater und stehe gelegentlich auch selbst auf der Bühne. Außerdem schaue ich gerne Serien oder lese Sachbücher – oft zu historischen Themen. Und ich mag gute Gespräche in gemütlichen Kneipen.

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto, das Ihnen auch über schwierige Phasen hilft?

Da halte ich es mit den Stoikern: „Es ist nicht das, was dir passiert, sondern wie du darauf reagierst, das zählt.“

Verraten Sie uns bitte noch wann und wo Sie geboren sind?

Na klar! Geboren wurde ich 1993 in Friesoythe, einer niedersächsischen Kleinstadt im Oldenburger Münsterland.

Vielen Dank.

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