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Prof. Dr. Ringo Baumann legt die theoretischen Grundlagen für rechnergestützte Modelle der Argumentation. Diese können dazu beitragen, die allgemeine Akzeptanz von KI-Systemen zu erhöhen, da sie in der Lage sind, KI-Nutzer:innen zu erklären, warum eine bestimmte Option gewählt oder nicht gewählt wurde, und sie können auf Gegenargumente interaktiv reagieren. Seit Kurzem ist Baumann als Heisenberg-Professor am Institut für Informatik der Universität Leipzig tätig. Im Interview erläutert der 43-Jährige, was er sich in Lehre und Forschung vorgenommen hat und was er an der Universität Leipzig besonders schätzt.

Sie sind seit Juli 2022 an der Universität Leipzig tätig. Wie lange fördert die DFG Ihre Tätigkeit?

Seit Juli 2022 bin ich auf einer Heisenberg-Stelle und seit November 2023 habe ich eine Heisenberg-Professur. Die Förderung seitens der DFG dauert insgesamt fünf Jahre, also bis einschließlich Juni 2027.

Danach bleiben Sie der Universität als Professor auf einer unbefristeten Stelle erhalten?

Ja, als regulärer Universitätsprofessor im Bereich der Theoretischen Informatik.

Können Sie bitte etwas über Ihren Werdegang berichten – was haben Sie studiert und wo?

Ich habe verschiedene Fächer studiert, unter anderem: Mathematik, Volkswirtschaftslehre und Logik und Wissenschaftstheorie. Das Studium habe ich sowohl an der Universität Leipzig als auch an der Universidad San Marcos in Lima (Peru) absolviert. 2009 habe ich mein Studium mit zwei Diplomen abgeschlossen.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beruflichen Stationen?

Im Mai 2009 begann ich mein Promotionsstudium im Bereich der Informatik als Wissenschaftlicher Mitarbeiter unter der Leitung von Prof. Dr. Gerhard Brewka. 2014 schloss ich meine Promotion mit dem Titel „Metalogical Contributions to the Non-monotonic Theory of Abstract Argumentation“ ab. Die Dissertationsschrift wurde als zweitbeste europäische Dissertation im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgezeichnet und als Buch verlegt. Ab 2016 war ich Akademischer Assistent und von Oktober 2018 bis April 2019 Gastwissenschaftler am King's College London. Seit meiner Habilitation im Jahr 2019 bin ich auch Hauptforscher am hiesigen ScaDS.AI, einem der fünf neugegründeten KI-Zentren Deutschlands. Im Februar 2021 bekam ich die Zusage für die Aufnahme ins Heisenberg-Programm.

Woran haben Sie bislang im Rahmen Ihrer Heisenberg-Stelle geforscht und welche Forschungsziele haben Sie sich als Heisenberg-Professor an der Universität Leipzig gesetzt?

Nicht-symbolische Ansätze wie neuronale Netzwerke haben in letzter Zeit viel Aufsehen erregt. Beispielsweise hat DeepMinds AlphaZero-Brettspiele wie Schach auf einem übermenschlichen Niveau gemeistert, ohne auf Eröffnungs- oder Spieldatenbanken zurückzugreifen. Garry Kasparov, der erste amtierende Schachweltmeister, der gegen ein Computersystem verloren hat, äußerte sich dazu wie folgt: "Unlike 1997, when I narrowly lost to DeepBlue, playing against AlphaZero today is like 'Usain Bolt trying to win against a Ferrari'."
Allerdings können neuronale Netzwerke aufgrund ihrer Struktur nicht erklären, warum sie bestimmte Züge machen. Sie beschäftigen sich mit Statistiken, nicht mit Semantik. In Bereichen mit weitreichenden Auswirkungen wie dem Strafrecht, dem Finanzsektor oder dem Gesundheitswesen sind verständliche und transparente Modelle erforderlich. Um eine breite Zustimmung für KI-Technologien zu erhalten, müssen empfohlene Entscheidungen dem Benutzer erklärt werden können. Ein System sollte auch erklären können, warum eine bestimmte Option nicht gewählt wurde und auf Gegenargumente interaktiv reagieren können. Rechnergestützte Modelle der Argumentation eignen sich hervorragend für solche Aufgaben und könnten daher als zusätzliche Komponente für ein KI-System verwendet werden.
Mein Hauptziel im Heisenberg-Projekt ist es, theoretische Grundlagen für genau solche Modelle zu legen. Unter anderem habe ich mich schon mit den Themen Definierbarkeit (Was ist repräsentierbar?), Ordnungen (Sind gewisse Zustände erreichbar?) und Ersetzbarkeit (Kann ich gegebenen Input semantisch neutral vereinfachen?) beschäftigt. Praktischer technischer Erfolg ist nur möglich, wenn es eine solide theoretische Grundlage gibt.

Welche Schwerpunkte möchten Sie in der Lehre setzen?

Neben meiner Einbindung in der grundständigen Lehre biete ich Vorlesungen und Seminare im Bereich des Nichtmonotonen Schließens und der Formalen Argumentation an. Insbesondere Letzteres ist ein „hot topic“ im Bereich der symbolischen KI. In meinen Vorlesungen werde ich die theoretischen Grundlagen legen und in weiterführenden Seminaren aktuelle Forschungstrends besprechen.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…“

...ein Ort der Vielfalt, Toleranz und exzellenter Forschung."

Verraten Sie uns bitte noch, wann und wo Sie geboren sind?

 Ich wurde am 05.09.1980 in Hohenmölsen geboren.

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