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Dr. Dominik Becher ist ein Mensch, der – im positiven Sinne – umtriebig ist wie kaum ein anderer: Der gebürtige Leipziger hat als Fotograf in Venezuela gearbeitet, mal Telefone in Berlin installiert, ein Jahr in Schottland studiert, Sprachreisen nach Italien und Russland unternommen, sein Glück in Lateinamerika gesucht und gefunden. Und bei aller Weltenbummlerei hielt der 47-Jährige aber (fast) immer der Universität Leipzig die Treue. Becher hat an der Alma mater studiert, bereits als studentische Hilfskraft gemeinsam mit Professor Elmar Schenkel den Vorlesungszyklus Studium universale verantwortet und arbeitet mit Unterbrechungen und mehreren befristeten Arbeitsverträgen schon viele Jahre hier. Nicht nur wegen seines Engagements fürs Studium universale, das im Oktober wieder startet, ist er vielen Mitarbeitenden der Universität ein Begriff. Es ist an der Zeit, diese vielseitige Persönlichkeit vorzustellen.

Von Bechers mittlerweile 21-jähriger Tochter kam vor Jahren einmal die Frage: „Was machst du eigentlich genau an der Uni?“ Seine spontane Antwort: „Kaffeetrinken. Ich gehe jetzt mit einem Professor Kaffee trinken.“ Er erklärte ihr, dass dies eine Art des Netzwerkens sei und manchmal eben auch Arbeit sein könne. Der Name Dominik Becher ist nicht nur mit dem Studium universale untrennbar verbunden, auch mit der Kinderuni und dem Regionalwettbewerb Jugend forscht. Obendrein gibt der studierte Anglist, Literatur- und Theaterwissenschaftler auch als Dozent Lehrveranstaltungen, derzeit am Zentrum für Lehrer:innenbildung und Schulforschung (ZLS) im Digitalen Klassenzimmer. „Beim vielen Netzwerken und Organisieren brauche ich den Kontakt zu den Studierenden, als Bodenhaftung. Außerdem kann ich in der Lehre etwas jugendliche Energie wie ein Vampir aufsaugen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Die Universität Leipzig sei für ihn ein Ort, „an dem es auch nach dieser langen Zeit noch unglaublich viel zu entdecken gibt und der mich jung hält“.

Damit meint er vielleicht unter anderem auch die Schafsherde, die er für die Kinderuni auf dem Lehr- und Forschungsgut Oberholz gefilmt hat, Prof. Meijers Quantencomputer, den er mal im Rahmen eines Projektantrages besichtigen durfte, seine Dienstreisen in Schulen auf dem Land, wo er gerade Lehrkräften das Thema künstliche Intelligenz näherbringt, sein Engagement für das Mitmach-Museum Inspirata, das er in der Lehrer:innenbildung als außerschulischen Lernort empfiehlt, oder aber sein Mitwirken an den Runden Tischen Nachhaltigkeit. „Mein Kopf ist voller Ideen für die Zukunft“, berichtet Dominik Becher.

Vision vom Science Center als außerschulischen Lernort

Eine dieser Visionen ist die Etablierung eines Science Centers als außerschulischen Lernort und Schnittstelle der Leipziger Wissenschaften zum jüngsten Nachwuchs, basierend auf der Inspirata und in Zusammenarbeit mit allen Wissenschaftler:innen und Einrichtungen der Stadt, die die Vision teilen möchten. Das Mitmach-Museum auf der Alten Messe, das in Leipzig sicher die meisten Schüler: innen und Lehrkräfte kennen, ist neben vielen anderen Dingen sein Steckenpferd. Dominik Becher ist dort im Vorstand tätig und widmet diesem außerschulischen Lernort, wo Kinder und Jugendliche für MINT-Fächer begeistert werden, im Wintersemester 2024/25 des Studiums universale einen Vortrag. Diesmal geht es übrigens in dem Zyklus um die „Leipziger Wissensspur“. „Durch das Studium universale bin ich selbst ein wenig Universalist geworden“, stellt er fest. Dann zählt Becher nur einige Themenkomplexe der Vorlesungsreihe auf: Weltraum, Schule, Zeit, Klimawandel, Künstliche Intelligenz, Demokratie. Seit dem ersten Zyklus im Jahr 1992 baut das Studium universale Brücken über die Gräben zwischen den Disziplinen und, so hofft er, inspiriert zum Blick über den Tellerrand der Fachbereiche und Institutionen.

Zu sehen ist Dominik Becher im Fenster seines Büros, im Hintergrund ist der Nikolaikirchhof zu sehen.

Ich kann meine Nase in alle Fakultäten und so viele Fachbereiche stecken.

Dr. Dominik Becher

Mittlerweile ist Dominik Becher am Zentrum für Lehrer:innenbildung und Schulforschung (ZLS) unbefristet angestellt und empfindet seine Arbeit vor allem wegen der Themenvielfalt „als großes Privileg“. „Ich kann meine Nase in alle Fakultäten und so viele Fachbereiche stecken“, schwärmt er. Bei der Weiterbildung von Lehrkräften begleitet er derzeit das Transferprojekt „TrauM“. Zudem steht Becher zahlreichen Vereinen nahe: inspiriert durch Elmar Schenkel dem Mythologen- und dem Nietzsche-Verein. Für die Inklings-Gesellschaft, die sich der Fantasy-Literatur widmet, hat er zuletzt einen Vortrag über gegenwärtig erstarkende „Visionen der Unsterblichkeit“ gehalten. Mythen und künstliche Intelligenz sind nur zwei seiner weiteren Passionen. „Ich hatte die große Ehre, über lange Zeit im Orbit von Elmar Schenkel kreisen zu dürfen, einem genialen Essay-Schreiber an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Literatur“, berichtet er. Das begann bereits in seiner Studienzeit und setzte sich während der Dissertation zum Thema „Wissenschaft, Religion und Magie in der Kinderliteratur“ fort, die Schenkel betreut hat. Schließlich war Becher auch mehrere Jahre ein geschätzter Kollege des mittlerweile emeritierten Professors, dem er zu großem Dank verpflichtet ist  – ihm, und Prof. Frank Gaunitz, dem derzeitigen Leiter des Studium universale, der sich seit Jahren für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Reihe einsetzt.

“Verrücktes, wildes Jahr” in Venezuela

Seine heutige Ehefrau lernte Dominik Becher vor reichlich 20 Jahren während seines Aufenthaltes in Lateinamerika kennen. Die Argentinierin ist Architektin. Beiden war schnell klar, dass sie die Liebe fürs Leben gefunden haben. Perfekt wurde das Glück durch ihre zwei Kinder. Ihr heute 16-jähriger Sohn wurde in Venezuela geboren. „Mein Leben ist sehr international – wie die Universität und die gesamte Wissenschaft“, sagt Becher, der mit seiner Familie schon seit 16 Jahren in Leipzig wohnt und zu Hause meist Spanisch spricht. Vor drei Jahren stellte seine Frau einen Einbürgerungsantrag – leider hat das bislang wegen der überlasteten Leipziger Ausländerbehörde noch immer nicht geklappt. „Für meine Frau war der Umzug nach Deutschland ein Sprung ins kalte Wasser. Sie sprach damals kein Wort Deutsch, aber wir haben es gewagt. Der völlige Kulturschock.“, erinnert sich Becher. Gern denkt er auch an das „verrückte, wilde Jahr“ in Venezuela zurück. Dort und in Argentinien leben die zahlreichen Verwandten. Die Leipziger Familie träumt von jährlichen Besuchen jenseits des Atlantiks, doch die Realität erlaubt nur viel größere Intervalle. Zum Glück gibt es das Internet.

Natürlich hat Dominik Becher bei so vielen Herzensprojekten auch mehr als einen Lieblingsplatz an der Universität Leipzig. Von einem aber schwärmt er ganz besonders: sein Büro in der Ritterstraße, genauer gesagt der dortige Blick aus seinem Fenster. „Der fällt genau auf den Palmenwedel der Friedenssäule auf dem Nikolaikirchhof“, sagt er. „Das passt auch zu meiner Biografie. Schließlich bin ich ein Wendekind. Das erklärt sicher auch die vielen früheren Reisen.“

Der Zyklus des Studium universale Wintersemester 2024/25 steht unter dem Motto „Leipziger Wissensspur“. Das Programm wird in Kürze auf der Webseite veröffentlicht. 

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