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Sechs Exil-Wissenschaftler:innen aus Afghanistan schlossen sich Anfang 2023 an der Universität Leipzig zusammen, um die aktuelle Entwicklung in ihrem Heimatland aus einer kommunikationswissenschaftlichen Sicht zu beleuchten. Unter der Leitung von Dr. Kefa Hamidi vom Forschungszentrum Entwicklungskommunikation-Communication for Social Change wurde das Forschungsprojekt „Afghanistan Mediensystem und Öffentlichkeiten" initiiert – jene Medienlandschaft in Afghanistan, die seit 2001 bis heute existiert.

In den letzten Jahren hat sich die afghanische Diaspora in Deutschland von 50.000 auf über 350.000 Menschen vergrößert. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Künstler:innen, Journalist:innen und Wissenschaftler:innen. Diese Menschen gerieten seit den dramatischen Ereignissen im August 2021 im „neuen“ Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban verstärkt in den Fokus. Aufgrund ihres künstlerischen, akademischen und zivilgesellschaftlichen Engagements sahen sie sich einem Generalverdacht ausgesetzt und mussten deshalb in großer Zahl emigrieren. Heutzutage leben fast 800.000 Menschen aus Afghanistan in ganz Europa. Doch Afghanistan spielt nicht nur in der Diaspora eine bedeutende Rolle – aufgrund seiner geopolitischen Lage in Zentralasien ist das Land auch für die europäische Politik und Wirtschaft von Interesse.

Trotz dieser Entwicklungen hat sich die öffentliche Wahrnehmung von Afghanistan in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit nicht im gleichen Maße verändert. Die Partizipation und Sichtbarkeit von Journalist:innen und Künstler:innen in Politik und Medien ist nach wie vor begrenzt, und ihre Perspektiven finden oft nicht genug Gehör. Genau hier setzt das Projekt „Afghanistan Mediensystem und Öffentlichkeiten“ des Forschungszentrums Entwicklungskommunikation – Communication for Social Change an.

Der Fokus des Projekts liegt auf einem bislang unerforschten Bereich: den Medien und Öffentlichkeiten in fragilen Staaten, am konkreten Beispiel Afghanistan. Die Veränderung des Mediensystems in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban hat einen tiefgreifenden Wandel durchlebt. Früher zeichnete es sich durch Liberalismus und Meinungsfreiheit aus. Doch wie hat sich diese Landschaft verändert? Wie können die Medien in einer solch fragilen Umgebung zur Förderung von Partizipation, Dialog und sozialem Wandel beitragen? Doch wie genau hat sich diese Landschaft verändert? Wie können sich die Medien in einer solch fragilen Umgebung entwickeln und zur Förderung von Partizipation, Dialog und sozialem Wandel beitragen? Das sind nur einige der spannenden Fragen, denen das Projekt auf den Grund geht.

Im Fokus: Entwicklung des Mediensystems unter Herrschaft der Taliban, die Rolle von Social Media und des Bürgerjournalismus'

Die sechs afghanischen Exil-Wissenschaftler:innen haben jeweils individuelle Forschungsschwerpunkte im Rahmen des Projekts. Dr. Hazrat Bahar untersucht die Entwicklung des Mediensystems von der ersten Herrschaft der Taliban bis zu ihrer erneuten Machtübernahme im Jahr 2021. Laily Habib widmet sich dem Thema des Bürgerjournalismus' in Afghanistan unter besonderer Berücksichtigung der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Alireza Hussaini untersucht die Bedeutung der sozialen Medien in Afghanistan und der afghanischen Diaspora und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Hamid Obaidi analysiert die Einstellungen und Leistungen von Journalist:innen in Afghanistan anhand von umfassenden Umfragen. Abu Khorasani erforscht in einer Studie die Rolle der sozialen Medien bei der Rekrutierung für extremistische Gruppen. Mariam Meetra schließlich beschäftigt sich mit Gender-Aktivismus in Afghanistan und untersucht die Rolle von Medienplattformen bei Frauenprotesten.

Dieses Projekt vereint akademische, journalistische und aktivistische Perspektiven und schafft somit ein einzigartiges Format, das hochaktuell und politisch relevant ist. Es wird die Kommunikationswissenschaft und ihre Disziplinen in Deutschland sowohl thematisch als auch geographisch erweitern und ergänzen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Transfer von Wissen. Durch Podcasts, Twitterspace-Events und Blogbeiträge sollen die Forschungsergebnisse zugänglich und verständlich für die Öffentlichkeit gemacht werden. Dieser aktive Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft trägt dazu bei, wissenschaftliches Wissen praxisnah zu vermitteln. 

 

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