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Mit Erasmus ins Ausland – vielen Forschenden, Studierenden und auch Lehrenden ist das bekannt. Für bestimmte Fachbereiche gibt es spezielle Programme, so auch im Sport: Für die berufliche Ausbildung von Athlet:innen und Sportprofis wurde im Frühjahr 2024 das Erasmus+ Programm STARS aufgelegt. An der Universität Leipzig leitet der Studiendekan der Sportwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Thomas Wendeborn, das Projekt. Im Interview erklärt er unter anderem, wie STARS genau funktioniert und wie Studierende seiner Fakultät davon profitieren können.

Herr Professor Wendeborn, was ist STARS?

STARS ist die Abkürzung für „Shaping Talents and Achieving Vocational Excellence in Sports“. Im EU-Projekt geht es darum, dass Menschen, die im Sport aktiv sind, qualifiziert werden und über diese Qualifikationen den gesellschaftlichen Nutzen von Sport erhöhen. Wir möchten somit die Idee des Sports gesellschaftlich stärker fokussieren und das eben nicht nur in Deutschland, sondern auch in Griechenland, Frankreich und Spanien. Das STARS-Projekt wird von der französischen Institution „135BPM Le campus du sport“ koordiniert und von der Organisation „European Observatoire of Sport and Employment“ (EOSE) betreut. Als internationale Organisation setzt sich die EOSE für die Entwicklung des Sektors Sport und körperliche Betätigung ein und hat sich darauf spezialisiert, Brücken zwischen den Welten der Bildung und der Beschäftigung zu schlagen. Insgesamt sind 17 Projektpartner involviert. STARS kann in diesem Zusammenhang als Vorreiterprojekt verstanden werden, denn es ist das erste Sportprojekt, das im Rahmen der Erasmus+ CoVEs-Linie gefördert wird. Die Centres of Vocational Excellence – kurz CoVEs – bestehen aus Netzwerken von Partnern, die lokale „Kompetenz-Ökosysteme“ entwickeln, um Jugendlichen und Erwachsenen hochwertige berufliche Qualifikationen zu vermitteln und zur regionalen Entwicklung, Innovation und der sozialen Eingliederung beizutragen.

Was hat sie begeistert, an dem Projekt mitzuwirken? 

Als ich zum STARS-Projekt hinzukam, war der Projektantrag schon abgeschlossen. Ich wurde ins Boot geholt, weil das Projektteam einen universitären Partner aus Deutschland wollte, der sich mit dem Thema Duale Karriere im Sport auskennt. Ich arbeite schon sehr lange in diesem Themenfeld und bin regional wie national gut vernetzt in den Institutionen des organisierten Sports. Als wissenschaftlicher Berater des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Kommission Sport der Kultusministerkonferenz (KMK) kenne ich zum einen viele Fachleute aus dem Sportbereich und zum anderen aber auch die Entscheider in den Bundesländern auf Seite des Schulsports. Mein Wissen kann ich somit sehr gut in STARS einbringen und damit zum Projektziel, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Sport zu vernetzen, wesentlich beitragen.

STARS zielt darauf ab, die Berufsausbildung in der Sportbranche zu verbessern. Wie kann das Ihrer Meinung nach konkret gelingen? 

Hinsichtlich des Themas Duale Karriere im Sport ist es anzustreben, berufliche Ausbildungsgänge mit den Erfordernissen des Leistungssports zu vereinbaren und Anschlussszenarien zu entwickeln, wie es nach dem Karriereende weitergeht. Nur so haben wir die Chance, dass junge Menschen, die jahrelang im Leistungssport tätig waren, auch nach ihrem Ausstieg aus dem Leistungssport dem Sport möglichst erhalten bleiben. Häufig ist es ja so, dass die, die Leistungssport machen, eine Berufsausbildung starten und dann irgendwann das sportliche Karriereende kommt und sie mit einem Mal raus sind aus dem System. Also 20 Jahre Leistungssport verpuffen im Prinzip in dem Augenblick, in dem sie nicht mehr die geforderten Leistungen erbringen. Wir versuchen dieses Momentum aufzugreifen und zu sagen, okay, wie kann man zum Beispiel erreichen, dass dieser Karriereprozess so gestaltet wird, dass sie für den Leistungssport oder für den Sport generell erhalten bleiben. Diese Leute haben natürlich Expertise, die haben Passion und unglaublich viel Erfahrung im System. Sie einfach rauszuschmeißen ist total fahrlässig. Somit müssen die bestehenden Konzepte für das Gelingen von Dualen Karrieren stärker ausgebaut werden, um beispielsweise die Erfordernisse flexibilisierter Schul- oder Berufsausbildungsbahnen zu definieren. Da stellt sich natürlich automatisch auch die Frage, wie allgemeinbildende und berufliche Schulen mit besonderer pädagogischer Prägung aufgebaut sein müssen, um das zu leisten. In Europa gibt es beispielsweise bereits Open Sport Schools, die also diese Idee des Sports so in sich tragen, dass jemand, der diese Schule besucht hat, sämtliche Facetten des Sports kennengelernt hat und seine Expertise dann nach der schulischen Ausbildung in die Gesellschaft einbringt.

Im besten Fall haben wir uns so gut international aufgestellt, dass gewisse Konzepte und strukturelle Ideen aus Spanien, Frankreich oder Griechenland auch in Deutschland einen Beitrag dazu leisten, dass sich bestimmte Praktiken, Ansichten verändern.

Prof. Dr. Thomas Wendeborn

Sind auch Studierende der Sportwissenschaftlichen Fakultät in irgendeiner Form im Projekt involviert?

Ja, im vergangenen Herbst gab es bereits zwei Projektaktivitäten, bei denen Studierende involviert waren. Zum einen haben wir das erste Nachhaltigkeitssymposium hier an der Fakultät gestartet, denn ein Teilbereich von STARS beschäftigt sich auch mit dem Thema Nachhaltigkeit im Sport. Ich habe ein Symposium organisiert, das offen war für alle. Circa 120 Leute haben daran teilgenommen. Wir haben uns darüber verständigt, was Nachhaltigkeit im Sport eigentlich bedeutet und welche ökologischen Folgen Spitzensport mit sich bringt. Das bleibt auch für die Fakultät nicht folgenlos. Drei Wochen später fand dann die 8. Bundeskonferenz der Eliteschulen des Sports in Leipzig statt, die vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit Unterstützung der Sportwissenschaftlichen Fakultät über drei Tage im Hotel Westin durchgeführt wurde. 250 Personen aus Schule, Sport, Politik und Wirtschaft waren dort versammelt. Darüber hinaus bin ich mit der Gründung eines High-Performance-Sport-Campus beschäftigt, den ich als gesamtfakultäres Projekt betrachte und der in Zusammenarbeit ganz unterschiedlicher Institutionen entstehen soll. Wir gründen im Rahmen von STARS eine Plattform, in der wir Partner der Wissenschaft, Sport, Bildung und Wirtschaft zusammenbringen. Dafür erarbeiten Studierende des Masterstudiengangs Sportmanagement derzeit einen ersten Konzeptentwurf, wobei sie beispielsweise mit den Scoutern von RB Leipzig oder auch mit dem Leiter des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft in engen Kontakt kommen. Davon profitieren die Studierenden unmittelbar, weil sie einfach Leute kennenlernen, die sie sonst vermutlich nicht kennengelernt hätten. Das ist schon ein großer Mehrwert für die Studierenden, gerade im Bereich Sportmanagement.

Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass Erasmus+ Förderung für Projekte wie STARS mit im Portfolio hat?

Das ist einfach unglaublich wichtig, denn unsere Universität hat ein ganz klares Internationalisierungsbestreben. Natürlich könnten wir auch einfach in unserem kleinen Fischteich rumschwimmen, aber über den Tellerrand zu schauen ist so wichtig. Ich hatte selber nie die Chance, mal für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen, da es durch Studium, Promotion, Professur und die Familienplanung nie richtig passte. Erasmus+ bietet deshalb eine tolle Möglichkeit, einfach auch abseits von internationalen Tagungen wirklich strukturell mit anderen Kulturen und mit anderen Wissenschaftssozialisationen in engen Kontakt zu kommen.

Blicken wir abschließend doch mal in die Zukunft. Welche Ergebnisse hat STARS im Jahr 2028 hervorgebracht? Worauf freuen sie sich in diesem Zusammenhang am meisten?

2028 wird auf jeden Fall der High-Performance-Sport-Campus etabliert sein, davon bin ich fest überzeugt. Es wird mindestens eins, vielleicht sogar zwei Folgeprojekte geben, die dann schon laufen. Und im besten Fall haben wir uns so gut international aufgestellt, dass gewisse Konzepte und strukturelle Ideen aus Spanien, Frankreich oder aus Griechenland auch in Deutschland einen Beitrag dazu leisten, dass sich bestimmte Praktiken und Ansichten verändern. Wie gesagt, der Blick über den Tellerrand! Ich bin grenzenlos optimistisch, auch mit Blick auf Olympia 2040. Vielleicht haben die Ergebnisse des Projekts auch da eine Bedeutung, weil ja auch der Leistungssport ein Teilbereich des Erasmus+ Projekts ist. 

Das Erasmus+ Projekt STARS startete unter Beteiligung der Universität Leipzig im Frühjahr 2024 und wird über einen Zeitraum von 3,5 Jahren mit vier Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert. 

 

Auch für andere Fachbereiche gibt es Erasmus-Projekte: Den Bereich Schulbildung, berufliche Bildung, Hochschul- und Erwachsenenbildung europaweit stärker miteinander zu verknüpfen, den Wissenstransfer zu fördern und die Bildungslandschaft in Europa ganzheitlich weiterzuentwickeln – dieses Ziel verfolgt das Programm Erasmus+ Leitaktion 2 „Partnerschaften und Kooperationen“.

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