Die Medizinerin und der Mathematiker – nicht nur im Tanz eng verbunden
Aus dem Lebenslauf von Edith Göpfert lässt sich heraushören, dass sie wissensdurstig, willensstark und sportlich war. Schon als Kind, es muss in den 1940er Jahren gewesen sein, hatte sie den Wunsch, fechten zu lernen. „Ihre Mutter“, gibt Anja Werner die Familienanekdote wieder, „hat ihr nichts abgeschlagen, sondern sogar ein hieb- und stichfestes Leibchen dafür genäht.“ Häufig auf diese Art bestärkt, wuchs Edith zu einer starken Frau heran, die in der Wissenschaft ihren Weg fand und ging. Mitte der 50er Jahre lernten Edith und Alfred sich über Leipziger Studentenkreise kennen, ein paar Jahre später werden sie ein Paar – für den Rest des Lebens.
„Sie waren Wissenschaftler durch und durch, ein enges Team und sich sehr verbunden. Wir sagten in der Familie immer, sie ist sein größter Fan“, berichtet Werner. „Gleichzeitig hat sie auch ihren eigenen akademischen Weg ehrgeizig beschritten. Sie haben sich gegenseitig bestärkt, was ja in den 50-60er Jahren nicht selbstverständlich war.“ Beide waren sehr aktiv in ihren jeweiligen physiologischen und mathematischen Wissenschaftskreisen. Darüber hinaus nahm das Tanzen für beide eine sehr wichtig Rolle ein. Mehrfach brachten sie es zur DDR-Meisterschaft. Da wurde auch schon mal ein zweiwöchiger Freistellungsantrag an der Uni gestellt, um sich im Tanzlager vorbereiten zu können. „Die ausladenden Tanz- und Ballkleider in riesigen Schutzhüllen waren in ihrem ausgebauten Dachboden in Leipzig-Rückmarsdorf nicht zu übersehen.“ Für die junge Anja Werner sehr faszinierend.
Ein Kaffeetreffen als Initialzündung für eine Forschungsarbeit
Später waren es die Gespräche mit Tante und Onkel, die sich einprägten, denn sie erwiesen sich als ernstnehmende und fördernde Gegenüber. „In der Familie wird Edith als lebenslustig, humorvoll und quirlig beschrieben. Fred wiederum hat sich für jeden Zeit genommen und durch sein Interesse das Gefühl gegeben, wirklich wichtig zu sein.“ In ihrer Familie seien viele Mediziner durch Ediths Schule gegangen. Mindestens zwei Generationen haben in Leipzig studiert. „Sie war streng und korrekt. Familiäre Vorteile gewährte sie nicht. Ihre Vorlesungen waren top. Anfang der 60er Jahre war sie teils noch jünger als die Studenten. Und das in der Zeit als Frau. Sie hat es als Herausforderung genommen und sich fachlich überzeugend durchgesetzt.“
Für Anja Werner, die Amerikanistik-Studentin, sollte ein Kaffeetrinken entscheidend für ihren Werdegang sein. „Ich hatte im Uniarchiv die Matrikel von 1776 bis 1914 durchgeschaut. Das überraschende Ergebnis waren 1.500 Namen von Amerikanern, der größte Teil nach 1860 immatrikuliert, eine Blütezeit der Uni. Beim Kaffeetrinken habe ich die beiden um Rat gefragt, was ich denn nun mit der Liste anfangen solle.“ Edith verwies sogleich auf Carl Ludwig, der in derselben Zeit die Physiologie in Leipzig aufbaute und sofort US-Amerikanische Studenten hatte. „Aus ihren Unterlagen zog sie doch tatsächlich eine Biografie von einem meiner Amerikaner auf der Liste. Und Fred brachte natürlich die Mathematik ins Spiel und präsentierte seinerseits eine Biografie von einem wichtigen Mathematiker, der zeitweilig in der Stadt war.“ Damit war Anja Werner klar, dass sie einen Anfangsfaden hatte und sich nach Fachrichtungen über Heimatunis, Netzwerke und Sekundärliteratur weiter hangeln konnte. „Diese Arbeit war der Grundstein für viele folgende. Ich hatte mein Thema gefunden.“
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