Nachricht vom

Im ländlichen Raum Ugandas spielt traditionelle Medizin eine bedeutende Rolle. Offene Wunden, Verbrennungen oder Infektionen werden in den meisten Fällen zunächst mit pflanzlichen Mitteln aus der Region behandelt. Das tatsächliche Wirkspektrum, aber auch therapeutische Grenzen und Gefahren der traditionellen Heilmittel, sind den Menschen oft nur unvollständig bekannt. Forschende der Abteilung Pharmazeutische Biologie an der Medizinischen Fakultät nutzen ein aktuelles Projekt, um Methoden zur Herstellung und Verarbeitung von Pflanzen für medizinische Zwecke in Uganda zu etablieren.

Trotz Fortschritten in der Armutsbekämpfung fehlt einem Großteil der Bevölkerung Ugandas eine angemessene medizinische Versorgung. Für viele Menschen ist die naturbasierte Medizin der übliche und einzig bezahlbare Weg. Krankenhäuser werden meist erst aufgesucht, wenn die traditionellen Mittel versagen. Die tropische Vegetation in Uganda bietet ein reichhaltiges Angebot an Pflanzen, die pharmakologische Wirkungen entfalten. Die Identität und Reinheit der verwendeten Arten ist dabei meist nur mündlich übermittelt. Dem gegenüber steht ein wachsender Bedarf an Produkten der Pflanzheilkunde. Zur sicheren Anwendung nach aktuellen Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin fehlen Daten zu den chemischen Inhaltsstoffen und Wirkstoffen der Pflanzen sowie eine verlässliche Bereitstellung von standardisiertem Pflanzenmaterial.

Diesem Problem widmete sich die Abteilung Pharmazeutische Biologie vom Institut für Wirkstoffentwicklung der Universität Leipzig im ersten Teil dieses Projekts, das durch die Sächsische Staatskanzlei und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert wurde. Gemeinsam mit der Gesellschaft für Entwicklung International Sachsen e.V. und Wissenschaftler:innen der Universität Mbarara in Uganda sowie zwei ugandischen Zivilorganisationen wurde eine Infrastruktur für die Kultivierung von Pflanzen in Gewächshäusern und deren Trocknung sowie Weiterverarbeitung etabliert. „Die Sichtweise der Menschen auf Pflanzen ist ganz anders. Weil die traditionelle Medizin in Uganda fest verwurzelt ist. In dem Land sind alle damit aufgewachsen und haben einen konkreten Bezug zu den Pflanzen und deren Anwendung. Der Bedarf und die Motivation in die moderne Medizin einzusteigen und sich interkulturell auszutauschen, ist aber spürbar“, berichtet Leonard Kaysser, Professor für Pharmazeutische Biologie an der Medizinischen Fakultät, von seinen Erfahrungen vor Ort.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die Centella asiatica wird in Uganda traditionell zur Heilung eingesetzt. Sie wurde als eine von drei Pflanzen im Forschungsprojekt zunächst auf ihr chemisches Profil untersucht und dann in Gewächshäusern angebaut. Foto: Colourbox
Die Centella asiatica wird in Uganda traditionell zur Heilung eingesetzt. Sie wurde als eine von drei Pflanzen im Forschungsprojekt zunächst auf ihr chemisches Profil untersucht und dann in Gewächshäusern angebaut. Foto:…

Drei Pflanzen für Wundheilung und gegen Fieber untersucht

In ugandischen Gewächshäusern wurden Pflanzen unter standardisierten Bedingungen mit wasserbasierten mineralischen Nährlösungen angebaut und mit denen verglichen, die von Einheimischen vor Ort gepflückt wurden. Die Forschenden konzentrierten sich dabei auf drei Krautpflanzen, die in Uganda für die Wundheilung und gegen Fieber eingesetzt werden. Dabei schauten die Wissenschaftler:innen zunächst auf das chemische Profil. Der Vergleich von Pflanzen aus dem Gewächshaus mit Wildexemplaren zeigte, dass diese sich erstaunlicherweise hinsichtlich der Inhaltsstoffe und ihrer biologischen Aktivität nur wenig unterscheiden. Damit eröffnen sich für die lokalen Kleinerzeuger:innen neue Perspektiven zur Einkommensverbesserung. Der Fokus liegt dabei auf Frauen. Das Vorhaben wurde begleitet durch ein Austauschprogramm für Forschende der Universitäten in Leipzig und Mbarara, um die wissenschaftlichen Methoden nachhaltig in Uganda zu etablieren.

Auf Grundlage des ersten Erfolgs wird das Projekt nun in einer zweiten Phase um anderthalb Jahre verlängert. Bei der Fortführung wollen die Forschenden prüfen, ob die Qualität der drei Pflanzenarten im Gewächshaus auch über mehrere Generationen qualitativ vergleichbar mit denen in der Wildnis bleiben. Zudem soll ein kommerzieller Nutzen für die lokalen Organisationen in Uganda geschaffen werden. Ziel ist es, eine Wertschöpfungskette beispielhaft für ein pflanzliches Heilmittel zu erproben, etwa für eine Wundheilungssalbe.

Unterstützt wird das wissenschaftliche Team um Prof. Kaysser von Dr. Cica Vissiennon, Institut für Medizinische Physik und Biophysik, sowie Prof. Christoph Lübbert, Zentrum für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Leipzig. Durch die wissenschaftliche Erprobung von lokalen, traditionellen Arzneipflanzen stärkt das Projekt den ugandischen Gesundheitssektor vor allem im ländlichen Raum und trägt damit zu einer höheren Resilienz gegenüber Herausforderungen im Gesundheitswesen bei.

Weiter Informationen zur Kooperation: Das Projekt "Traditionelle Arzneipflanzen in Uganda" ist Teil des Bund-Länder-Programms (BLP), welches im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH umgesetzt wird. Das Projekt und seine Beschaffungen werden durch das BMZ finanziert und durch Steuermittel, auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts, durch die Sächsische Staatskanzlei kofinanziert. Zur Umsetzung des aktuellen Projekts, mit einem Gesamtbudget von 656.720 Euro, kooperieren die Sächsische Staatskanzlei, die Abteilung Pharmazeutische Biologie am Institut für Wirkstoffentwicklung der Universität Leipzig und die Gesellschaft für Entwicklung International Sachsen e.V. mit dem Pharm-Biotechnology and Traditional Medicine Centre der Mbarara Universität Uganda, sowie den beiden ugandischen zivilgesellschaftlichen Organisationen Lugazi Rural Financial Development Trust und Katosi Women Development Trust.

Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Ihr Kommentar

Hinterlassen Sie gern einen Kommentar. Bitte beachten Sie dafür unsere Netiquette.