Wenn Sie in der Zeit zurückreisen könnten: Hätten Sie als Studentinnen gerne selbst am Mentoringprogramm teilgenommen?
Susanne Benko: Auf jeden Fall. Ich habe mein Studium 2006 abgeschlossen, zu einer Zeit als der Arbeitsmarkt hier in der Region insbesondere für Geistes- und Sozialwissenschaftler:innen sehr wenige Chancen bot. Meine Eltern wollten, aber konnten mir damals nicht so gut bei der Ideenfindung für meine Zukunft helfen. Die Begleitung und Unterstützung durch einen Mentor oder eine Mentorin hätten mir daher sehr gut getan.
Christin Kieling: Ein offizielles Mentoringprogramm gab es auch zu meiner Studienzeit Anfang der 2000er leider nicht. Als Magisterstudentin stand ich vor einem Meer an Möglichkeiten. Um meine beruflichen Vorstellungen zu präzisieren und meinen Fokus klarer zu setzen, habe ich viele Praktika und Jobs gemacht. Bei all diesen Stationen hatte ich unheimliches Glück: Menschen haben sich für mich Zeit genommen, sie haben an mich geglaubt und mir Verantwortung übertragen. Darüber hinaus habe ich mich mit Freund:innen und Kommiliton:innen auch über deren praktische Erfahrungen ausgetauscht. Die Einblicke in potentielle Berufsfelder und der direkte Austausch mit Gleichgesinnten waren für mich damals eine unbezahlbare Orientierungshilfe für die Brücke zwischen Studium und Beruf.
Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Studierenden und den Absolvent:innen, die im Mentoringprogramm zu Tandems zusammenfinden?
Susanne Benko: Die Studierenden geben uns wieder, dass sie durch ihre Tandempartner:innen mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erhalten. Gleichzeitig gefällt ihnen der Austausch mit den anderen Mentees innerhalb unseres Rahmenprogramms sehr gut. Sie merken, dass ihre Sorgen auch fächerübergreifend bei den anderen Studierenden eine Rolle spielen. Außerdem erhalten Sie andere Perspektiven und Inspiration für ihre eigenen beruflichen Wege. Das erzeugt ein Wir-Gefühl und bestärkt total.
Christin Kieling: Dass die Mentees von der Unterstützung ihrer Mentor:innen profitieren, liegt auf der Hand. Der Erfahrungsaustausch und die persönliche Begleitung liegen aber auch im direkten Interesse der Mentor:innen. Ein Mentoring-Programm ist also durchaus für beide Seiten gewinnbringend. Alumnae und Alumni, die in unserem Mentoringprogramm als Mentor:innen tätig sind, verbinden damit häufig sehr viele positive Gefühle. Einerseits ist es für sie schön und sinnstiftend, etwas „Gutes zu tun“ und sich auf diese Weise für ihre Universität zu engagieren. Andererseits erhalten sie auch neue Denkanstöße und Impulse zurück, die sie als lohnend empfinden, sowohl menschlich, fachlich und auch persönlich. Die positive Entwicklung anderer Menschen begleiten zu dürfen, erfüllt sie mit großer Dankbarkeit und tiefer Zufriedenheit. Viele Absolvent:innen sind daher auch langfristig im Programm aktiv und engagieren sich schon seit Staffel 1 als Mentor:innen.
Wenn Sie zurückblicken: Was ist wichtig, um ein so umfangreiches Projekt in Eigeninitiative erfolgreich zum Laufen zu bringen?
Christin Kieling: Dafür braucht es in erster Linie einen langen Atem, glückliche Fügungen und begeisterte Mitstreiter:innen. Die ersten Ideen für ein Mentoringprogramm gab es schon im Jahr 2013. Über das vom Alumni-Netzwerk und Kolleginnen der Philologischen Fakultät initiierte Pilotprojekt „Ein Tag mit…“ konnten Studierende einen Einblick in das Arbeitsleben von Alumnae und Alumni ihres Studiengangs erlangen. Das Projekt wurde aus vielerlei Gründen leider nicht fortgesetzt.
Die Idee zum zentralen, fachübergreifenden Mentoring-Programm wurde dann Anfang 2020 geboren. Durch das im Career Service ansässige Projekt „TalentTransfer“ zur Sicherung des akademischen Fachkräftebedarfs in der Region und durch das Alumni-Netzwerk konnten sowohl personelle wie auch finanzielle Mittel für die Umsetzung bereitgestellt werden.
Denn, und das muss man klar betonen: Ein Mentoringprogramm stellt man nicht mal eben so nebenbei auf die Beine. Grundvoraussetzung ist neben den personellen Ressourcen ein angemessenes, kostendeckendes Budget des Gesamtvorhabens, um insbesondere die Begleitung und Qualifizierung der Mentoring-Partnerschaften und des Rahmenprogramms zu garantieren.
Das Mentoringprogramm ist ein gemeinsames Projekt des Career Service und des Alumni-Netzwerks. Was macht die Arbeit über Abteilungsgrenzen hinweg erfolgreich und wo liegen vielleicht auch Herausforderungen?
Susanne Benko: Wir sind in der glücklichen Situation, dass das Alumni-Netzwerk innerhalb der Stabsstelle Universitätskommunikation und der Career Service schon lange im regen Austausch arbeiten und auch thematisch viele Überschneidungen haben. Des Weiteren arbeite ich selbst hauptsächlich im Career Service und seit über einem Jahr mit einem Anteil in der Alumni-Koordination. Von daher waren die Abteilungsgrenzen keine Herausforderung. Im Ganzen ist der Erfolg des Programms aber eine Teamleistung, die weit über das Orga-Team hinaus geht. Bei uns gilt die gleiche Erkenntnis, wie sie eine Mentee sehr schön im Programm formuliert hat: „Dass man zusammen 1000 mal schneller zum Ziel kommt als alleine.“
Christin Kieling: Hier kann ich mich nur anschließen. Alumni-Arbeit beginnt nicht erst mit dem Abschluss des Studiums. Sie orientiert sich am Lebenszyklus der Studierenden – von der Orientierungsphase über das Studium, das Berufsleben und die Rückkehr an die Universität als Wissensgeber:in. Daher gibt es seit jeher die von Susanne Benko beschriebene enge Kooperation zwischen dem Alumni-Netzwerk in der Stabsstelle Universitätskommunikation und dem Career Service. Kompetenz, Vertrauen und Verbindlichkeit sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Haben Sie aus dem Mentoringprogramm auch etwas für Ihre eigene berufliche Entwicklung mitgenommen?
Christin Kieling: Eindeutig ja. Mentoring ist für mich die schönste Art, wie ehemalige und heutige Studierende der Uni Leipzig mit- und voneinander lernen können – das bestärkt mich als Alumni-Koordinatorin in meiner Arbeit.
Susanne Benko: Ich habe viele positive Impulse mitgenommen, unter anderem, dass berufliche Richtungswechsel auch mit steigender Lebens- und Arbeitserfahrung immer möglich sind. Vor allem aber habe ich viele spannende und engagierte Menschen kennengelernt, sowohl unter den Mentor:innen als auch unter den Mentees.
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