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Andere Sprachen erlernen und andere Kulturen kennenlernen: Unsere Universität bietet dazu vielfältige Möglichkeiten, die über einschlägige Studiengänge hinaus gehen. Neben dem Sprachenzentrum vermittelt dies als Angebotsergänzung seit 30 Jahren auch das Spracheninstitut an der Universität Leipzig. 40 Sprachen bietet das Institut an, ein Spektrum, das es in Deutschland selten gibt. Digital, Präsenz, Outdoor: Die Orte, an denen die Sprachseminare stattfinden sind unterschiedlich. Und eine Bulgarin lehrt Norwegisch und Schwedisch. Das Universitätsmagazin hat das Spracheninstitut besucht.

Von seinem Büro in der Ritterstraße aus hat Roberto Mann einen spektakulären Blick auf den geschichtsträchtigen Nikolaikirchhof. Aber ein Auge fehlt dem Geschäftsführer des Spracheninstituts dafür gerade, denn so kurz vor Semester- und Kursbeginn steht sein Telefon kaum still. Generelle Nachfragen zu den Kursen, Bezahlmodalitäten oder die Anreisekosten eines Lehrers – alles will mit anderthalb Stellen bewältigt sein. Seit 2005 trägt der 61-Jährige, der selbst Französisch studierte und unterrichtete, in Leipzig auf geduldige und menschlich zugewandte Weise die Verantwortung.

Weltoffenheit als Haltung und Motor

Das persische Sprichwort, dass eine neue Sprache wie ein neues Leben ist, entspricht seinem Verständnis von Sprach- und Kulturvermittlung. „Wir klagen zu Recht darüber, dass durch Globalisierungsprozesse manches eintöniger wird oder Tier- und Pflanzenarten sterben. Mit unserem breiten Angebot tragen wir zur Sprachvielfalt bei“, erklärt Mann. „Die Kursteilnehmenden wollen mit dem Erwerb meist auch die Kultur aufsaugen. Ihre Motivation ist häufig, in multikulturellen Beziehungen die Verständigung zu fördern.“ Dementsprechend unterhaltsam ist die Webseite des Spracheninstituts mit kulturellen Zusatzbonbons gestaltet. So erfährt man, warum in Island 13 Weihnachtsgesellen Scherze mit den Menschen treiben oder dass die Thai-Schrift 44 Konsonanten und 32 Vokale hat.

Der Sogeffekt der Leipziger Uni

Das Spracheninstitut wurde 1992 als Verein gegründet, war aber von Anfang an profilstärkender Kooperationspartner der Universität, indem es das Angebot des unieigenen Sprachenzentrums erweitert. Die gegenseitige Unterstützung trägt bis heute. Zu rund 70 Prozent nutzen Studierende die Angebote, darüber hinaus Hochschulangehörige, zu einem kleinen Teil Bürger:innen und auf Anfrage Firmen. Englisch für Flughafenmitarbeiter:innen oder Deutsch für ungarische Monteure sind solche Sonderaufträge. Das Spracheninstitut trägt sich durch Kursgebühren.

Seltene Vielfalt: Sanskrit, die Sprache der Götter

Seit den 2000er Jahren kamen immer mehr Sprachen hinzu. Inzwischen werden von Afrikaans und Hebräisch über Indonesisch und Latein bis hin zu Vietnamesisch insgesamt 40 Sprachen angeboten, darunter sogar Gebärdensprache und die Sprache der Götter, Sanskrit. „So ein breites Spektrum findet man in Deutschland kaum“, sagt Roberto Mann nicht ohne Stolz. „Nur in Berlin und im Ruhrgebiet konzentriert sich Vielfalt in ähnlicher Größenordnung.“ Sprachen, für die man sonst kaum Anbieter findet, sind zum Alleinstellungsmerkmal geworden und entfalteten einen regelrechten Sogeffekt.

Der Großteil der Nutzer:innen sind Deutsche. Die Allzeitklassiker Spanisch, Französisch und Italienisch sind immer sehr gefragt. „Bei den anderen Sprachen wechselt das Interesse, fast wie Modetrends“, berichtet der Geschäftsführer. „Es gab Jahre, da war Schwedisch total gefragt, dann plötzlich Japanisch und Koreanisch. 2015/16 war natürlich Arabisch der große Renner.“ Seit kurzem bereichert eine aus Kiew Geflohene den Ostslawischen Zweig um Ukrainisch. In diesem Sommer standen außerdem erstmals kostenlose Deutschkurse für geflüchtete Ukrainer:innen im Programm und werden im aktuellen Wintersemester fortgesetzt.

Warum eine Bulgarin Schwedisch unterrichtet

Es ist eine dieser spannenden Begebenheiten, die mit kulturellem Interesse einhergeht: Die  Bulgarin Desislava Nikolaeva Dimitrova unterrichtet Norwegisch und Schwedisch. Als eine von rund 50 Kursleiter:innen lehrt sie seit 16 Jahren am Spracheninstitut, ihr ganzes Berufsleben, wie sie betont. Die 41-Jährige hat zunächst Skandinavistik in Sofia studiert und später noch Germanistik, Medien und Kommunikation in Leipzig draufgesetzt. „Ich habe die Sprachen studiert, ohne zuvor in die Länder gereist zu sein. Die deutsche Sprache war der Anfang von allem.“ Wohnhaft in Dessau setzt sie verschiedene Lehrformate wie „Outdoor Svenska“ ein. Im Freien und in Bewegung lernt es sich hervorragend. „Ich selbst entwickle mich mit jeder Stunde, der Vielfalt der Teilnehmenden und ihrer Sicht auf die Sprache weiter. Auch als Lehrkraft ist man nie fertig mit seiner Bildung. Viele Studierende suchen noch ihren späteren Weg im Leben. Für mich ist Sprache Berufung. Es steckt an, wenn man seine eigene Begeisterung teilt.“

Besondere Perlen im Kursbetrieb

Die regulären Kurse beginnen immer in der zweiten Semesterwoche. Darüber hinaus gibt es in der vorlesungsfreien Zeit im März und September Intensivkurse. Da wird das Stundenvolumen eines Sprachkurses in einer Woche komprimiert durchgezogen. Und dann sind da noch die „kleinen Perlen im Betrieb“, wie Roberto Mann die Summer und Winter Schools nennt, die in Uni-Kooperation und mit Interessierten aus ganz Deutschland stattfinden. Schwerpunkte waren bereits Spanisch, Arabisch und Kurdisch. Ein exotischer Höhepunkt ist seit 2017 „Spoken Sanskrit“, eine Rarität vergleichbar zu gesprochenem Latein. Es gibt nur ganz wenige, die das unterrichten können, was Teilnehmende aus der ganzen Welt vier intensive Wochen lang nach Leipzig zieht. Koreanisch für Japanologie-Studierende könnte demnächst eine weitere Perle werden.

Die Krise als Initialzündung

Eine entscheidende Wegmarke in der Institutsgeschichte liegt schon 22 Jahren zurück, als es zum ersten Mal als Testzentrum für ein international anerkanntes Sprachdiplom anerkannt wurde. Weitere folgten und schließlich wurden sogar hauseigene Zertifikate eingeführt. Eine aktuelle Wegmarke setzte die Corona-Epidemie, indem sie das bestehende Konzept der Präsenzkurse durchkreuzte. Innerhalb weniger Wochen wurde auf Online-Betrieb umgestellt und eine neue, eigene Lernplattform eingerichtet.

Ortsunabhängig teilnehmen zu können, entpuppte sich als ein echter Gewinn insbesondere für Menschen, die an selten unterrichteten Sprachen interessiert sind, in ihrer Region jedoch kein Angebot finden. Zum Beispiel für Lettisch, Litauisch, Persisch und Quechua, die Sprache der Inka. Sie erleben jetzt deutschlandweiten Zuspruch. Oder umgekehrt, der Hebräisch-Kursleiter unterrichtete wahlweise von Erfurt, Wien oder Israel aus. „Wir sind viel flexibler durch die hybride Unterrichtsweise geworden“, stellt Roberto Mann fest. Eigentlich habe die Zukunft des Spracheninstituts durch die digitale Erweiterung schon längst begonnen.

  • Interessent:innen können auch nach Beginn der Sprachkurse in die Seminare einsteigen. Informationen dazu finden Sie dazu auf der Webseite. Das Spracheninstitut ist auch per Mail erreichbar.

 

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