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Der Tierschutz liegt Beryl Eusemann sehr am Herzen. Die 34-Jährige ist fasziniert von den Chancen, die ihr als Forscherin die unterschiedlichen Beziehungen der vielen verschiedenen Tierarten zum Menschen bieten. Insbesondere den Tierschutz betrachtet Eusemann, die auf diesem Gebiet bereits zahlreiche Erfahrungen gesammelt hat, aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Seit Kurzem forscht und lehrt sie als Juniorprofessorin mit Schwerpunkt Tierschutz und Ethologie am Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen. Im Interview berichtet die Veterinärmedizinerin unter anderem, warum sie die Ursachen für Brustbeinbrüche und -deformationen bei Legehennen besser begreifen möchte und wieso ihr Interdisziplinarität in der Lehre so wichtig ist.

Was haben Sie studiert – und wo?

Ich habe Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin studiert.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?

Direkt im Anschluss habe ich am Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für Tierschutz und Tierhaltung in Celle zum Thema Brustbeinschäden bei Legehennen promoviert. Danach habe mich an der Freien Universität Berlin im Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde und anschließend am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit dem Schutz von Versuchstieren beschäftigt. In beiden Einrichtungen habe ich mich als Tierschutzbeauftragte direkt um das Wohlergehen der Tiere vor Ort kümmern können. An der FU Berlin war ich zudem in einem großen Verbundprojekt zur Entwicklung von Organoiden als Alternativmethode zum Tierversuch beschäftigt. Am BfR wiederum arbeitete ich im Nationalen Ausschuss Tierschutzgesetz mit, beriet mit meinen Kolleginnen und Kollegen also sowohl Genehmigungsbehörden als auch wissenschaftliche Einrichtungen insbesondere zu rechtlichen Fragen rund um Tierversuche. Hier war insbesondere die enge Zusammenarbeit mit einem Juristen sehr spannend in Bezug auf unterschiedliche Herangehensweisen bei der Beantwortung einer Fragestellung sowie das Lesen und die Anwendung von Gesetzestexten.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet und was sind Ihre Schwerpunkte?

Am meisten fasziniert mich die Vielseitigkeit meiner Forschungsgebiete Tierschutz und Ethologie. Da gibt es nicht nur unglaublich viele verschiedene Tierarten in den unterschiedlichsten Beziehungen zum Menschen, die man alle erforschen kann, sondern insbesondere der Tierschutz kann auch aus ganz vielen verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Deshalb ist eine interdisziplinäre Herangehensweise hier auch besonders sinnvoll und wichtig. Ich habe zum Beispiel in der Vergangenheit mit Forschenden aus den Bereichen Verhaltensbiologie, Agrarwissenschaften, Recht und Ethik zusammengearbeitet und möchte dies auch an der Universität Leipzig fortsetzen und vertiefen.

Derzeit liegen meine Schwerpunkte bei den Hühnern – einmal bei den Legehennen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung und einmal bei Hühnerembryonen, die für Forschungszwecke eingesetzt werden. Bei den Legehennen erforsche ich momentan die Ursachen verschiedener Tierschutzprobleme, insbesondere Knochenbrüche. Bei den Hühnerembryonen möchte ich wissen, ob die Versuche, die an ihnen durchgeführt werden, zu Schmerzen führen können und wie man diese lindern kann. Da sie nach deutschem und europäischem Recht nicht als Versuchstiere gelten, müssen bei Versuchen an ihnen nämlich keine bestimmten Regelungen, beispielsweise zur Schmerzausschaltung, berücksichtigt werden, was zu Tierschutzproblemen führen könnte.

Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?

Ich möchte die Ursachen für Brustbeinbrüche und -deformationen bei Legehennen besser begreifen. Ein extrem hoher Anteil der Legehennen – je nach Studie über 90 Prozent der Hennen einer Herde – leiden an gebrochenen Brustbeinen. Nachdem wir bereits zeigen konnten, dass diese in Zusammenhang mit dem Eierlegen stehen, möchte ich nun die Ursachen genauer erforschen, sodass wir diesem gravierenden Tierschutzproblem entgegenwirken können. Als einen Teilaspekt darin möchte ich die Knochenphysiologie weiblicher Vögel, insbesondere im Vergleich zum Säugetier, genauer untersuchen und besser verstehen.

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

Wie in meiner Forschung möchte ich auch in der Lehre einen Fokus auf Interdisziplinarität setzen. Von gemeinsamen Kursen beispielsweise für Studierende der Veterinärmedizin und der Rechtswissenschaften werden beide Disziplinen profitieren. Den Studierenden der Veterinärmedizin möchte ich zudem nahebringen, welche Rolle den Tierärztinnen und Tierärzten bei der Entwicklung hin zu mehr Tierschutz zukommt und welche Möglichkeiten sie haben, aktiv dabei mitzuwirken. Hierfür werde ich auch Tierärztinnen und Tierärzte aus den verschiedensten Berufsfeldern einladen, damit sie Fälle aus ihrem Alltag vorstellen. So können die Studierenden lernen, wie sie in ihrem späteren Berufsleben mit Tierschutzproblemen umgehen können. Ich möchte sie außerdem insbesondere in der Erkennung von Tierwohl und Tierschutzproblemen sowie in der kritischen Beurteilung von Tierhaltungen schulen, beispielsweise durch praktische Kurse mit Tierbeobachtung.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…

…aufgrund ihrer Vielzahl an Fachrichtungen eine wunderbare Wirkungsstätte, an der ich die Interdisziplinarität meiner Forschung und Lehre perfekt ausbauen kann.

Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

Eine ähnliche Erfindung wie der Babelfisch aus Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“ fände ich sehr praktisch. Ich stelle mir dabei aber kein Lebewesen, wie im Roman, sondern ein kleines Gerät vor, das, ins Ohr gesetzt, aus allen möglichen Sprachen in andere dolmetschen kann. So könnte man auch in Ländern, deren Sprache man nicht beherrscht, sehr leicht mit den Menschen kommunizieren. In Bezug auf mein Forschungsgebiet wünsche ich mir außerdem Erkenntnis darüber, wie wir es schaffen, den Tierschutz über Ländergrenzen hinweg gleichzeitig zu verbessern, sodass die Befürchtung, die Landwirtschaft oder Forschung würde bei Verbesserungen in einem Land in ein anderes Land verlegt, keine Bedeutung mehr hat.

Welche Hobbys haben Sie?

Singen, Theater spielen, Wildtierbeobachtung und -fotografie, Reisen, Gesellschaftsspiele, …

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto, das Ihnen auch über schwierige Phasen hilft?

Eine ehemalige Kollegin von mir hat bei Konflikten oder Problemen gerne „Nicht ärgern, nur wundern.“ gesagt. Den Satz finde ich sehr hilfreich, um auch in schwierigen Phasen positiv zu bleiben.

Verraten Sie uns bitte noch, wann und wo Sie geboren sind?

Gerne. Am 23.10.1989 in Emmendingen, Baden-Württemberg.

 

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