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Die Reihe „Gesichter der Uni Leipzig“ stellt regelmäßig die Menschen vor, die sich hinter unzähligen kleinen und großen Aufgaben an unserer Hochschule verbergen – im Studium, in der Universitätsverwaltung oder – so wie diesmal – in Forschung und Lehre. Heute hat der neu berufene Professor für Pharmazeutische Biologie, Leonard Kaysser, aus dem Institut für Wirkstoffentwicklung einige Fragen beantwortet.

Was haben Sie studiert – und wo?

Ich habe Technische Biologie mit Schwerpunkt mikrobielle Biotechnologie an der Universität Stuttgart und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich studiert. Eine spannende Erfahrung war auch mein Industriepraktikum im Bereich mikrobielle Qualitätskontrolle, für das ich einige Monate nach Sydney/Australien gegangen bin.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?

Nach dem Studium habe ich in der Abteilung für Pharmazeutische Biologie der Universität Tübingen promoviert und mich mit der Untersuchung neuer Antibiotika aus Bodenbakterien beschäftigt. Dieses Thema hat mich auch auf meinen weiteren Stationen begleitet. Ich bin dann für etwas mehr als zwei Jahre an die University of California San Diego und habe an der Scripps Institution of Oceanography mit Prof. Bradley S. Moore geforscht. An der UCSD sind noch eine ganze Reihe weiterer Spitzenforscher auf meinem Gebiet angesiedelt und die Diskussions- und Innovationskultur in diesem Umfeld fand ich extrem inspirierend. Es war wirklich aufregend, hautnah bei der Entwicklung von neuen bahnbrechenden Technologien dabei zu sein. Danach wurde ich auf eine Juniorprofessur in Tübingen berufen und war dort Leiter einer Nachwuchsgruppe im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet und was sind Ihre Schwerpunkte?

Besonders faszinierend finde ich die Tatsache, dass Bakterien, ganz einfache, mikroskopisch kleine Lebensformen, uns als Krankheitserreger schweren Schaden zufügen können. Gleichzeitig geben sie uns als Produzenten wichtiger Antibiotika die Mittel in die Hand, um uns vor diesen Krankheiten zu schützen. Billionen solcher Mikroorganismen bevölkern natürlicherweise unseren Körper. Sie stehen mit uns in einem empfindlichen Gleichgewicht, dessen Störung gravierende Folgen auf unsere Gesundheit haben kann. Das kann sich zum Beispiel in einem erhöhten Risiko für Infektionskrankheiten, Allergien, aber auch Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Karies oder Diabetes ausdrücken. Wir wollen verstehen wann, wie und warum Bakterien kleine bioaktive Moleküle produzieren und welche Rolle diese potentiellen Arzneistoffe in der Wechselwirkung zwischen den Bakterien und dem menschlichen Körper spielen. Damit hoffen wir neue Antibiotika gewinnen und neuartige Therapieformen entwickeln zu können.

Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?

Meine Abteilung wurde in das neugegründete Institut für Wirkstoffentwicklung integriert, welches ich zusammen mit Professor Jens Meiler leite. Das eröffnet meiner Forschung nun völlig neue Perspektiven. Die bestimmende Frage, mit der sich meine und viele andere Gruppen weltweit beschäftigen ist, wie wir möglichst effizient zu neuen bioaktiven Substanzen kommen, die als Leitstrukturen für die Wirkstoffentwicklung dienen können.

Man hat durch Genomsequenzierungen festgestellt, dass die bisher aus Mikroorganismen isolierten Verbindungen nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Dieses enorme Potential, das da noch in den Bakteriengenomen schlummert, lässt sich aber nur unter großem Aufwand zugänglich machen. Im Labor produzieren die Mikroorganismen die gewünschten Stoffe selten. Wir müssen unterschiedliche, teils langwierige mikrobiologische und gentechnische Methoden einsetzen, um sie davon zu überzeugen, weil wir die natürlichen Signale dafür noch nicht gut genug verstehen. Es wäre also von großem Vorteil, wenn man wüsste, dass sich dieser Aufwand lohnt, sprich, dass die Zielstrukturen tatsächlich gewünschte pharmakologische Eigenschaften aufweisen.

In unserem Institut habe ich nun die Gelegenheit, mit Experten aus den Bereichen des computergestützten Wirkstoffdesigns, der Proteinmodellierung und Bioinformatik eng zusammenzuarbeiten. Mein Anspruch ist es, in diesem spannenden Umfeld neue Methoden zu entwickeln, die es uns etwa mit Hilfe des maschinellen Lernens erlauben, viel zielgerichteter zum Beispiel nach resistenzbrechenden Antibiotika zu suchen. Moderne Techniken der synthetischen Biologie aber auch ökologische Ansätze können uns dann helfen, diese Substanzen aus den Bakterien zu gewinnen.

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

Traditionellerweise beschäftigt sich die Pharmazeutische Biologie in der Apotheker:innen-Ausbildung viel mit Arzneipflanzen, deren Inhaltsstoffen und therapeutischen Einsatzmöglichkeiten. Neben diesen weiterhin wichtigen Themen gibt es aber inzwischen viele äußerst erfolgreiche biogene Arzneimittel, die biotechnologisch hergestellt werden und sich auch in ihrer Zusammensetzung deutlich von den pflanzlichen Naturstoffen unterscheiden. Dazu zählen therapeutische Antikörper und Proteine, aber auch Gen-, Zell- und Gewebetherapeutika, denen eine immer größere Bedeutung zukommt.

Mir ist es ein Anliegen, diesen Inhalten entsprechend Raum in der theoretischen wie praktischen Lehre zu geben, um die Studierenden bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten. Durch meinen eigenen wissenschaftlichen Hintergrund bin ich natürlich auch sensibilisiert auf die wachsende Bedrohung durch antibiotikaresistente Keime und der Gefahr eines post-antibiotischen Zeitalters. Das Thema antimikrobielle Wirkstoffe und Resistenzentwicklung wird daher sicher ein weiterer Schwerpunkt meiner Lehre werden.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…“

…die perfekte Mischung aus Tradition und Innovation. Es ist toll, jetzt Teil davon zu sein und daran mitwirken zu können.

Welche Hobbys haben Sie?

Ich war früher mit meiner Frau viel tauchen. Mit zwei kleinen Kinder haben wir aber gerade wenig Zeit dazu. Die beiden wissen allerdings schon super Bescheid, und wir freuen uns darauf, sie bald auf den ersten gemeinsamen Tauchtrip mitzunehmen.

Verraten Sie uns bitte noch wann und wo Sie geboren sind?

1978 in Böblingen.

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