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Es ist eine der demokratischen Errungenschaften, dass Beauftragte für besondere Interessengruppen an der Universität Leipzig in deren Grundordnung unter Paragraf 22 und 23 verankert wurden. In einer Serie möchten wir die amtierenden und neugewählten Amtsträger vorstellen. Den Anfang macht der Beauftragte für studentische Angelegenheiten.

Er gehört nicht zu den Lauten, aber er erhebt regelmäßig seine Stimme. Er steht in der guten Tradition seiner Vorgänger:innen Paul Georgi und Antonia Gerber. Er muss den Spagat zwischen Einsatz als Interessenvertreter und dem Bitten um Verständnis in seiner Statusgruppe schaffen. Und doch hat er so seine Eigenheiten. Felix Fink ist der amtierende Beauftragte für studentische Angelegenheiten.

Sein Amt versteht er als Vertreter studentischer Wünsche, um diese gegenüber den Verantwortungsträger:innen an der Universität aus- und anzusprechen. Seine Sorge gilt auch den Studierenden, dass sie in den Gremien der Uni bestmöglich arbeiten können. „In der Realität heißt das, dass ich mich an verschiedenen Stellen, insbesondere auf der Ebene des Rektorats und der Zentralverwaltung versuche, für die studentischen Belange starkzumachen“, umschreibt er sein Selbstverständnis in der Amtsausführung. „Ich berate und unterstütze aber auch die Studierenden in den Gremien in Fachfragen oder formalen Angelegenheiten. Außerdem vermittle ich zwischen divergierenden Positionen zwischen den Studis und der Uni.“

Um das umzusetzen, trifft er sich regelmäßig Prof. Dr. Thomas Hofsäss zum Jour fixe, berät mit dem Prorektor für Bildung und Internationales in einer Stunde aktuelle Themen. „Die Rektorin traf ich anlassbezogen zu zweit, da die meisten Themen in den Geschäftsbereich des Prorektors für Bildung und Internationales fallen.“ Auf seiner Agenda stehen zudem Diskussionen zu Themen von universitätsweiter Tragweite mit weiteren Akteur:innen wie den Dekan:innen, dem Student_InnenRat StuRa oder den Fachschaftsräten. Im Senat ist er als beratendes Mitglied eingeladen. Dort erlebt man ihn als kritischen Beobachter, der eine Position für die Studierenden einnimmt und aus dem praktischen Erleben ihre Belange vorträgt. Er ist eng an der Seite der studentischen Senator:innen und der Vertreterin des StuRa.

Doch Kritik versteht Felix Fink immer in Verbindung mit konstruktiven Vorschlägen. Im Krisenstab ging es ihm darum, die Sorgen und Wünsche der Studierendenschaft während der Coronapandemie zu verdeutlichen und Lösungsangebote zu unterbreiten. Viele seiner Ideen fanden Beachtung und flossen in die Entscheidungen von Senat und Krisenstab ein.

Aber es gibt auch Fragen, die Fink teilweise unbefriedigt zurücklassen: „Die Thematik der sogenannten Freiversuche während der Pandemie. Hier war ich mit sehr vielen Studierendenvertreter:innen des StuRa und der Fachschaften, den Dekan:innen und dem Rektorat im Dialog, um eine möglich gute Lösung zu finden. Die Entscheidung, ab dem Wintersemester 2021/22 keine Freiversuche mehr zu ermöglichen, fand ich falsch.“ Und wenn ihm etwas nicht so gefällt, setzt er auch schon einmal ganz schnell einen Tweet ab.

Digital unterwegs, um schnell zu reagieren

Die Messengerdienste und Social Media spielen überhaupt in seinem Arbeits- und Studienalltag eine große Rolle. „Das Nachrichtenaufkommen ist variabel. Zu manchen Zeiten sind Themen ‚heiß‘, dann muss ich recht viel schreiben und Termine wahrnehmen. Das ist nicht ganz leicht, da ich die Zeitpunkte von solchen ‚heißen Phasen‘ nicht bestimmen kann, sie aber trotzdem in meine sonstigen Verpflichtungen – bspw. mein Studium – integrieren muss.“ Die Anfragen, über das Jahr gerechnet können das wöchentlich bis zu zehn Themen sein, kommen über Telegram oder andere Messanger sowie per Mail bei ihm an. Manche kann er mit zwei Sätzen final beantworten, für andere muss sich Felix Fink Gesetzeskommentare heraussuchen, im Internet recherchieren oder Unistellen um Hilfe bitten. Solche Angelegenheiten ziehen sich dann meist über mehrere Wochen oder Monate und produzieren enormen Schriftverkehr. „Wenn es zu komplex wird, bitte ich meist um ein persönliches Treffen – während der Pandemie hauptsächlich digital, wobei ich Präsenz bevorzuge.“

Die Anfragen und deren Reichweite sind sehr verschieden. So können diese einzelne Studierende bei Problemen mit Unistellen betreffen, die oft schnell zu lösen sind. Die Erfolgsquote liegt hier ca. bei 80 Prozent, versichert der 25-jährige Student im 9. Semester Lehramt Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung, Wirtschaft: „Regelmäßig bitten mich auch Studierendenvertreter:innen eines Studiengangs um Unterstützung, weil sie mit ihren Angelegenheiten, z. B. dass Veranstaltungen nicht angeboten werden oder dass die Lehre nicht gut ausgestattet ist, innerhalb ihrer Fakultät einfach nicht weiterkommen. Hier versuche ich mit den verschiedenen Seiten zu sprechen, die einzelnen Beweggründe zu verstehen und gemeinsam mit den Betroffenen an einer Lösung zu arbeiten.“ Hier müsse er weitere Stellen, unter anderem die Hochschulleitung, einbeziehen. Zu Zweidrittel finden sich Lösungen. Ein dritter Schwerpunkt liegt in Fragen, die eigentlich alle Studierenden betreffen.

Verständnis auf allen Seiten einfordern

„Weitaus schwieriger ist es bei Themen, in denen die Studierendenvertretungen und ich eine andere Meinung haben als das bisherige Rektorat.“ Als Beispiel benennt Fink, wie viele Lehrveranstaltungen Dozent:innen pro Woche maximal geben sollen, damit noch eine gute Lehre möglich ist. Er sei überzeugt, dass die Lehre leiden würde, wenn Dozent:innen verpflichtet würden, zehn Veranstaltungen pro Woche zu halten. Im Ergebnis sei keine Zeit verschiedene Inhalte zur Wahl anzubieten, Seminare variabel vorzubereiten, Studierenden individuell zu betreuen oder die Korrektur aufwendige Hausarbeiten vorzunehmen.

„Grundsätzlich bin ich daran interessiert, an der gesamten Universität gleichwertige Studienbedingungen sicherzustellen. Zu vielen Fragen können die 14 Fakultäten der Uni jedoch theoretisch sehr verschieden entscheiden. Ich achte die Entscheidungshoheit der Fakultäten, trotzdem vertrete ich die Ansicht, dass das, was gleich ist, auch gleich zu behandeln ist. Das Rektorat befindet sich vielleicht noch etwas mehr im Spannungsfeld zwischen der Autonomie der Fakultäten oder gar Studiengänge und der Notwendigkeit der gesamtuniversitären Vergleichbarkeit“, erläutert der Beauftragte für studentische Angelegenheiten ein Problem, das jedoch zu den Grundprinzipien der Universität Leipzig gehört.

„Einer meiner Vorgänger, Paul Georgi, hat das Amt einmal als ‚Wissensspeicher‘ bezeichnet“, resümiert Felix Fink über sein Aufgabenspektrum. „Ich finde diese Beschreibung ganz treffend, da ich Konflikte, die an Präzedenzfällen einmal entschieden wurden, meist kenne und dann dafür sorgen kann, dass sie auch an der ganzen Uni umgesetzt werden.“

Immer wieder wirbt er für Verständnis, dass beide Seiten versuchen, die Sichtweise der anderen Seite zu betrachten. Um das zu schaffen, muss natürlich ein regelmäßiger Austausch unter Einbeziehung möglichst vieler Studierenden mit verschiedenen Positionen und der Hochschulleitung stattfinden.

Die Grenzen seines Handelns und des Handelns der Studierendenvertretungen sieht Fink meistens in seiner begrenzten Zeit, in der Übermacht der Professor:innen und des Rektorats, in den Gesetzen wie dem Sächsischen Hochschulgesetz (SächsHSFG). „Aus meiner Sicht setzt es an vielen Stellen die falschen Weichen. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass die Studierenden und die Mitarbeiter:innen viel zu wenig in den Entscheidungsprozessen zu sagen haben.“ Er spricht damit die immer wieder von den studentischen Vertreter:innen vorgebrachte Position im Senat an, dass man dort wegen der Stimmmehrheit der Professor:innen wenig durchsetzen könne. Eine Alternative wäre, dass die Professor:innen, die Dozierenden, die Studierenden und die Verwaltungsangestellten je ein Viertel der Sitze bekommen.

Freiraum und Freizeit für eigene Kreativität

Felix Fink, der neben dem Amt als Beauftragter für studentische Angelegenheiten der Universität Leipzig noch Referent für Hochschulpolitik der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) ist, hat ein eingeschränktes Freizeitbudget. Das nutze er abends und am Wochenende. „Ich stehe nicht sehr früh auf, ich erlaube mir also auch unter der Woche abends Freund:innen zu treffen, wenn auch meist nicht bis nach Mitternacht.“ Sein Tag ist von Montag bis Freitag, von 10 bis 19 Uhr für das Studium und die Hochschulpolitik blockiert. Termine am Wochenende versucht er zu vermeiden. „Ich finde es wichtig, mindestens einen Tag zu haben, an dem das Studium und die Politik keine Rolle spielt. Kreative Einfälle brauchen Raum und Zeit.“ Bei Treffen mit Freundinnen und Freunden in Kneipen im Leipziger Osten wird zu kontroversen politischen Themen diskutiert. Ganz aktuell natürlich zu Fragen der internationalen Beziehungen und Konflikten oder zu den Folgen des kapitalistischen Wirtschaftens und die Hoffnung auf eine andere Welt. „Hierzu kann ich bis in die Morgenstunden produktiv streiten“, umrahmt der 25-Jährige seine Freizeitaktivitäten, die er auch gern einmal mit einem guten trockenen Wein begießt. „Zum Lesen komme ich aber leider viel zu selten.“ Wenn, dann nimmt er gern hauptsächlich Dramen und einige deutschsprachige Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Hand: Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt sowie ostdeutsche Autor:innen wie Maxie Wander oder Stefan Heym.

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