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Wie lassen sich Wissenschaft und Familie vereinbaren? Welche Strategien gibt es? An welchen Stellen hakt das System? Wissenschaftler:innen drei großer Sonderforschungsbereiche der Universität Leipzig haben sich vernetzt und über diese Fragen ausgetauscht.

Die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie ist nach wie vor eine große Hürde. Zeitliche Flexibilität, befristete Arbeitsverträge, Konferenzreisen sowie ein hohes Maß an Aufopferung für berufliche Ziele sind mit den Bedürfnissen von Kindern und Eltern oft schwer unter einen Hut zu bringen. Die Zahlen zeigen, dass vor allem Frauen nicht in akademischen Führungspositionen ankommen: Während im wissenschaftlichen Mittelbau der Universität Leipzig 46 Prozent weiblich sind, liegt der Anteil bei den Professorinnen nur noch bei 26 Prozent.

Um sich besser zu vernetzen und auszutauschen, berichteten die Forscher:innen und Eltern Prof. Ruth Stassart, Dr. Antje Garten, Prof. Irene Coin und Dr. Geert Castryck bei der Veranstaltung „Familie und Karriere in der Wissenschaft“ von ihren Erfahrungen. „Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt in der wissenschaftlichen Karriere, um ein Kind zu bekommen“ – waren sich die Teilnehmer:innen der Podiumsdiskussion im Studentenkeller STUK einig. Dorthin hatten die drei DFG geförderten Sonderforschungsbereiche SFB 1052 – Mechanismen der Adipositas, SFB 1199 – Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen sowie der SFB 1423 – Strukturelle Dynamik der GPCR-Aktivierung und Signaltransduktion, eingeladen. Bei dem Treffen wurde deutlich: Es gibt genug Beispiele am Standort Leipzig, wie die akademische Karriere mit Nachwuchs gelingen kann – aber auch Hinweise auf die Schwachstellen des Systems.

Modelle und Strategien

Frau Stassart, Professorin an der Medizinischen Fakultät, und Herr Castryk, promovierter Historiker im ReCentGlobe, haben eine Gemeinsamkeit: Ihre Partner:innen arbeiten ebenfalls in der Wissenschaft. Sie nutzen die gleiche Strategie: Der Wechsel von kurzen und langen Tagen in der Woche, um für die Arbeit Freiraum für Abendveranstaltungen, größere Projekte, wichtige Deadlines zu haben – aber anders herum auch mal den Nachmittag mit dem Kind verbringen zu können.

Frau Garten, Wissenschaftlerin im Forschungslabor der Kinderklinik, ist im Rückblick dankbar dafür, dass ihre Eltern immer wieder einspringen konnten, als ihre drei Kinder noch klein waren. Sie verbrachte die Elternzeit damit, ihre Promotion fertig zu stellen – die durch die Zeit des Mutterwerdens insgesamt acht Jahre dauerte. Biochemikerin Coin war bereits ganz oben auf der wissenschaftlichen Karriereleiter angekommen, hatte den Professorinnentitel inne, als sie ihre Zwillinge bekam – nun bekommt sie sehr viel Unterstützung ihres nicht mehr berufstätigen Mannes.

Wo hakt es in der Praxis?

Aus dem eigenen Alltag berichten die Forschenden von einigen Hürden. Prof. Stassart sagt: „Die Zeit die man braucht, um Aufgaben zu bewältigen, reicht nicht. Wir Wissenschaftler sind sehr perfektionistisch, das widerspricht sich irgendwie mit dem Alltag mit einem Kind.“ Ihre Kollegin Dr. Garten ergänzt: „Man muss lernen, mit dem Gefühl klar zu kommen, dass man nicht genug Zeit für alles hat. Weder die Kinder, noch die Wissenschaft.“

Lösungsvorschläge und Ansätze für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft gab es auch. Dr. Castryk meint, die Herangehensweise und Struktur müsse sich ändern: „Wie kann man die Möglichkeiten verbessern, in der Wissenschaft auch Karriere zu machen, ohne 80 Stunden in der Woche arbeiten zu müssen?“ Es sei nicht der richtige Ansatz, die Exzellenz in diesem Gebiet an den Arbeitsstunden fest zu machen. Prof. Stassart sagt: „Von uns Wissenschaftler:innen wird erwartet, dass man ein eigenes Unternehmen führt. Grundsätzlich ist die Arbeitsbelastung zu hoch. Es wäre wichtig, Dinge die eher organisatorisch und nicht fachlich relevant sind, auszugliedern.“ Das sieht Dr. Garten genauso: „Es wäre zielführend, Stellen an der Universität stärker in administrative und wissenschaftliche Positionen aufzugliedern.“

Die Universität Leipzig bietet verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung an. Weitere Informationen gibt es unter anderem auf folgenden Seiten:

Mehr Informationen zum Thema Studium und Kind gibt es auf der Homepage des Gleichstellungsbüros.

Die Resaerch Academy bietet Unterstützung bei der Kinderbetreuung.

Die Medizinische Fakultät bietet verschiedene Nachwuchs- und Forschungsförderprogramme an.

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