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Immer, wenn Charlotte Schubert in den vergangenen Jahren eine Kollegin oder einen Kollegen aus einer anderen Stadt zu Gast hatte, lud sie diese zu einem kleinen Rundgang durch Leipzig ein. Der begann stets am Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Sie berichtete von der langen Streit-Geschichte, die der Eröffnung des Gebäudes im Dezember 2017 voranging. Die Professorin für Alte Geschichte erzählte ihren Gästen aber auch von dem Kompromiss, der letztlich errungen wurde. „Durch die Bank weg waren sie beeindruckt von der Lösung, die an der Universität Leipzig gefunden wurde“, erinnert sie sich. Nicht nur den Streit ums Paulinum, sondern auch viele andere Ereignisse in der Nach-Wende-Entwicklung der Universität hat die heute 66-Jährige hautnah erlebt, denn sie ist fast 28 Jahre an der Alma Mater tätig, 16 Jahre davon auch als Senatorin. Ende März geht sie in den (Un)Ruhestand.

Als Prof. Dr. Charlotte Schubert am 1. September 1993 in die Dienste der Alma Mater trat, erlebte sie eine Aufbruchstimmung durch die komplette Umstrukturierung der Universität nach der Wende. „Das war wirklich etwas ganz Besonderes“, sagt sie zurückblickend. Sie habe damals die Möglichkeit gehabt, den Magisterstudiengang Alte Geschichte und die gesamte Fakultät für Geschichte, Kunst- und Regionalwissenschaften (damals Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften) mit aufzubauen. In dieser Zeit begann auch die Auseinandersetzung ums Paulinum, in dessen Folge der damalige Rektor Volker Bigl aus Protest gegen einen Beschluss der sächsischen Landesregierung 2003 von seinem Amt zurückgetreten war. Charlotte Schubert war damals bei der Senatssitzung dabei, als Bigl diesen Entschluss verkündete. „Ich habe das sehr bedauert. Aber inzwischen hat die Universität Leipzig diese Krise gut überwunden, sich mit der Stadt, dem Land und der Landeskirche gut arrangiert“, betont sie. Die Historikerin hatte damals mit Kollegen eine Workshop-Reihe zu diesem Thema organisiert und den Band „Welche Erinnerung brauchen wir?“ herausgegeben.

Beim Blick zurück auf ihre wissenschaftliche Laufbahn fällt ihr zuerst der „Nomaden-SFB“ ein. Eigentlich, so sagt Schubert, habe der Sonderforschungsbereich (SFB) 586 "Differenz und Integration" einen „schönen, langen Titel“, der beschreiben sollte, wie sich die Beziehung zwischen Nomaden und Sesshaften im Laufe der menschlichen Geschichte entwickelt hat. Aber sie und ihre Kollegen hätten immer nur vom „Nomaden-SFB“ gesprochen. Im Unterschied zu anderen SFBs rückten hier die kleinen Fächer in den Fokus und machten sie zu etwas „Herausragendem und Besonderem“. Seit 2008 forschte die gebürtige Solingerin an mehreren Digital-Humanities-Projekten. Sie entwickelte zusammen mit Kollegen das Portal eAQUA, das strukturiertes Wissen aus antiken Quellen für die Altertumswissenschaft zusammenfasst. Das Portal wird künftig von der Universität Trier betreut. Auch im Ruhestand wird Charlotte Schubert, die einen Status mit erweiterten Angehörigenrechten an der Universität Leipzig bekommen hat, die eine oder andere Reise nach Trier unternehmen und das Portal weiter mit betreuen.

Von Ruhestand kann man in ihrem Fall kaum sprechen, denn sie wird künftig auch noch andere wissenschaftliche Projekte betreuen: neben eAQUA auch ein vom Bund gefördertes Forschungsvorhaben, das die Wirkung von Licht auf den Menschen näher beleuchten wird. Schließlich will Charlotte Schubert auch im Akkreditierungsrat, in den sie jetzt berufen wurde, mitwirken. Trotz all dieser Verpflichtungen hat sie sich privat auch einiges vorgenommen. „Ich freue mich sehr, dass ich künftig mehr Zeit mit meinem anderthalbjährigen Enkelkind verbringen kann“, erzählt Schubert. Sobald sie geimpft ist und die Beschränkungen gelockert werden, wolle sie ihre Kinder und ihren Enkel wieder in Berlin besuchen. Sie selbst will auf jeden Fall mit ihrem Mann in Leipzig bleiben.

Was Charlotte Schubert ihrer Uni wünscht? „Dass sie den Aufschwung in Forschung und Lehre, den sie in den vergangenen zehn Jahren vor allem unter Rektorin Schücking genommen hat, weiter fortsetzt."

 

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