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Die Arbeitsplätze von Sujata Kulkarni und Sara M. Vallejo-Bernal an der Fakultät für Physik und Erdsystemwissenschaften trennten bis vor kurzem nur wenige Flure. Beide beschäftigen sich mit den globalen Auswirkungen des Klimawandels – und beide sind Teil einer wachsenden wissenschaftlichen Verbindung zwischen der Universität Leipzig und indischen Hochschulen. Kulkarni kam vom Indian Institute of Technology (IIT) Roorkee nach Leipzig, um ihre Promotion in der Meteorologie zu verfolgen. Vallejo-Bernal wiederum reiste von Leipzig nach Indien, um am IIT Madras und dem IIT Hyderabad zu forschen. Gemeinsam verkörpern sie, wie sich zwei Wissenschaftskulturen ergänzen.

Die Inderin Sujata Kulkarni verbrachte seit dem 4. Oktober 2024 im Rahmen ihrer Promotion ein Jahr am Institut für Meteorologie. „Ich bewarb mich für das DAAD-Fellowship im Rahmen eines Sandwich-Programms meiner Promotion. In meinem zweiten Promotionsjahr hatte ich das Glück, einen ausgezeichnet passenden Host hier an der Uni Leipzig zu finden: Prof. Marlene Kretschmer, deren Expertise genau zu meinen Forschungsinteressen passt — Klimakausalität und Attribution“, so Kulkarni. Ihr Forschungsziel sei es zu verstehen, wie sich der indische Sommermonsun verändere. Dabei prüfe sie die Hypothese, dass die Erwärmung der Arktis Einfluss auf den Monsun hat. Gerade in ihrer Heimat Indien entscheidet der Monsun, der als Schlüsselfaktor im globalen Klimasystem gilt, jedes Jahr über Ernten, Ernährungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität. 

Von Forschungsfreiheit und praktischer Anwendung

Während ihrer Zeit an der Universität Leipzig fand sie die Freiheit, ihre eigenen Fragestellungen voranzubringen und Ansätze zu verfolgen, die in Indien schwieriger durchzusetzen wären. Diese Forschungsfreiheit sei für sie entscheidend – nicht zuletzt, weil sie in ihre Arbeit Methoden einbeziehen konnte, die sie in Indien später weiterentwickeln möchte. „In Indien gibt es traditionell mehr formale Strukturen und Regeln, die manchmal die freie Forschung etwas einschränken können. Andererseits haben indische Institute starke Laborinfrastruktur und einen starken Praxisbezug, besonders in Ingenieurwissenschaften. Dort zielt vieles auf Produktentwicklung und Anwendung — das ist sehr wertvoll“, erklärt sie.

Wie wertvoll dieser Praxisbezug für die eigene Forschung ist, merkte auch Sara M. Vallejo-Bernal während ihrer Zeit in Indien. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit atmosphärischen Flüssen und Extremniederschlägen, die in engem Zusammenhang mit dem indischen Sommermonsun stehen. „Schon während meiner Promotion habe ich dazu mit Kolleginnen und Kollegen in Indien publiziert, insbesondere zur Intertropischen Konvergenzzone, die den Monsun antreibt. So ergaben sich enge Anknüpfungspunkte zu Forschenden an den IITs“, berichtet die Kolumbianerin. 

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eine Frau hält einen Vortrag über das Klimasystem der Erde. Auf der Präsentationsfolie ist eine Grafik mit den fünf Sphären der Erde sehen.
Sara M. Vallejo-Bernal während eines Vortrags im Department of Climate Change am IIT Hyderabad. Foto: Antonio Fabela Regis

Im Frühjahr 2025 verbrachte sie deshalb einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt am Indian Institute of Technology (IIT) Madras und dem IIT Hyderabad – zwei weltweit renommierten indischen Hochschulen: „Ich war hauptsächlich am Campus des IIT Madras in Chennai, einer Küstenstadt im Südosten Indiens, die auch Standort eines „Sächsischen Verbindungsbüros für die Wissenschaft“ ist. Der Aufenthalt diente der Fortsetzung unserer Forschung zur Intertropischen Konvergenzzone. Außerdem besuchte ich das IIT Hyderabad für eine Woche, hielt Vorträge und diskutierte die laufenden Projekte mit den dortigen Forschungsgruppen. Wir haben Einrichtungen besichtigt und uns die Labore zeigen lassen, die sehr beeindruckend waren“, so Vallejo-Bernal. Ihr zufolge ist die indische Forschung oft sehr stark in der theoretischen Basis verankert, gleichzeitig aber sehr erfolgreich darin, Ergebnisse in Anwendungen zu überführen. „Dieser Theorie-Praxis-Bezug war etwa in Vorhersagesysteme oder Technologien, die beispielsweise direkt indischen Landwirtinnen und Landwirten zugutekommen, stark wahrzunehmen. Diese Verbindung von fundierter Wissenschaft und Anwendungsorientierung ist sehr wertvoll“, erklärt die Wissenschaftlerin weiter. 

Ausbau der Partnerschaften zu Indiens IITs

Die individuellen Erfahrungen der beiden Forscherinnen spiegeln, was die Universität Leipzig auch institutionell verfolgt: den wissenschaftlichen Austausch mit Indien nachhaltig zu vertiefen. In den vergangenen Jahren hat die Universität ihre Kontakte zu indischen Forschungseinrichtungen systematisch ausgebaut – insbesondere zu den exzellenten Indian Institutes of Technology (IITs), die zu den führenden Hochschulen des Landes zählen.

Ein sichtbares Zeichen dafür war der Besuch einer Delegation des IIT Roorkee an der Universität Leipzig im November 2024. Vertreterinnen und Vertreter beider Hochschulen, darunter auch Kulkarni und Vallejo-Bernal, tauschten sich dabei über mögliche Kooperationsfelder in Klimaforschung, Nachhaltigkeit und Ingenieurwissenschaften aus. Wenige Monate später reiste Rektorin Prof. Dr. Eva Inés Obergfell im Zuge einer Delegationsreise des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Indien und informierte sich in Hyderabad, Madras und Neu-Delhi über die Forschungslandschaft Indiens, um Potenziale für gemeinsame Projekte auszuloten.

All diese Initiativen eint ein gemeinsames Ziel: Forschung und Lehre über Kontinente hinweg zu verbinden – auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Gewinn. Sujata Kulkarni und Sara M. Vallejo-Bernal zeigen, wie gelebte internationale Zusammenarbeit aussieht: als Brücke zwischen unterschiedlichen Forschungskulturen, Perspektiven und Kontinenten. 

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