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„Bad news are good news“ heißt es in mancher Redaktion, denn Berichte über Konflikte, Krisen, Kriege, Krankheiten verkaufen sich gut, sorgen für gute Quoten beim Publikum. Konstruktiver Journalismus möchte einen Kontrapunkt setzen. Geschichten des Gelingens, Vorbildhaftes, Nachahmenswertes stehen dabei im Mittelpunkt. Studierende des Masterstudiengangs Journalismus widmen sich in einem Seminar des Moduls „Innovationsprojekt“ genau dieser Art des Journalismus und liefern für insgesamt neun Ausgaben der Wochenzeitung „wochentaz“ je eine Seite „zukunftsrezepte“ zu. Wie genau diese Art des Journalismus funktioniert und wie die Studierenden ihre Themen angehen, darüber spricht Studentin Luise Reinke im Interview mit dem Unimagazin.

Worum geht es in der taz-Serie „zukunftsrezepte“?

Jede Folge der „zukunftsrezepte“ stellt eine kleinere oder größere Möglichkeit vor, an der Lösung eines gesellschaftlichen Problems mitzuwirken. Um es selbst umsetzen zu können, wird es wie ein Rezept erklärt – mit Zutaten, Schwierigkeitsgrad und Anleitung. So sollen komplexe Probleme greifbarer werden und die Selbstwirksamkeit der Leser:innen gestärkt werden. Der Grundgedanke ist: Viele Lösungen existieren bereits, sie müssen nur sichtbar gemacht und verständlich weitergegeben werden. Die Grundlage ist eine sorgfältige Recherche, aus der eine praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung entsteht.

Wie sind Sie auf das Konzept „zukunftsrezepte“ gekommen?

Der Projektpartner war das Ressort „zukunft“ der wochentaz. Es steht für konstruktiven und transformativen Journalismus – deshalb war schnell klar, dass wir uns mit gesellschaftlichem Wandel beschäftigen wollen. Zum Einstieg gab uns die Redaktion sogenannte „Challenges“ mit, beispielsweise „Wie geht taziger Servicejournalismus?“ oder „Wie können wir Zukunft wärmer erzählen?“. Diese Fragen basierten auch auf Bedürfnissen, die Leser:innen in Umfragen der taz geäußert hatten. Im Seminar haben wir diese Impulse in eigene Ideen übersetzt und konkrete Projektentwürfe entwickelt.

Was versteht man denn unter „Konstruktivem Journalismus“?

Negative Schlagzeilen beherrschen unsere Nachrichten. Die norwegischen Friedensforscher:innen Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge haben bereits 1965 beschrieben, dass Negativität ein wichtiges Kriterium ist, nach dem Medien auswählen, ob ein Thema berichtenswert ist oder nicht. Konstruktiver Journalismus geht einen anderen Weg: Er zeigt nicht nur Probleme, sondern auch Lösungen und positive Beispiele. So sollen Menschen ermutigt werden, selbst aktiv zu werden. Dabei geht es nicht um naive Wunschvorstellungen, sondern um fundierte, lösungsorientierte Berichterstattung.

Inwiefern unterscheidet sich das Projekt von einer klassischen Ratgeberrubrik?

Bei den klassischen Ratgebern denke ich an Fragen wie: „Wie kann ich mich gesünder ernähren?“ oder „Was muss ich bei der Geldanlage beachten?“ Die sind sehr auf das individuelle Leben fokussiert und oft auch auf Lifestyle- oder Kaufentscheidungen. Die „zukunftsrezepte“ sind politischer: Sie zeigen Schritt für Schritt, wie man sich ganz konkret gesellschaftlich engagieren kann. 

Auf wie viele Folgen von Ihrer Seminargruppe dürfen wir uns denn freuen, und zu welchen Möglichkeiten der Weltverbesserung?

Geplant sind neun wöchentliche Folgen. Die Erste wurde bereits vergangenen Samstag veröffentlicht. Dabei ging es um die Idee, die diskriminierenden Bezahlkarten, die für Geflüchtete in vielen Bundesländern ausgegeben werden, solidarisch gegen Bargeld zu tauschen. Darauf folgt eine Anleitung für eine organisierte Baum-Gieß-Aktion im eigenen Viertel. Alle Themen jetzt schon zu verraten, fände ich aber langweilig. Bleiben Sie gespannt!

Die insgesamt neun Teile der Serie „zukunftsrezepte“ der Studierenden des Studiengangs Journalismus erscheinen seit 28. Juni 2025 jeden Samstag in der Wochenzeitung wochentaz.

Am Projekt beteiligt waren die Studierenden Thomas Degkwitz, Clara Dünkler, Jonas Enke, Mareike Hoeck, Luise Reinke, Sophia Rockenmaier, Mona Rouhandeh, Vincent Tandler-Schneider und Tanika Trum.

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