Pressemitteilung 2020/149 vom

Die Epitaphien im Leipziger Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli gehören zu den diesjährigen Gewinnern des Europäischen Kulturerbepreises/Europa-Nostra-Preises. Das haben die Europäische Kommission und der Denkmalschutz-Verbund Europa Nostra heute in Brüssel bekanntgegeben. Der Preis gilt als eine der höchsten Auszeichnungen für das Kulturerbe und würdigt herausragende Beispiele für dessen Pflege. Die Epitaphien werden in der Kategorie Erhaltung ausgezeichnet. Die Grabmomumente waren 1968 kurz vor der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli gerettet worden. Unter der Regie der Kustodie der Universität Leipzig wurden 27 Epitaphien von 2002 bis 2017 aufwändig restauriert. Sie sind seit der Paulinum-Eröffnung im Altarbereich zu sehen.

„Wir freuen uns natürlich sehr über diese Auszeichnung, wir nehmen sie dankbar an und sind von Stolz erfüllt“, sagt Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen, Leiter der Kustodie und Kustos der Kunstsammlung der Universität Leipzig. Rektorin Prof. Dr. Beate Schücking ergänzt: „Ich gratuliere Herrn Hiller und seinem Team sowie den vielen weiteren Mitstreitern inner- und außerhalb der Universität. Das Epitaphprojekt ist ein wunderbares Aushängeschild unserer Universität und ein verdienter Träger des Europäischen Kulturerbepreises/Europa-Nostra-Preises.“

Das Projekt war der Arbeitsschwerpunkt der Kustodie zwischen 2002 und 2017. Die aufwändige Restaurierung der Epitaphien wurde durch Spenden in einer Gesamthöhe von rund 800.000 Euro ermöglicht. „Es ist ein weltweit einmaliges Ensemble akademischer Grabkunst wiedererstanden“, sagt  Rudolf Hiller von Gaertringen. „Das Projekt ragt in einem europäischen Zusammenhang auch insofern heraus, als dieses Ensemble die Ausrichtung sowohl Leipzigs als auch seiner Universität als Zentren des internationalen Handels und des Kulturaustausches seit dem Mittelalter reflektiert.“

Vom Dominikanerorden im Jahre 1240 errichtet, wurde die Kirche mit ihrem spätgotischen Wandelaltar 1543 der Universität Leipzig übereignet. Zwischen 1543 und 1780 schuf man zahlreiche Grabmonumente für die akademische Elite und präsentierte sie in der Kirche. Im Kontext der III. Hochschulreform der DDR des Jahres 1968 wurden in Leipzig die historischen Universitätsgebäude abgerissen, um einen modernen sozialistischen Campus zu errichten. Die Sprengung der Universitätskirche erfolgte am 30. Mai 1968. Vor der Zerstörung der Kirche konnten – neben anderen Kunstwerken – 45 Epitaphien aus Stein, Holz oder Metall herausgeholt und in improvisierten Depots über die Zeit gerettet werden.

Die Restaurierung ausgewählter Epitaphien wurde umgesetzt von der Hochschule für Bildende Künste Dresden, der Technischen Universität Potsdam, zahlreichen freiberuflichen Restaurierungsateliers mit den Spezialisierungen Stein, Metall, Gemälde und farbig gefasste Skulptur sowie den Restauratorinnen der Kustodie der Universität Leipzig. Die aus Edelstahl gefertigten Unterkonstruktionen konzipierte der Ingenieur Thomas Bolze, die Ergänzungen fehlender, aber erforderlicher Epitaphelemente schuf der Künstler Thomas Leu aus Halle/Saale. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz aktivierte zur Unterstützung des Projektes sowohl ihr örtliches als auch ihr deutschlandweites Netzwerk privater und öffentlicher Spender.

Die Jury des Europäischen Kulturerbepreises/Europa-Nostra-Preises stellte fest, „dass die äußerst qualitätvolle Restaurierung dieser mehrere Jahrhunderte umspannenden, wertvollen Kunstausstattung auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen und Dokumentation die Krönung langjähriger Bemühungen um die Erhaltung des Kunstschatzes der Universitätskirche Leipzig darstellt, mit dem Ergebnis einer erfolgreichen Wiederanbringung und öffentlichen Präsentation am ursprünglichen Standort der Universitätskirche. Erreicht wurde dabei nicht nur die Restaurierung der Kunstwerke im engeren Sinn, sondern auch ihre Wiedergewinnung für die Gesellschaft, wobei die neue Präsentationslösung und Wiederzusammenfügung der Kunstwerke ihre ursprüngliche Anbringungsweise berücksichtigt.“

Der Wettbewerb geht noch weiter: Denkmalliebhaber und Förderer des Kulturerbes aus Europa und der ganzen Welt können nun online für ihre Preisträger abstimmen und entscheiden, welcher Antrag den diesjährigen Publikumspreis gewinnen wird. In Zeiten der Enge und der räumlichen Distanz hoffen die Europäische Kommission und Europa Nostra, besonders viele Menschen dazu zu bewegen, die diesjährigen preisgekrönten Leistungen zu würdigen und drei Publikumslieblinge zu benennen.  Der Publikumspreis wird nach dem Sommer bekannt gegeben. Bei dieser Gelegenheit werden auch die Gewinner des Großen Preises veröffentlicht, die Anspruch auf einen Geldpreis in Höhe von jeweils 10.000 Euro haben.

 

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