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Am 22. Oktober 2025 feiert die Universität Leipzig das 100-jährige Jubiläum ihrer ersten Sportprofessur – der ersten in Deutschland. Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Leipzig zu einer Metropole des Turnens und der systematischen Leibesertüchtigung – also Jahrzehnte, bevor Hermann Altrock 1925 als Außerordentlicher Professor für die „Theorie und Pädagogik der Leibesübungen“ an den Start ging. An die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) war damals noch gar nicht zu denken.

„Leipzig war schon im ausgehenden 19. Jahrhundert Zentrum der bürgerlichen Turnbewegung und dann auch der Arbeiterturnbewegung“, sagt Dr. Petra Tzschoppe von der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Auch Universitätsprofessoren turnten kräftig mit. Leipzig sei auch Vorreiter gewesen, was den Zugang für Mädchen und Frauen zu Turnvereinen betraf, berichtet die Sporthistorikerin und Sportsoziologin. Die Messestadt hatte 1914 mehr Turnvereinsangehörige als die viel größeren Städte Berlin oder Hamburg. „Und die Turn- und Feuerwehrgerätefabrik Oswald Faber exportierte Turngeräte aus Leipzig Lindenau bis in die USA“, so Tzschoppe. Auch andere Sportarten fanden relativ früh über die Leipziger Messe ihren Weg nach Deutschland, insbesondere aus England. Sportvereine für Radsport, Fußball, Hockey oder Reiten entstanden. „Infolgedessen wuchs der Bedarf an qualifizierter Anleitung und Organisation des Turn- und Sportbetriebs“, so Tzschoppe.

Von Akademischen Turnabenden zum Institut

Eine bedeutende Persönlichkeit für die Etablierung der Sportwissenschaft in Leipzig war Hermann Kuhr. Er gründete den „Akademischen Turnabend“ – ein Angebot für Studenten, das außerhalb des Curriculums stattfand, erst im Verein, dann an der Uni. Ab 1908 war er offiziell als Universitätsturnlehrer tätig. „Er kämpfte lange für eine eigene Universitätsturnhalle und verfasste Leitsätze für die ‚künftige Ausbildung des Turnwesens an deutschen Universitäten und Hochschulen‘“, berichtet die Sporthistorikerin. Sein Akademischer Turnabend wurde ab dem WS 1920/21 offiziell zum „Gymnastischen Institut“.  

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Gebäudeaufnahme in schwarzweiß
Hauptgebäude des Instituts für Leibesübungen der Universität Leipzig in der Fichtestraße, vor der Enteignung 1933 Bundesschule des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB), um 1940. Quelle: Stadtgeschichtliches Museum…

Erste Professur für Theorie und Pädagogik für Leibeserziehung

„Doch dann starb Kuhr unerwartet 1925“, so Tzschoppe. „Die Studierenden setzten sich wie auch der Senat dafür ein, sein Aufbauwerk weiterzuführen“, sagt sie. Mit Erfolg: „Die Universitätsleitung schaffte eine außerplanmäßige Professur für die Theorie und Pädagogik der Leibesübungen“. Es war die erste sportwissenschaftliche Professur in Deutschland. Im Oktober 1925 wurde Hermann Altrock berufen, ein Dozent der nicht-staatlichen Berliner Hochschule für Leibesübungen. „Unter seiner Leitung erlangte das Institut mit seiner gleichermaßen wissenschaftlich fundierten wie praxisorientierten Ausrichtung internationale Geltung, Altrock wurde zum führenden Sportwissenschaftler in Deutschland“, so Tzschoppe. Freilich sei sein Wirken ambivalent gewesen: „So trat er 1933 schnurstracks in die NSDAP ein und bekannte sich wie zahlreiche Professoren zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.“ 

Vor 75 Jahren: Gründung der Deutschen Hochschule für Körperkultur

In der DDR wurde die am 22. Oktober 1950 gegründete Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) zur zentralen Lehr- und Forschungsstätte für den Sport. Bis zu ihrer Abwicklung 1990 wurden hier mehr als 18.000 Fachkräfte für unterschiedliche Tätigkeitsfelder im Sport ausgebildet, sowohl für die Schulen als auch für die Sportorganisationen der DDR. „Die Bedeutung der DHfK für den erfolgreichen DDR-Leistungssport scheint weitgehend bekannt, ebenso wie die Internationalen Trainerkurse. Weniger im Bewusstsein ist, dass es Forschung und Ausbildung für den Breitensport gab“, sagt Dr. Petra Tzschoppe, die im Jubiläumsjahr in den Ruhestand wechselt. Sie plädiert für eine differenzierte Betrachtung der DHfK, „bei der kritische Reflektion, aber auch Würdigung der erbrachten Leistungen einher gehen“.
Nach der 1990 erfolgten Abwicklung der Hochschule kehrte die Sportwissenschaft mit der Gründung einer Fakultät 1993 an die Universität zurück. Der Name DHfK blieb mit dem gleichnamigen 1954 gegründeten Sportclub erhalten, bis 1990 dominant im Spitzensport, heute mit mehr als 6.000 Mitgliedern jeden Alters vom Leistungs- über Breiten- bis zum Rehasport.

Lesen Sie zu diesem Thema auch den Artikel über die Jubiläumsveranstaltung am 22. Oktober 2025 “100 Jahre Sportwissenschaft: Sachsens Innenminister würdigt Jubiläum”.

Kommentare

  • Brigitte Wiebelitzt,

    Mit Beginn meines Studiums an der Alma Mater Lipsiensis interessierte mich das Pflichtfach Sport und so trat ich in die HSG der Uni Leipzig ein und spielte von 1959 - 1962 und dann weiter bis 1970 in der Frauenmannschaft Handball - davon 8 Jahre im Tor. !965 wurden wir Bezirksmeister ; unser Trainer war der Sportlehrer Hanno Hoppadietz ; wir lehnten aber die Aufstiegsspiele ab, da alle im Beruf an den verschiedensten Stellen gefordert waren und noch mehr Training wäre zeitlich nicht zu schaffen gewesen. Über die Jahre hinweg hielten alle damaligen Spielerinnen Kontakt, trafen sich, erzählten über ihren beruflichen Aufstieg und hatten immer viel Spass zusammen. Heute bin ich die Letzte der damaligen Frauenmannschaft , die sich 1x im Monat mit den Männern der früheren HSG-Mannschaft im Bayerischen Bahnhof trifft und die mit einer Dauerkarte der DHfK-Mannschaft die Treue hält.

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