Pressemitteilung 2022/009 vom

In einer Ende Dezember 2021 in der renommierten Fachzeitschrift Journalism veröffentlichten Studie untersuchten zwei Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig die geschlechterabhängige Glaubwürdigkeit des Journalismus im deutschsprachigen Raum. Juniorprofessor Dr. Mario Haim vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität und Kim Maurus, Studentin des Master-Studiengangs Journalismus, haben sich in ihrer Studie Fragen zu Geschlechterrollen und Stereotype in der journalistischen Arbeit gewidmet. Sie analysierten, ob es für Leser:innen einen Unterschied macht, ob ein journalistischer Artikel über ein stereotyp männliches Thema wie Männerfußball oder ein stereotyp weibliches Thema wie Frauenfilme von einer Frau oder einem Mann verfasst wurde.

Bisherige Studien zu Geschlechterrollen und Stereotype legten nahe, dass die Glaubwürdigkeit mitunter stark davon beeinflusst wird, wer Inhalte kommuniziert. Einige Befunde vermuten gar einen „Backlash-Effekt“, wonach die Glaubwürdigkeit von Frauen stärker sinkt, wenn sie über stereotyp männliche Themen schreiben, als wenn Männer über stereotyp weibliche Themen schreiben. Hinzu kommt, dass auch Kommentare von Nutzer:innen einen mitunter starken Einfluss auf die Glaubwürdigkeit von journalistischer Berichterstattung und kommunizierenden Journalist:innen haben.

Vor diesem Hintergrund untersuchten Mario Haim und Kim Maurus, wie sehr die Glaubwürdigkeit von Journalist:innen davon abhängt, über welches Thema sie schreiben, ob sie weiblich oder männlich sind und ob neutrale oder sexistische Kommentare von Nutzer:innen unter einem Artikel erscheinen. „Die kombinatorische Untersuchung des Effekts von Geschlecht, stereotypem Thema und sexistischen Nutzerkommentaren auf die Glaubwürdigkeit von Journalist:innen ist das zentrale Interesse des Beitrags“, erklärt Kim Maurus den Ansatz ihrer Arbeit.

Im Juni 2020 wurden Einladungen an 2000 potentielle Diskussionsteilnehmer:innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz verschickt. Daraus wurden 417 Proband:innen aus dem deutschsprachigen Raum für ein Online-Experiment gewonnen. Insgesamt waren 219 Teilnehmer:innen weiblich (53 Prozent) und 195 männlich. Das Durchschnittsalter der Proband:innen betrug circa 47 Jahre. Die Online-Befragung wurde Ende Juni und Anfang Juli 2020 durchgeführt.

Die Ergebnisse deuten indes keinen solchen „Backlash-Effekt“ an. Sie zeigen vielmehr, dass sich die Glaubwürdigkeit von männlichen und weiblichen Journalist:innen nicht wesentlich voneinander unterscheidet. Leichte Unterschiede zwischen stereotypen und nicht-stereotypen Themen sind bei beiden Geschlechtern gleichermaßen zu beobachten.

Deutlicher zeigte sich allerdings, dass sexistische Kommentare unter dem jeweiligen Artikel die Glaubwürdigkeit von Beitrag und Autor:in beeinflussten: Interessant ist dabei, dass sexistische Kommentare die Glaubwürdigkeit leicht steigerten. „Ein Grund dafür könnte sein, dass Menschen sich stärker mit Inhalten auseinandersetzen, wenn diese von Sexismus begleitet sind“, betont Mario Haim.

Hervorgegangen ist die Studie aus der Abschlussarbeit von Kim Maurus. Die Publikation ist unter dem Originaltitel „Stereotypes and sexism? Effects of gender, topic, and user comments on journalists' credibility“ erschienen.

Originalbeitrag in Journalism:
„Stereotypes and sexism? Effects of gender, topic, and user comments on journalists' credibility“, DOI: 10.1177/14648849211063994

 

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