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Er ist fasziniert von Goethes Begeisterung über die Universität Leipzig – und er befasst sich intensiv mit Alternativmethoden zu Tierversuchen. Die Rede ist von Prof. Dr. Marlon R. Schneider, der zum 1. Oktober dieses Jahres ans Veterinär-Physiologische Institut der Veterinärmedizinischen Fakultät berufen wurde. In einer brasilianischen Kleinstadt geboren, hat er schon an mehreren Orten der Welt studiert, geforscht und gelehrt. An der Universität Leipzig möchte Schneider unter anderem zu organähnlichen Mikrostrukturen und zur Talgdrüse der Haut forschen sowie seinen Studierenden die neuesten Methoden und Fortschritte in der Biomedizin näherbringen. Was er sich sonst noch für seinen neuen Lebensabschnitt vorgenommen hat, verrät er im Universitätsmagazin.

Was haben Sie studiert – und wo?

Tiermedizin an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul in Porto Alegre, Brasilien.

Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?

Ein DAAD-Stipendium hat mir ein Promotionsstudium an der LMU München ermöglicht. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Columbia Universität in New York ging es zurück nach München, wo ich an der LMU einer klassischen Laufbahn im akademischen Mittelbau nachgegangen bin: Weiterbildung zum Fachtierarzt, Habilitation, außerplanmäßige Professur. Während der letzten fünf Jahre vor der Berufung an die Universität Leipzig war ich Fachgruppenleiter am Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin und habe mich intensiv mit dem Thema Alternativmethoden zum Tierversuch beschäftigt. Neben eigener Forschung stand die Beratung von Behörden und Politik sowie die Forschungsförderung zur Entwicklung von Alternativmethoden zum Tierversuch im Fokus – eine prägende Erfahrung.

Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet und was sind Ihre Schwerpunkte?

Schon der wohl berühmteste Alumnus der Universität Leipzig hat festgestellt: Was ist doch ein Lebendiges für ein köstlich herrliches Ding (Goethe). Vermutlich aus dieser Faszination heraus konnte ich mich nie auf eine enge Disziplin oder Forschungsgebiet beschränken. Hinzu kommt, dass ich mich seit meinem Promotionsprojekt mit Wachstumsfaktoren beschäftige (insulinähnliche Wachstumsfaktoren, epidermale Wachstumsfaktoren), und diese entfalten ihre Wirkungen nun in vielen Geweben und Organen.

Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?

Ich möchte neue Methoden wie Organoide, also organähnliche Mikrostrukturen, sowie mikrofluidische Kultursysteme weiterentwickeln und für verschiedene Fragestellungen wie infektiöse und metabolische Erkrankungen, anwenden. Auch ein Steckenpferd von mir soll wieder stärker in den Fokus rücken: die Talgdrüse der Haut. Bislang weit weniger beachtet als der „große Bruder“ (das Haarfollikel), ist diese Hautanhangsdrüse ein ausgezeichnetes Modell, um hoch relevante Vorgängen wie Fettstoffwechsel und Stammzellbiologie zu untersuchen.

Würden Sie bitte kurz einige Schwerpunkte nennen, die Sie in der Lehre setzen wollen?

In der Physiologie werden angehende Tierärztinnen und Tierärzte mit besonders viel Lehrstoff konfrontiert, auch aufgrund der vielen physiologischen Besonderheiten der Haus- und Nutztiere. Ein Verständnis für physiologische Vorgänge ist auch die Basis, um die Entstehung von Krankheiten sowie deren Behandlung zu verstehen! Ein wichtiger Aspekt neben der Vermittlung von Wissen ist daher, Lernkompetenzen wie selbstständiges Lernen anzubahnen. Auch unsere praktischen Übungen sind ein wichtiges Instrument. Besonders am Herzen liegt mir, die neuesten Methoden und Fortschritte in der Biomedizin im Lehrstoff einzubeziehen, um bei den Studierenden das Interesse für die Forschung zu wecken.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: „Die Universität Leipzig ist für mich…“

… das ideale akademische Umfeld, um wissenschaftliche Projekte und lebendige Lehre zu verwirklichen.

Welche Entdeckung, Erfindung oder Erkenntnis wünschen Sie sich in den nächsten zehn Jahren?

Dass es uns gelingt, gerade im Hinblick auf die jetzige Zuspitzung der Covid-19-Pandemie, möglichst bald den Weg zurück in die Normalität zu finden. Unsere Studierende machen sich große Sorgen um ihre Ausbildung, und in der Tat können bestimmte Kenntnisse und praktische Fertigkeiten nicht ausschließlich über Online-Formate vermittelt werden. Damit verbunden ist meine Hoffnung bezüglich Impfungen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse noch mehr Resonanz und Akzeptanz in der Gesellschaft finden. Auch wenn Wissenschaft von Menschen gemacht wird und somit fehlbar ist, ist sie das Fundament unserer hochkomplexen Gesellschaft und unseres Wohlstands.

Welche Hobbys haben Sie?

Ich reise gerne, Griechenland und Italien sind meine Lieblingsziele. Ebenfalls bringt es mir Spaß, meine Familie zu bekochen und neue Rezepte auszuprobieren. Am Wochenende spiele ich auch häufig Tischtennis oder Fußball mit den Kindern.

Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto, das Ihnen auch über schwierige Phasen hilft?

Schwierige Phasen und Probleme gehören zum Leben. Es kommt aber nur ganz selten so schlimm, wie wir es in dem Moment vielleicht fürchten.

Verraten Sie uns bitte noch, wann und wo Sie geboren sind?

1971 in Teutônia, eine - wie der Name schon verrät - durch deutsche Auswanderer im 19. Jahrhundert gegründete Kleinstadt in Südbrasilien.

Vielen Dank.

 

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