Wie nutzen Sie Künstliche Intelligenz in Ihrer Forschung – und in welchem fachlichen Kontext?
Wir setzen Künstliche Intelligenz außerhalb der Chemie in verschiedenen Bereichen ein – von der Analyse biomechanischer Bewegungen bis hin zur Erforschung von Duft- und Geschmacksstoffen in Kooperation mit der Firma Bell Flavors & Fragrances GmbH in Leipzig. Letzteres ist besonders anspruchsvoll, da es sich um subjektive Sinneswahrnehmungen handelt. Nicht jeder Mensch empfindet Gerüche und Geschmäcker gleich, zum Beispiel Koriander, was die Entwicklung verlässlicher Modelle zu einer spannenden Herausforderung macht. Ziel ist es, individuelle Wahrnehmungen mithilfe von KI besser zu verstehen und zu modellieren.
Was ermöglicht der Einsatz von KI in Ihrem Projekt, das zuvor nicht oder nur schwer möglich war?
KI eröffnet neue Wege bei der Analyse und Optimierung. So automatisieren wir beispielsweise die Identifikation komplexer chemischer Mischungen, was früher nur durch Expert:innen manuell möglich war. Ein weiterer Vorteil: Rezepturen lassen sich gezielt anpassen – etwa wenn Zutaten aufgrund gesetzlicher Vorgaben ersetzt werden müssen, ohne den Geschmack oder Geruch wesentlich zu verändern. Die KI schlägt auf Basis vorhandener Daten neue Formulierungen vor, die dann im Labor getestet werden können.
Welche Herausforderungen oder ethischen Fragen begegnen Ihnen beim Einsatz von KI in der Forschung?
Ein zentrales ethisches Thema ist der Umgang mit Subjektivität: Düfte und Geschmäcker sind stark durch persönliche Erfahrungen geprägt. Wenn ein Geruch etwa positive Kindheitserinnerungen weckt, bei anderen aber negative Gefühle auslöst, kann KI dies kaum nachvollziehen. Die Herausforderung besteht darin, solche emotionalen, kulturellen und individuellen Unterschiede angemessen abzubilden, ohne die Vielfalt menschlicher Wahrnehmung zu vereinfachen oder zu verzerren. Hier ist ein sensibler, reflektierter Einsatz von KI gefragt, der Menschen nicht ersetzen, sondern unterstützen soll.
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