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Die Arbeitsgruppe „Intangibles“ ist Teil des interdisziplinären Forschungszusammenhangs „LeipzigLab“. Wir vertiefen rechtsphilosophische Fragen und Schwierigkeiten, indem wir uns im Spannungsfeld von Philosophie, Rechtswissenschaften und Theologie bewegen. Uns interessieren dabei Probleme und Fragestellungen, die sich aus dem Begriff des Eigentums ergeben. Zudem steht derzeit ein Projekt im Fokus, das ergründen will, wieso Recht notwendig geschichtlich ist – warum wandelt und transformiert sich das Recht im Laufe der Geschichte und wie geht es selbst mit seiner Geschichtlichkeit um? Die Schnittstelle dieser zwei Interessensbereiche liegt in der Idee der Selbstbestimmung. Denn das Eigentum einer Person und die Geschichtlichkeit des Rechts sind zentral, wenn man verstehen will, wie die Idee der Selbstbestimmung vom und im Recht geschützt und verwirklicht wird.

Workshop „Rechte des Körpers“

Um die genannten Fragen und Begriffe an einem konkreten Sachverhalt zu untersuchen, führte die Leipzig Lab-AG „Intangibles“ im vergangenen März einen Workshop zum Thema „Rechte des Körpers“ durch. Alles drehte sich darum, was das Recht unter „Körper einer Person“ versteht. Wie tritt der Körper im Recht auf oder wie tritt das Recht im Körper auf? Insbesondere interessierte uns, inwiefern der Körper der fundamentale Ort der Selbstbestimmung einer Person ist. Für Kant etwa ist der Körper der ursprüngliche und erste Ort, in dem sich Freiheit realisiert. Dies ist jedoch nur denkbar, wenn sich dieser Körper zu Körpern anderer Personen verhält und als etwas verstanden wird, was mein ist und nicht Dein. Wie also versteht das Recht dieses Verhältnis von Dir und mir, so dass wir darin frei sind, uns selbst zu bestimmen? Welche Rolle spielen unsere Körper in diesem Verhältnis? Und: Kann der Körper dabei als Eigentum verstanden werden oder gehorcht er einer fundamental anderen Logik?

 

Theologie, Rechtswissenschaften und Philosophie – verschiedene Zugriffe auf den menschlichen Körper

Die interdisziplinäre Herangehensweise an das umrissene Thema erfahren wir als äußerst produktiv und bereichernd. Denn entweder eine Disziplin erdet die andere, verhilft ihr also zu mehr Konkretheit; oder sie reflektieren wechselseitig kritisch ihre Grundbegriffe und konfrontieren sich mit der Frage, ob das so überhaupt Sinn ergibt, wie sie je ein spezifisches Phänomen konzipieren. Etwa bei der Frage, ob geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid nun rechtmäßig sei oder nicht? Wie tritt hier die Idee der Selbstbestimmung im Verhältnis zweier Personen auf; darf A dem B helfen, sich selbst zu töten? Oder gibt es hier eine ethisch-sittliche Schranke, die auch vom Recht berücksichtigt werden muss?

Oder wie könnte man beantworten, was die in den ersten zwei Artikeln des Grundgesetzes verwendeten Begriffe „Würde des Menschen“ und „Freiheit der Person“ bedeuten, wenn nicht durch einen Dialog von Philosophie, Rechtswissenschaften und Theologie? Denn diese zwei für unser Zusammenleben absolut zentralen Konzepte gehören für jede dieser Wissenschaften zu ihrem Kern, ohne den sie gehaltlos wären. Und gerade hier ist es höchst spannend, durch das Wechselspiel der Disziplinen zu sehen, dass jede Wissenschaft ihre blinden Flecken oder ihre unreflektierten Voraussetzungen mitbringt. Genau diese intransparenten Punkte zu entdecken und zu befragen, macht die interdisziplinäre Zusammenarbeit so interessant, herausfordernd und lehrreich.

Am Beispiel des menschlichen Körpers lässt sich etwa fragen: Wie manifestiert sich die Würde des Menschen und die Freiheit der Person in einem lebendigen Körper? Hier bewegen sich die genannten drei Wissenschaften aus verschiedenen Richtungen auf ein und denselben Fluchtpunkt zu. Die eine kommt aus der konkreten Fülle der rechtlichen Wirklichkeit, die andere vollzieht die rein logische Arbeit am Begriff und die dritte fragt vor dem Hintergrund einer unergründlichen Quelle von allem, was für den menschlichen Körper von Bedeutung ist.

Michael Frey

Kommentare

  • Kommentar von MST, 17.08.2021, 22:42 Uhr
    Ich würde die Frage nicht außer Acht lassen, was mit der Leiche und dem Eigentum passiert, wenn man außerhalb des Territoriums seiner Staatsangehörigkeit verstirbt. Der lebendige Körper ist nur eine Seite der Medaille.

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